Der Kampf für die Freiheit ("offene Gesellschaft" - Popper) endet nie

„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, monumentales Hauptwerk Poppers in zwei Bänden.

Hat die Weltgeschichte einen Sinn?

Nein, sagt Popper. Die Weltgeschichte hat keinen Sinn. Poppers Pathos von 1945 gilt jedoch auch das Credo für heute: „Wir können die Geschichte interpretieren im Sinne unseres Kampfes für die offene Gesellschaft, für eine Herrschaft der Vernunft, für Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und für die Kontrolle des internationalen Verbrechens. Obwohl die Geschichte kein Ziel hat, können wir ihr dennoch diese unsere Ziele auferlegen. Und obwohl die Geschichte keinen Sinn hat, können wir ihr einen Sinn geben.“

Es war der 13. März 1938, der Tag von Adolf Hitlers Einmarsch in Österreich, als Popper, ein Wiener mit jüdischen Wurzeln, im neuseeländischen Exil beschloss, sein Buch über die Feinde der offenen Gesellschaft zu schreiben. Als der Krieg 1945 in Europa zu Ende ging,erschien sein Buch: „Ich hatte es geschrieben als meinen Beitrag zu den Kriegsanstrengungen". Seine Tendenz war: gegen Nazismus und Kommunismus; gegen Hitler und Stalin“, erzählt der Autor: „Ich verabscheute die Namen beider so sehr, dass ich sie in meinem Buch nicht erwähnen wollte.“

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Freiheit kann auch ungemütlich werden:

Dass Aufklärung und Zivilisation im Lauf der Zeiten Freiheit und Wohlstand für alle bringen und Barbarei überwinden würden, war eine im Nachhinein als gefährlich sich erweisende Illusion des liberalen Zeitalters. Dass das Böse nackt, brutal und banal, immer noch präsent ist, war 1945 jedermann offenbar geworden, der sehen konnte.

Bis heute hätten die Menschen das Trauma des Übergangs von der Stammes- oder „geschlossenen“ Gesellschaftsordnung (=Tribalismus), die magischen Kräften unterworfen ist, zur „offenen“ Gesellschaftsordnung, die die kritischen Fähigkeiten des Menschen freisetzt.

Freiheit kann Angst machen, kann Menschen überfordern und die Sehnsucht nach der Rückkehr in eine geschlossene Gesellschaft nähren, die alle ihre Kraft dazu verwendet und verschwendet, sich nach außen abzuriegeln.

Der Schock dieses Übergangs von der geschlossenen in die offene Gesellschaft, der den Menschen bis heute in den Knochen sitzt, ist, so Poppers Vermutung, der entscheidende Faktor, der immer wieder jene reaktionären Bewegungen ermöglicht, die auf den Sturz der Zivilisation und auf die Rückkehr der Stammesgebundenheit hingearbeitet haben und noch hinarbeiten.

Wer meint, das Böse sei ein für allemal überwunden, weil doch jeder Vernünftige einsehen müsse, dass und wie er von einer offenen Welt profitiere, in der er nach seinen Wünschen leben, frei sein und reich werden kann, und dass jedermann schon aus purem Egoismus diese Freiheitsrechte allen anderen ebenfalls zubilligen müsste, sieht sich getäuscht. Die Zivilisation hat ihren universalistischen Anspruch nie durchsetzen können. Die Aufklärung wird die Barbarei nicht los. Sie hängt an ihr wie ein Teufel; das ist ihre Dialektik. Der Kampf für die Freiheit, meint Popper, ist ein ewiger. Er endet nie.

Trauer und Schrecken über den Terror kennt viele Ausdrucksformen, schreiben und reden hilft und auch lesen. Wer kann angesichts dieses Grauens noch behaupten, die Geschichte habe einen Sinn. Lange nicht mehr seit 9/11 war Poppers These so unmittelbar einleuchtend wie wiederum in den letzten Tagen in Belgien (IS-Terror mit 34 Toten und 230 Verletzten.„Karl Popper hat keine Ethik geschrieben, aber er war ein Moralist“, meinte der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt.ER hat Popper zeitlebens gelesen, geschätzt, gar bewundert.

