Was vom Tage übrigbleibt: Der seltsame Fall der Petra Hinz

Stellen Sie sich vor, es gibt eine Berufspolitikerin, die seit 11 Jahren im deutschen Bundestag sitzt. Ihr offizieller Lebenslauf weist Abitur sowie Jura-Studium mit Staatsexamen und anschließende Tätigkeit bei führenden Konzernen auf. Ihr Wahlkreis, ihre Bundestagsfraktion haben augenscheinlich nie genauer nachgefragt nach ihrem Karriereweg, haben die gelieferten Erklärungen so wie es aussieht als gegeben akzeptiert und auch nie formelle Nachweise verlangt – genauso wie scheinbar auch der Bundestag selbst die gelieferten Angaben einfach ungeprüft als wahr nahm.

11 Jahre hat diese Frau also auf Basis unrichtiger Angaben ihr politisches Amt ausgeübt, wurde bestellt, wiedergewählt, verrichtete die Tagesarbeit einer Mandatarin und arbeitete durchaus ambitioniert auch für die Menschen aus der Region aus der sie stammte.

Das einzig auffällige an ihrer Tätigkeit war in all den Jahren vor allem der überdurchschnittlich hohe Wechsel in ihrem persönlichen Mitarbeiterstab - Hinz galt als schwierig, aufbrausend, mit Hang zum Kontrollzwang - augenscheinlich auch ihrem erfundenen Lebenskonstrukt geschuldet. Doch obwohl diese Schwäche im Umgang mit Mitarbeitern in ihrer Fraktion bekannt war, saß sie bis zuletzt auf einem scheinbar sicherem Mandat - ihr Bezirk hatte sie auch für den anstehenden Parteitag wieder als einzige Kandidatin nominiert.

Bis dann erste Gerüchte gestreut wurden, und Medienvertreter Informationen über den falschen Lebenslauf gesteckt bekamen. Man kann nur mutmaßen, ob die Absender dieser Informationen in den Reihen der eigenen Landespartei zu suchen sind, oder doch bei den ehemaligen Mitarbeitern zu finden wären. Fakt ist, dass der Druck schlussendlich zu groß wurde für Hinz und sie ihr Mandat zurücklegte. Der unbeteiligte Beobachter bleibt verblüfft zurück - wie kann es sein, daß ein Mandatar des deutschen Bundestages einen gefakten Lebenslauf vorlegt, und dieser augenscheinlich weder von der eigenen Partei, noch vom Bundestag selbst überprüft und validiert wird?

Oder hat man in der Landespartei von Hinz sehr wohl schon länger gewusst, daß ihre Geschichte ein Lügenkonstrukt ist, aber aus Parteiräson stillgehalten? Welche Antwort man auch immer auf diese Fragen gibt, es macht die Sache nicht besser und man bleibt fassungslos vor diesem Beweis der Unzulänglichkeit des politischen Systems zurück.

Foto-AG Gymnasium Melle https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hinz,_Petra-1887.jpg

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