"Es ist schwer, die übermütigen Rosse unseres Seelenwagens zu bändigen und sich weise ein Maß zu setzen"….

Die antike Philosophie (Konfuzius, Demokrit,) empfiehlt uns das “Maß der Mitte als höchste Weisheit"

Wer die Idee des grenzenlosen Wachstums so verinnerlicht hat, dass er kein Limit kennt, der hat auch kein Auge mehr für das rechte Maß, der ist maßlos.

Dies gilt nicht nur für die eigene Persönlichkeit, sondern auch das Wirtschaftswachstum, Zerstörung der Umwelt, Ausbeutung der Ressourcen und der dem ungezähmten Kapitalismus zugeschriebenen Profitgier, der Gier nach Gewinnmaximierung. Berauscht vom Erfolg überschreiten wir die Grenzen, wodurch das Glück zu kippen beginnt und regelmäßig in Unglück umschlägt.

Wenn man sich flüchtig mit dem chinesischen “Buch der Wandlungen” (”I Ging”), den “Analekten” von Konfuzius bzw. “Tao Te King” eines Lao Tse und der Weisheit der griechischen Philosophie beschäftigt hat, stoßt man immer wieder auf ein zentrales Thema richtiger Lebensführung:

“Das rechte Maß (right measure), modern ausgedrückt: Balancing, Rebalancing”

Nach der antiken Weisheitslehre wesentlich für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit durch Genetik und Sozialisation je nach Individuum unterschiedlich ausgeprägt sind zwei Dinge:

o seine Mitte zu finden (balancing, rebalancing)

o Selbsterkenntnis

Wir selbst legen unsere Lebensziele und Gewichtungen fest und erst wenn wir für uns selbst die Bedeutung erkannt haben, die unterschiedlichen seelischen Kräfte und Bedürfnissezueinander in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, können wir versuchen, mit der Umsetzung zu beginnen. Je angemessener wir unseren Bedürfnissen nachkommen, umso stärker und zufriedener wächst unsere Persönlichkeit, um “der zu werden, der wir sind”(griech. Dichter Pindar, Nietzsche).

Wir müssen unser eigener Wagenlenker werden, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. “Nicht im Übermaß” stand am Anfang chinesischen Weisheitsdenkens, den besten Ausgleich in unseren Zielen, Werten, Interessen, Bedürnissen und Handeln zu finden (”balancing, rebalancing”). Nur so ist eine gelungene Persönlichkeitsbildung möglich. Wir können ab und zu über die Strenge hauen, jedoch in unserer nachhaltigen Lebensführung sollten wir nichts übertreiben und sowohl “jedes Zuviel” als auch “jedes Zuwenig” vermeiden.

Demokrit:

“Denn Mangel und Überfluss pflegen umzuschlagen in Erschütterung unserer Seele. Man muss daher seinen Sinn auf das Erreichbare richten und sich an dem Vorhandenen genügen lassen und sich um die vielbeneideten und bewunderten Menschen wenig kümmern und sich mit ihnen in Gedanken nicht beschäftigen. Selbstüberheblichkeit (=Hybris) und Übermut in längeren Phasen äußeren Glücks berauscht vom Erfolg überschreiten das rechte Maß und führen zum Scheitern”.

Auch dem Glück ein Maß setzen, Selbstbeherrschung lernen

(Besonnenheit, Mäßigung, Selbstbeherrschung).

Sokrates:

“Um den Muskel der Selbstbeherrschung zu trainieren, sollte man sich angewöhnen, mit dem Essen bereits aufzuhören, bevor man noch ganz satt ist”.

Glücklich ist ein Mensch dann, wenn es ihm durch richtiges Handeln und Verhalten gelingt, sein eigenes Wesen voll zu entwickeln, vorhandene Begabungen, Bedürfnisse und alle unsere 5 Sinne wahrzunehmen und jede Einseitigkeit zu vermeiden.

Aristoteles:

Rät zur “goldenen Mitte”, verweist jedoch darauf, dass damit “kein arithmetisches Mittel” gemeint ist. Man muss deswegen auch nicht die 3x8 Stunden Regel (8 stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit und 8 Stunden Schlaf) einhalten. Die individuellen Bedürfnisse sind unterschiedlich und danach muss ich mein Maß ausrichten.

Hellenistische Weisheit:

“Du brauchst nur dein eigenes Wesen voll entwickeln, so wirst du glücklich sein” .

Nicht das arithmetische Mittel ist das “goldene Maß”, sondern für den einen ist das berufliche Fortkommen (Karriere) von größerer Bedeutung, für den anderen wiederum das Familienleben und die Kinder. Bei beiden darf es deswegen jedoch nicht soweit kommen, dass das jeweils andere völlig vernachlässigt wird (”Nichts zu sehr”-Prinzip, man soll auch nicht zu sehr in seiner Arbeit aufgehen).

C.G.Jung:

“Man darf nicht krampfhaft an der Person der Jugend festhalten.

