Du hast natürlich recht, es ist lange her. Wenn ich jetzt versuche mich zu entsinnen, so ist es, als würde ein ganzes Leben zwischen dem Damals, in dem Du mir Du warst, und dem Heute, da Du aus dem Du herausgetreten warst und mich als leere Du-Hülle zurückließt, liegen. Und ist dem nicht wirklich so? Denn in jenem Damals war ich eine andere als in dem Heute. Früheres und jetziges Leben – und dazwischen eine breite Demarkationslinie, die der Schmerz zog, und unauslöschlich besteht, so lange wie ich bestehe. Um Deine Frage zu beantworten, ja, Du hast mir damals sehr, sehr weh getan. Nein, um Gottes willen, das ist kein Vorwurf, keine Schuldzuweisung und auch kein Rekeln im Selbstmitleid, nur eine Antwort auf Deine Frage. Wenn Du keine Antwort willst, dann darfst Du die Frage nicht stellen.

Ich habe es wohl auch lange einfach nicht gemerkt, allzu lange, dass ich noch immer barfuß über die Wiese tanzte, als Du schon längst den Weg aus dem Wald suchtest, dass ich noch immer auf Bäume kletterte, hoch hinaus, als Du schon längst wieder festen Boden unter den Füßen hattest, dass ich mich mit dem Ringelspiel noch immer drehte, als Du schon längst ausgestiegen warst, dass ich die Musik noch immer hörte, als Du schon längst woanders zuhörtest, und dass ich meinen Blick noch immer zu den Sternen wandte, als Du ihn längst abgewandt hattest.

Trotzdem, trotz des Schmerzes und der Demarkationslinie, die er in mir zog, vermochte ich es, all die Momente, die ich mit Dir, als wir uns Du waren, glücklich war, in einen Sack zu packen und herüber zu retten. Langsam packte ich ihn jetzt aus, und besehe jedes Stück ganz genau, und ich merke, dass es noch immer gut tut, trotz des Schmerzes. Und vor allem merke ich, dass ich es wieder kann.

Ich kann wieder barfuß über die Wiese tanzen, als ob Du den Weg aus dem Wald nie gesucht hättest,

trotzdem.

Ich kann wieder auf Bäume klettern, hoch hinaus, als ob Du niemals den festen Boden unter den Füßen zurückgewinnen hättest wollen,

trotzdem.

Ich kann mich wieder mit dem Ringelspiel drehen, als ob Du nie ausgestiegen wärst,

trotzdem.

Ich kann die Musik wieder hören, als ob Du niemals woanders zugehört hättest,

trotzdem.

Ich kann meinen Blick wieder zu den Sternen wenden, als ob Du Dich niemals abgewendet hättest,

trotzdem.

Doch vor allem kann ich erkennen wie viel mehr ich geschenkt bekam, als ich verlor,

trotzdem.

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fischundfleisch

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Paradeisa

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Petra vom Frankenwald

Petra vom Frankenwald bewertete diesen Eintrag 05.04.2016 08:17:09

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