Um die von der Regierung vorgelegten Entwurf zur Novelle der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist eine Kontroverse ausgebrochen.

https://derstandard.at/2000089403743/Raetsel-um-Umweltnovelle-Wer-hat-den-Abaenderungsantrag-geschrieben

https://derstandard.at/2000089434085/UVP-NovelleEinschraenkung-von-NGOs-laut-Gutachten-rechtswidrig

Die Kritik der Umweltorganisationen richtet sich daran, dass nur mehr Organisationen mit mindestens 100 Mitgliedern Einspruchsrechte bekommen sollen, und dass die Mitgliedernamen öffentlich gemacht werden sollen.

Die Medienberichte verschweigen, ob die Öffentlichmachung nur die Behörden betrifft, die das Umweltverfahren durchführen, oder gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit.

Und der Tenor und die Kritik ist ein sehr formalistisch-juristischer: die Öffentlichmachung widerspreche den Datenschutzrichtlinien auf österreichischer oder europäischer Ebene.

Das ist isoliert betrachtet richtig, aber es läßt die Frage außer Acht, inwieweit österreichische oder europäische Datenschutzregeln überschiessend, kontraproduktiv und schädlich sein könnten.

Was auf jeden Fall kritisierbar erscheint, ist die Doppelmoral und die unterschiedlichen Standards.

Die Wirtschaftskammer soll z.B. Verfahren laut Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb auch ohne Offenlegung ihrer Mitglieder einleiten können, hingegen Umweltorganisationen sollen Verfahren gemäß UVP-Gesetz nur mehr bei Offenlegung der Mitglieder einleiten können ???? Das sieht sehr nach einseitigem und ungerechten Drall aus, zugunsten von Wirtschaftsinteressensvertretungen und zulasten von Umweltschutzorganisationen, aber bei einer schwarz-blauen Regierung und bei einer nun schon 32 Jahre lang ununterbrochenen ÖVP-Regierungsbeteiligung ist anderes vielleicht nicht zu erwarten.

Falls eine derartige Offenlegung der Mitglieder aus Sicht von Post-Privacy gerechtfertigt erscheint, so müsste sie für alle, bzw. alle unproblematischen Bereiche gelten und nicht nur für einen.

Auf jeden Fall sinnvoll ist irgendeine Art von Öffentlichmachung, weil ja sonst jede Organisation behaupten könnte, mehr als 100 Mitglieder zu haben, und somit Einspruchsrecht zu haben. Auch wenn diese Mitglieder Fake-Mitglieder sein könnten, oder Delegationsleichen, wie man das in der Piratenpartei nannte. Gerade in Zeiten des Internet mit seinen Fake-Accounts und Falsch-Namens-Registrierungen stellt sich die Frage der unechten Mitglieder sehr wohl. zahzlreiche Judikaturen auch des VfGH laufen auf die Beträchtlichkeit hinaus, z.B. auch mit der Vierprozenthürde bei der Nationalratswahl. Bei dieser Wahl ist es allerdings ein aufwändiges Verfahren, mit Wahlzeugen und Wahlbeisitzern, das gewährleistet, dass es auch wirklich Wahlberechtigte sind, und das multiple-voting (also mehrfaches Abstimmen) einer einzigen Person ausschliesst. Im Vereinsrecht fehlt eine derartige Maßnahme, um multiple-voting auszuschliessen, sodass eine Öffentlichmachung eine Möglichkeit sein kann, um zu überprüfen, ob einsprucheinlegende Vereinigungen, bzw. NGOs tatsächlich die 100-Mitglieder-Marke überschreiten.

Generell sollte man vielleicht auch die lange Zeit verschwiegene Frage stellen, inwieweit überschiessende europäische Datenschutzregeln den Brexit mitbefördert haben könnten, da Großbritannien auch aus Kriegsführungsgründen weniger Datenschutz und mehr Überwachung haben muss.

Siehe auch:

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/post-privacy-laptopdiebstahl-bei-obdachlosen-und-kriegsfuehrung-50726

Bei Demonstrationen gilt Vermummungsverbot, auch deswegen, um anonyme Gewalt bei politischen Demos zu verhindern und ein Umleiten von Gewaltpotenzialen auf normale Politische Tätigkeiten zu bewirken. Dieses Vermummungsverbot kann auch gesehen werden als ein Aspekt von Post-Privacy.

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