Nicht besser kommen bei Popper auch jene Utopisten von Plato bis Hegel und Marx weg, die zwar das barbarische Jammertal zur Kenntnis nehmen, aber darauf hoffen, dass wir dereinst einmal in einem irdischen Paradies leben werden.

Auch auf einen christlichen Gott will Popper die Verantwortung für einen Sinn der Geschichte nicht delegieren lassen. Denn das würde ja heißen, dass Gott auch die Verantwortung für all den Schrecken und die nicht ausrottbare Barbarei in der Geschichte zu tragen hätte. Was wäre das für ein Gott?

Dabei bleibt die Absicht dieser Theologisierung des Weltgeschehens nicht verborgen: Es geht darum, menschliche Verantwortung abzuschieben und auf andere, sei es auf „die“ Geschichte, einen hinter ihr stehenden Sinn oder einen noch weiter dahinter stehenden Gott. Die Verantwortung für die Geschichte fällt auf den Menschen zurück. Auf keinen anderen. Das ist der zentrale Satz: „Die einzige rationale Einstellung zur Geschichte der Freiheit besteht in dem Eingeständnis, dass wir es sind, die für sie die Verantwortung tragen, – in demselben Sinn, in dem wir für den Aufbau unseres Lebens verantwortlich sind; dass nur unser Gewissen unser Richter sein kann.“

Wenn es aber an uns und nur an uns liegt, was der Sinn unseres Lebens sein soll, dann hilft ein Wegducken vor der Barbarei nicht. Dann geht es darum, im Kampf für die "offene Gesellschaft" keinen Millimeter nachzugeben. Dass die Geschichte keinen Sinn hat, heißt nicht, dass wir die Barbarei mit Entsetzen akzeptieren müssen oder dass wir gezwungen sind, sie als grausamen Scherz hinzunehmen und zu resignieren.

Daraus folgt alles. Gar alles, wofür es sich zu kämpfe lohnt. Für die Demokratie. Nicht weil sie die Herrschaft der Mehrheit ist, sondern weil sie eine humane Regierungsform ist, wo man die Regierenden ohne Blutvergießen absetzen kann. Alle Völker, die sich nach dem Ende des Nationalsozialismus 1945 und des Kommunismus 1989 zu diesen fundamentalen Werten bekannt haben, durften diese Freiheitserfahrung machen.

Daraus folgt alles. Gar alles, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Auch und vor allem die Marktwirtschaft, der ohne eine offene Gesellschaft die Luft zum Atmen fehlte. Denn nur in einem Rechtsstaat, der den Menschen Freiheit lässt und ihnen zugleich Sicherheit gibt (wenn es sein muss mit Richtern, mit Polizei und mit Militär), von ihrer Freiheit auch Gebrauch zu machen, können sich freie Märkte entfalten und den Wohlstand mehren.

All das steht jetzt auf dem Spiel, wenn wir den Terror nicht bekämpfen, Grenzen ziehen. Der Kampf gegen den Terror muss mit allen Waffen und in aller Härte geführt werden. Er muss auch mit den Waffen des Arguments geführt werden, damit die offene Gesellschaft als Vorbild strahlen kann. Das ist nicht naiv. Daran hängt alles. Auch unser Wohlstand, der Ausfluss unserer Freiheitsentscheidungen ist.

Der prominente Schriftsteller und Philosoph Safranski: "Ich will den politischen Islam nicht bei uns haben"!!!

Der Islam hat auch schöne Dimensionen (Navid Kermani Erzählungen),jedoch die Realität ist der politische Islam mit seinem hässlichen, scheußlichen Gesicht als Feind von Demokratie und Menschenrechten und damit auch als Feind einer "offenen Gesellschaft" im Sinne Poppers!!

Wir brauchen ihn nur dann nicht zu fürchten, wenn wir ihm klare Grenzen setzen. Nicht der Islam, sondern der "politische Islam" (=Islamismus) gehört zu den Feinden einer offenen Gesellschaft. Wer das so wie Merkel nicht realisiert, den bestraft das Leben.

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https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/muss-eine-offene-gesellschaft-auch-offene-grenzen-haben-16080

https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/tribalisierte-versus-offene-gesellschaft-i-s-poppers-12146

https://www.fischundfleisch.com/ebgraz/sartre-und-camus-eine-freundschaft-ging-in-brueche-und-was-sagt-karl-popper-14070

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