Diagnose? psychisch krank! - wie sich immer mehr herauskristallisierte, dass Borderlinerin bin.

Diagnose? "Psychisch krank!"

Was heißt psychisch krank? Bin ich jetzt gestört? Was reden die von Therapien? - ich hab ja keine Schmerzen. Ich bin doch kein Psycho. Ich will hier raus, die sagen alle nur Blödsinn. Ich bin doch ein normales Mädchen. Was habe ich falsch gemacht? Wird Mama wütend auf mich sein? Wieso müssen wir da jetzt soviel Geld investieren? Wär es nicht einfach besser gewesen, meinen Mund zu halten? Die Seele kann doch nicht weh tun? Wieso soll ich jetzt solche komischen Tabletten nehmen, da werd ich doch total high davon?

- das waren meine ersten Gedanken, als sie mir mit 15 gesagt haben, dass ich ein "Sonderling" bin.

Als ich das alles erfahren habe, wusste ich weder ein noch aus. Was heißt psychisch krank? Ich fühle mich doch gesund und es passt ja alles, ich weine halt nur manchmal.

"Wer davon nicht annährend betroffen ist, versteht das nicht. Kopfschmerzen..  Depressionen... Da heißt es "Gib dir mal ein bisschen Mühe", "Reiß dich zusammen", "Mach mal was"... ich weiß nicht, wie man mit solchen nutzlosen Ratschlägen umgehen soll.."

Als ich nach einem stationären Aufenthalt (Kinderstation, Psychosomatik) meinen Arztbrief gelesen habe und mit dem Oberarzt ein Abschlussgespräch hatte, ist mir die Spucke weggeblieben. Die Diagnose "Anpassungsstörung mit wiederkehrenden Depressionen".

Ich saß da und wusste nicht mehr, was ich sagen sollte, ich bin also ein Psycho und muss Therapie machen. Mir passte das gar nicht ins Konzept, was würde man in der Arbeit sagen und vor allem meine Freunde? Auf die Familie konnte ich nicht zählen, weil mein Vater ist mit der Einstellung "So etwas wie psychisch krank gibt es nicht" aufgewachsen.

Ich habe lange damit gekämpft und mich erst 3 Jahre danach wirklich mit mir selber auseinander gesetzt, davor lebte ich in der Vergangenheit und in meinen Depressionen. Ich hatte 1000e Klinikaufenthalte, die mir nichts gebracht haben, ich arbeitete einfach nicht mit. Ich hab innerlich geblockt.

Mir ist Mitte letzten Jahres ein Knopf aufgegangen als ich mal wieder in die Tagesklinik kam und ich mich wirklich mit mir selbst auseinander gesetzt habe. Ich hatte immer Jugenddiagnosen, die gestellt werden, wenn sie nicht genau wussten, was ich habe. Mittlerweile war ich aber erwachsen und ich bekam eine anständige Diagnose. Ich wurde ausgetestet und 7 Wochen lang beobachtet - wie ich mich gebe, wie ich mich benehme, wie meine Gemütszustände sind, wie ich mit den Mitmenschen u geh und welche Reaktionen ich auf gewisse Situationen habe.

Ich war also voll bewacht.

Ich bekam das aber nicht mit, ich hatte mich in die Gruppe eingelebt und neue Freundschaften geschlossen. Ich merkte es einfach nicht, dass ich beobachtet wurde.

Es kristallisierte sich immer mehr das Wort "Borderline" raus, ich wusste nicht wirklich, was das ist.

Ich weiß nur, dass ich als 13jähriges Mädchen so eine "coole" Diagnose wollte, aber wo es immer mehr feststand, hats mir die Sprache verschlagen.

Ich muss sagen, es war nach 2,5 Jahren die erste Therapie, wo ich richtig mitgearbeitert und mich auch mit mir selber auseinander gesetzt habe. Ich brach auch in der Tagesklinik mein Schweigen über den Missbrauch. Mir war klar, dass ich jetzt die Diagnose habe. Wir beantragten eine "Reha" in Deutschland - eine Speziallkilink für die Diagnose. Ich war dort weitere 8 Wochen und arbeitete brav mit.

Ich war weit weg von zuhause, ich konnte mal alles hinter mir lassen und mich nur mal auf mich selbst konzentrieren. Sicher hatte ich heimweh, aber es tat gut, abzuschalten und mir Zeit zu nehmen. Seitdem arbeite ich meine Vergangenheit auf, auch wenns bei mir gerade nicht so gut läuft, ich gebe nicht auf.

Ich habe heute einen Rückschlag bekommen, ich bekomme zum Schlafen Infusionen, hatte die Nacht geträumt, dass mich ein Massenmörder mit einer Axt köpft. Ich träume 2-4mal in der Woche solche Sachen - aber ich habe nicht aufgegeben. Im Gegenteil: ich härte gerade richtig ab. Ich seh nicht alles negativ wie manche hier denken und ich will auch kein Mitleid, ich will euch nur meine Geschichte erzählen.

Ich lasse mich von keinem unterkriegen und das ist wichtig. Ich bin stolz auf mich, was ich alles geschafft habe. Menschen die mich nicht kennen, sollen doch reden, was sie wollen, sie wissen rein gar nichts über mich. Ich liebe mich und mein Leben mittlerweile so sehr, dass ich denke, ich schaffe es.

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