Man darf aber auch nicht krampfhaft an alten Prinzipien festhalten, sondern ich muss mich in einer sich laufend verändernden Welt des Werdens und Vergehens selbst wandeln”

Die goldene Mitte kann bei jedem wo anders liegen und hängt auch vom Alter ab, weshalbC.G.Jung zur Überzeugung gelangte, man solle:

“Keine stehenden Gewässer bilden, beweglich bleiben, (Flow). Mit jeder Altersstufe werden wir neu in neue Lebensstadien hineingeboren. Ein junger Mensch, der nicht kämpft und siegt, hat das Beste seiner Jugend verpasst und ein alter Mensch, der nicht gelernt hat, auf das Geheimnis der von den Gipfeln in die Täler rauschenden Bäche zu lauschen, wird ebenso erstarren”.

Für C.G. Jung ist der Alterungsprozess ein Weg von der Extroversion zur Introversion. In der ersten Lebenshälfte ist man mit dem extrovertierten “ICH-Aufbau” beschäftigt und verdrängt alles, was einem dabei im Wege steht. Verdrängtes ist aber (auch nach S.Freud) nicht verschwunden, es schlummert im Unbewussten. Unsere neue Aufgabe im Alter heißt auch, dieses unbewusst Schlummernde in unser Leben zu integrieren und so von unserem “Ego” zu unserem “Selbst” zu finden. Nur so kann sich die Gesamtpersönlichkeit entfalten. Im Alter muss also statt Extroversion der Weg ins Innere (Introversion) führen. Dies bedeutet auch Reduktion auf das Wesentliche, Verzicht auf schweres Gepäck(Besitzstände) und zuviele Äußerlichkeiten (Habitus) oder Statussymbole abwerfen, sie sollten für einen gereiften Menschen an Bedeutung verlieren.

Hermann Hesse:

Neben C.G.Jung hat sich auch Hesse stark mit asiatischem Gedankengut und einer laufend von Wandlung und Veränderung geprägten Welt beschäftigt und diese Gedankengut in einem der tiefsinnigsten Gedichte der Literatur “STUFEN” zum Ausdruck gebracht hier in Ausschnitten:

“Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne, Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,er will uns Stuf um Stufe heben, weiten.Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden,des Lebens Ruf an uns wird niemals enden".

Der chinesische Philosoph

Xunxi:

Von den verschiedenen Kräfte in uns haben einige die Tendenz, sich zum Herren unserer Seele aufzuschwingen. Das macht die Waage des wägenden Verstandes ungenau. Sie wiegt scheinbares Glück, hinter dem sich jedoch Unheil verbirgt. Oft kann sich auch hinter scheinbarem Unheil, das man wittert, Glück verbergen.

Mit dem modernen Begriff des “Rebalancing” müssen wir durch Üben in “Selbsterkenntnis” unsere Waage immer wieder neu eichen.Nur so finden wir wieder zurück zum richtigen Maß und nachhaltigem, körperlichen und geistigen Wohlbefinden.

Beim Essen, Trinken, Sport, Schlaf, Bewegung, Ruhe, Anspannung, Stress, Entspannung, etc…für das alles gibt es ein “Zuwenig” und ein “Zuviel”. Wenn wir nachhaltig aus der Balance unserer goldenen Mitte gefallen sind, beginnen wir bereits heute und nicht erst morgen mit dem “Rebalancing”, um unser “Maß der Mitte” wiederzufinden. Wenn wir in die Gesichter von Menschen blicken, erkennen wir sofort, wer Fröhlichkeit, oder Missmut, schlechte Laune, Stress austrahlt.

Für die Griechen:

spielte auch der Körper eine große Rolle. Man sollte ihn in bestem Zustand halten, denn ein ungesunder Körper behindert auch gesundes Denken.

Das “richtige Maß” und der “richtige Zeitpunkt” sind aus Sicht der alten Griechen ganz wesentlich, ob jemand:

o zufrieden oder unzufrieden

o ausgeglichen oder innerlich unruhig wirkt

o erfolgreich agiert oder eher Misserfolg erleidet.

Wer seinem Charakter und seiner Persönlichkeit nicht “Dauer” gibt, der gerät über kurz oder lang in Schwierigkeiten. Der Weise vermeidet zumindets in der nachhaltigen Lebensweise jedes Zuviel und Zuwenig und hält in allem das richtige Maß. Maß der Mitte zu bewahren, das ist die höchste Weisheit” (Konfuzius, Demokrit)……

“Es ist schwer, die übermütigen Rosse unseres Seelenwagens zu bändigen und sich weise ein Maß zu setzen”.

Wer die Idee des grenzenlosen Wachstums so verinnerlicht hat, dass er kein Limit kennt, der hat auch kein Auge mehr für das rechte Maß, der ist maßlos. Dies gilt nicht nur für die eigene Persönlichkeit, sondern auch das Wirtschaftswachstum, Zerstörung der Umwelt, Ausbeutung der Ressourcen und der dem ungezähmten Kapitalismus zugeschriebenen Profitgier, der Gier nach Gewinnmaximierung. Berauscht vom Erfolg überschreiten wir die Grenzen, wodurch das Glück zu kippen beginnt und regelmäßig in Unglück umschlägt.

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woidviertla

woidviertla bewertete diesen Eintrag 09.05.2016 19:02:35

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