Jahrelang zu behaupten, die österreichische Regierungsmannschaft bestehe aus lauter Idioten, führt auf einen gefährlichen Weg. Umso gefährlicher, wird der Eindruck von der Realität unterstützt. Das bestärkt tatsächliche Idioten in ihrer Anmaßung, sie könnten Österreich führen. Zivil- und Lebensversager, die für eine Gesellschaft kämpfen, in der sie nicht mithalten können und Werte verteidigen, die sie nicht teilen: Die Identitären stürmen an.

Es ist irritierend. Gescheiterte Existenzen, gemischt mit jenen, die eine große Zukunft längst hinter sich gebracht haben, sehen sich als Phalanx Europas. Jene, die mit griechischem Geschichtswissen höchstens mit ergoogelten Antworten im „Quizduell“ prahlen. Eine selbsternannte Prätorianergarde einer wertebasierten Leistungsgesellschaft, deren Leistungsniveau sie nicht halten können und deren Werte sie nicht teilen. Sie, die all die Anforderungen die das Leben an selbstbestimmte, selbstbewusste, kritisch denkende Mitteleuropäer stellt, so lächerlich unterschreiten, wollen uns ihre vermeintliche Führungsrolle aufoktroyieren. Sie sehen Österreich im nahenden Bürgerkrieg und sich selbst ans Anführer. Sie, die Schreier und Trommler, die in ihren dunklen 15m² Buden hocken und ihren Hass kultivieren. Sie, die glauben, im Chaos eine Leiter des eigenen Aufstiegs zu entdecken.

Wenn Identitäre eine Theaterstückaufführung im Audimax stürmen, ist dies für sich allein genommen eine Lächerlichkeit. Jene, die kein Theater von innen sehen, erstürmen kulturelle Vorführungen. Um sich und ihren Mitstürmenden zu beweisen, dass Kultur nur auf bekritzelten Leintüchern und Plakatständern verteidigt, aber niemals gelebt, besucht oder verstanden werden muss.

Es stimmt einen traurig, in die Gesichter dieser Identitären zu sehen. In deren Augen, die von einem Leben erzählen, das man seinen Feinden nicht wünscht. Ein Leben in Einsamkeit, Zurückweisung, Verletzungen. Ein Leben, in dem man öfter gescheitert ist, als man die Kraft hatte, aufzustehen und es erneut zu versuchen. In Augen, die nur Geborgenheit und Zuspruch in einer Gruppe finden, für deren Selbstverständnis es notwendig ist ihre eigene Identität durch einen Gruppennamen zu bestätigen. Sie erhalten eine Identität, weil sie bei den Identitären sind. Außerhalb der Gruppe verblasst die eigene Identität erneut.

Ja, es sind krude Zeiten. Die Kasperl, sie kommen angestürmt. Mit ernsten Mienen, schroffem Schritt und kunstblutbefleckten, beschmierten Leintüchern.

Zum Lachen ist es noch nicht.

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julbing

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fischundfleisch

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