Unsere Sehnsucht nach Authentizität - die "Dohle und der Pfau" (letzter Blog!)

Über die Sehnsucht nach Authentizität schrieb Oscar Wilde: “Natürlich zu sein, ist die schwierigste Pose, die man einnehmen muss.” Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch schrieb: "Jeder Mensch erfindet sich eine Geschichte, die er für sein Leben hält.”

Im Zeitalter sozialer Netzwerke ist dieser Akt der fiktionalen Selbstvergewisserung zur täglichen Routine geworden. Jede Statusmeldung wird zum autobiografischen Fragment. Das Smartphone, dieses modernste Instrument der Selbstoptimierung und Selbstbespiegelung, macht uns zu Zuschauern des eigenen Lebens: Wir werfen einen prüfenden Blick in den digitalen Handspiegel, und schon geht ein Selfie um die Welt.

Ob Twitter, Instagram, Whatsapp oder Facebook, trotz dieser täglichen Übung der Selbststilisierung und Selbstretusche, die längst nicht mehr nur für Celebrities oder Stars zur Routine gehört, bleibt eine Sehnsucht ungebrochen: Die Sehnsucht nach dem Echten, Unverfälschten, dem Authentischen.

In einer durch und durch mediatisierten Welt ist Authentizität das ultimative Gütesiegel, mit dem sich Politiker, Medienmacher, Personen des öffentlichen Lebens schmücken. “Man muss authentisch bleiben”.

“Seid ganz natürlich!”, wird im Fernsehen jungen Mädchen geraten, die in Zellophan eingewickelt, auf High Heels über den Laufsteg laufen müssen, und das alles vor einer strengen Jury.

“Bleib ganz bei dir”, ruft die strenge Model-Mutter und schaut dabei zum Fürchten angespannt aus. Warum lieben junge Menschen von heute Casting Shows dieser Art?

Wann hat das angefangen, dieses Sich-Zeigen und sich Bewerten lassen von anderen? Wie kommt es, dass so genanntes “Reality-TV” den Beginn einer neuen Fernsehära einleiten konnte?

“Man muss authentisch bleiben”, diese gebetsmühlenartig wiederholte Formel ist das Kondensat einer zeitgenössischen Alltagsmoral, die das Authentische mit dem Guten, Ehrlichen, dem Wahrhaftigen gleichsetzt.

Inszenierte Natürlichkeit hat Konjunktur: in Scripted-Reality-Formaten, im Talkshowstriptease des Privatfernsehens, auf You Tube und in den Coaching-Seminaren für Spitzenkräfte und Politiker, die vermitteln sollen, wie man “authentisch” rüberkommt.

Dass man sich in dem Moment, in dem man sich nach Authentizität sehnt, bereits mitten im Zustand der “Entfremdung” befindet, gehört freilich zu den Paradoxien der Authentizitätsdebatte, hat Oscar Wilde in einem berühmten Bonmot auf den Punkt brachte: “Natürlich zu sein, ist die schwierigste Pose, die man einnehmen muss.” Oscar Wilde meinte weiter: "Sei du selbst. Alle anderen sind bereits vergeben".

"Wir hätten mehr Gewinn, wenn wir uns so zeigten ,wie wir sind, als wenn wir versuchten zu scheinen, was wir nicht sind".(François de La Rochefoucauld)

Die arrogante Dohle und der Pfau:

Damit es einem nicht in den Sinn kommt, mit fremden Vorzügen zu prahlen, sondern lieber mit seinen eigenen Möglichkeiten sein Leben zu führen, hat der griechische Dichter Aesop uns das folgende Beispiel aufgeschrieben:

"Eine Dohle, die von grundloser Arroganz fast platzte, hob Federn, die einem Pfau ausgefallen waren, auf und schmückte sich damit. Dann, voller Verachtung für ihre Artgenossen, mischte sie sich unter die schön anzusehende Gruppe der Pfauen. Die rissen dem unverschämten Vogel die Federn aus und vertrieben ihn mit ihren Schnäbeln.

Übel zugerichtet machte sich die Dohle auf den Rückweg zu ihren eigenen Artgenossen: Von diesen wurde sie verscheucht und musste sich eine böse Bemerkung anhören: Da sagte eine von denen, auf die sie früher herabgeblickt hatte: „Wenn du mit unserer Lebensweise zufrieden gewesen wärest und hättest akzeptieren wollen, was die Natur dir einmal gegeben hatte, hättest du weder jene Schande erduldet noch würdest du in deinem Unglück unter dieser Ablehnung leiden.“

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Da die f+f - Plattform in letzter Zeit bei den Kommentaren eine unerträgliche, rechtspopulistische Schlagseite erhalten hat

(Beispiel: https://www.fischundfleisch.com/tobias-tobler/die-treibjagd-ist-eroeffnet-21405 )

mein letzter Kommentar:

"Intoleranz ist die Vorstufe zu Hass, Gewalt, Feindbildern und Diktatur. Wenn Community-Mitglieder zu Intoleranz aktiv aufrufen und dafür noch - wie man sieht - Zustimmung ernten, dann befinden nicht Sie sich sondern offensichtlich ich mich auf der falschen Plattform............ Da mir der rechtspopulistische Meinungstrend auf dieser Plattform in letzter Zeit immer schärfer ins Auge sticht, werde ich mich auf die Suche nach einer anderen Plattform begeben.....in "rechtspopulistischen Echokammern" bekomme ich ansonsten einen Gehörschaden, wo überwiegend rechtspopulistische Meinungen widergespiegelt werden, einige sehr direkt und einige im Schafspelz. Wo zu Intoleranz offen aufgerufen wird und sich damit Hassspiralen gegenüber einer offenen Gesellschaft aufbauen, das finde ich unerträglich und das halte ich für eine Schande!!!!

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 31.05.2016 14:32:30

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 31.05.2016 10:00:34

Petra vom Frankenwald

Petra vom Frankenwald bewertete diesen Eintrag 31.05.2016 08:27:49

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