Wer Obergrenzen will, muß auch „Wasserwerfer“ und „Stacheldraht“ sagen.

Es ist erstaunlich, wie geduldig eine breitere Öffentlichkeit dieser Regierung jede inhaltsleere Worthülse abnimmt, als handle es sich dabei um ernsthafte Politik.

Wie etwa jüngst die Ankündigung der regierenden Gurkentruppe, eine Obergrenze für den Zuzug von Migranten beschließen zu wollen. Solange uns das Kanzleramt und das Innenministerium nämlich verschweigen, wie sie das eigentlich in der Praxis durchsetzen wollen, bleibt diese Ankündigung ungefähr so relevant wie ein Bundesgesetz, das eine Obergrenze für die Anzahl der Regentage im August festlegt. Auch der neue Verteidigungsminister hat sich ja am Sonntag in der “Pressestunde“ geweigert zu erläutern, wie Migranten künftig am illegalen Grenzübertritt gehindert werden sollen. Das Ganze ist bis dato nichts anderes als ein mäßig begabter Versuch, die mittlerweile ziemlich aufgebrachten Wähler ruhigzustellen, weil man ja irgendwie doch nicht so gut Valium ins Trinkwasser mischen kann, um diesen Effekt zu erzielen.

Denn wirklich durchgesetzt werden kann eine Obergrenze in letzter Konsequenz nur mit Gewalt, äusserstenfalls gar mit Waffengewalt. Die linksliberale „Zeit“ notierte dazu jüngst: „Wer Obergrenze sagt, der meint eine Militarisierung der Grenzen, und der muss auch Stacheldraht, Wasserwerfer und Tränengas sagen. Können 50.000, 100.000 oder noch mehr Menschen, die hundert Meter vor der Grenze stehen oder in Pufferlagern ausharren, davon abgehalten werden, weiterzuziehen? Zigtausend Polizisten halten in Wien mit Ach und Krach eine Großdemonstration in Schach, für eine Nacht. Doch an den Grenzen ist der Aufruhr nicht am nächsten Morgen vorbei. Wie sollen verzweifelte Flüchtlinge, die nur noch wenig zu verlieren haben, anders als durch Gewalt aufgehalten werden?“

Für die „Zeit“-Autoren ist das ein um jeden Preis zu vermeidendes Szenario, aber inhaltlich stimmt das natürlich. Mit Polizisten, die sich als Schülerlotsen tarnen wird nämlich ein Stürmen der Grenze durch Zuwanderer wie im letzten Herbst geschehen künftig eher nicht hintanzuhalten sein. Deshalb ist das in Deutschland ja auch ganz klar gesetzlich geregelt: im "Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) § 11 Schußwaffengebrauch im Grenzdienst. Im Wortlaut:

(1) Die (…) Vollzugsbeamten können im Grenzdienst Schußwaffen auch gegen Personen gebrauchen, die sich der wiederholten Weisung, zu halten oder die Überprüfung ihrer Person oder der etwa mitgeführten Beförderungsmittel und Gegenstände zu dulden, durch die Flucht zu entziehen versuchen. Ist anzunehmen, daß die mündliche Weisung nicht verstanden wird, so kann sie durch einen Warnschuß ersetzt werden."

Ob die notwendige Militarisierung und robuste Befestigung der Grenzen an der österreichischen oder an der EU-Aussengrenze vorgenommen wird, ist da nur sekundär - schreckliche Bilder würde es da wie dort geben. Aber die Alternative dazu ist, dass Schengen endgültig als gescheitert erklärt wird und ganz Europa wieder dauerhaft von Grenzen durchzogen wird, eine eher mäßig attraktive Vorstellung.

Sollte Österreichs Bundesregierung endlich aussprechen, dass „Obergrenze“ auch Wasserwerfer, Tränengas und Stacheldraht bedeutet, wird man ihr glauben können. Bis dahin wird man ihre Ankündigung als propagandistisches Beruhigungsmittel verstehen müssen. Zumindest davon versteht sie ja etwas.

shutterstock/idiz

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