Wir müssen die EU wiederum auf ein erträgliches Maß zurückbauen, die EU-Eliten haben versagt.

Meine anfängliche Euphorie für eine EU als "Globalplayer" und als "Friedensprojekt" ist inzwischen einer Ernüchterung gewichen. Seit der Finanzkrise ist zuviel Missmanagement der EU-Oligarchen auf allen EU-Ebenen passiert, sodass mein Vertrauen in die EU-Eliten schwer angeschlagen ist, es scheint ein sonderbarer Club einer "class welfare" zu sein. Die oft realitätsferne Abgehobenheit des Brüsseler Verwaltungsapparates angeführt von Juncker ist deutlich zu erkennen, das EU-Volk nicht mehr bereit, diesem Treiben noch weiterhin zusehen zu wollen. Nicht einmal der Brexit hat bisher zum Nachdenken in Brüssel geführt.

Bertold Brecht: "Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein neues anderes Volk?"

Zuletzt wurde immer deutlicher, dass sich sowohl der EURO als Fehlgeburt herausstellte als auch der freie Personenverkehr. Und Merkels Flüchtlingspolitik hat in der EU wesentlich mehr Nachteile als Vorteile gebracht. Die EU ist politisch gespalten und will auch nicht am deutschen Wesen genesen. Ein kontrollierter Rückbau ist angesagt. Bis zum Vertrag von Maastricht 1992 hat die EG recht gut funktioniert und war als Wirtschaftsgemeinschaft auch akzeptiert.

Eine europäische Staatlichkeit hat sich nicht entwickelt, nationale Interessen gingen vor, daran wird sich auch künftig nichts ändern. Für mehr Integration ist der Zug - wie alleine die Flüchtlingspolitik gezeigt hat - längst abgefahren. Das BREXIT-Referendum hat diese Sichtweise nur noch verstärkt.

Nur mehr ein EU-Rückbau auf ein erträgliches Maß, mit dem die EU-Bürger und Nationalstaaten leben können, ist in meinen Augen noch vertretbar. Der Rückhalt der Völker und demokratische Rückkoppelung sind verlorengegangen, damit ist das EU-Projekt in der jetzigen Gestalt gescheitert und zu einer schönen Lebenslüge geworden.

Die EU-Bürokratie ist zu einem antidemokratisches Monstrum angewachsen, welches die schleichende Management-Kontrolle aller souveränen, demokratischen Nationalstaaten ohne Legitimation der 500 Mio Bürger anstrebt. Das ganze System hat die Freiheit und die Selbstbestimmung der Nationen in Europa unterwandert und die politischen Instanzen haben keinen Einfluss mehr auf die Erhaltung der kulturellen und sozialen Eigenständigkeit.

Trotz BREXIT nach einem kurzen Anfangsschock trägt die Themse noch immer Wasser durch London. Auch wenn BREXIT wirtschaftliche Folgen hat, ist von einem Kollaps Grossbritanniens noch lange nicht die Rede, auch wenn manche Medien überreagieren. Die Finanzmärkte sind recht ruhig, auch wenn sie anfangs etwas verschnupft reagiert haben. Doch bald kühlten sich die Gemüter wieder etwas ab.

Auch das politische Personal an der Downing Street ist ausgewechselt worden, eine längst überfällige Entscheidung. David Cameron resignierte und übergab an Theresa May, die aus taktischen Gründen auch die Brexiteers in ihr Kabinett einband. So funktioniert eben Demokratie in GB.

In Brüssel dagegen herrscht immer mehr Ratlosigkeit und Schockstarre. Auch wenn Berufseuropäer und Eurokraten die Abspaltung als Affront gegenüber den EU-Eliten empfinden, die auf das Stimmvieh eher mit Verachtung herabschauen - das Volk hat gesprochen und es war auch gut so.

Die Beziehung zwischen der EU und der direkten Demokratie und die Beziehung mit dem EU-Volk und souveränen Mitgliedsstaaten steckt in einer tiefen Krise, wo nur mehr ein Rückbau helfen kann.

Der Groll auf die EU-Eliten ist ja nicht nur ein britisches Phänomen ist, sondern in vielen EU-Mitgliedsstaaten befinden sich europakritische, populistische Parteien im Aufwind mit Blick auf Frankreich, die Niederlande oder Österreich.

Die Entfremdung zwischen der Brüsseler Elite und der Bevölkerung wächst, weshalb der Rückhalt für die «Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas», wie dies 1992 im Vertrag von Maastricht als Ziel vorgegeben wurde, verlorengegangen ist. Dieser Unmut ist auf eine abgehobenen und sich verselbständigenden EU-Kaste zurückzuführen.

Eine EU-Neuorientierung ist dringend von Nöten, andernfalls es zu einem völligen Auseinanderbrechen der EU kommt. Dabei gilt es sich zu fragen, was

a) die EU im Kern zusammenhält und somit erhaltenswert ist

und

b) was die EU entzweit und daher angepasst werden muss.

ad)a:

Als einigende Klammer der EU kann die Grundidee des Binnenmarktes betrachtet werden. Der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital hat Europa zunächst Wohlstand gebracht und die wirtschaftliche Verflechtung früherer Kriegsgegner trug auch dazu bei, dass der Kontinent von blutigen Konflikten weitgehend verschont blieb. Die Idee, dass Staaten wenig Interesse haben an Kriegen mit Nachbarn, von denen sie ökonomisch abhängig sind, gilt heute ebenso wie 1951 bei der Gründung der Kohle- und Stahlunion, der Saat der EU. Der Binnenmarkt ist das Herz und der Motor der EU. Die unzähligen Detailvorschriften müssten zugunsten der nationalstaatlicher Subsidiarität wieder zurückgebaut werden, jedoch die Mehrheit will trotzdem weiterhin am Markt teilnehmen.

ad)b:

Zu den Bruchlinien zählt die Migrationspolitik der von Merkel dominierten "Willkommenskultur".

Der EURO ist mit unüberwindbaren Konstruktionsfehlern behaftet und würde wenn überhaupt nur unter dem Dach einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung funktionieren (gemeinsame Wirtschafts-und Steuerpolitik). Wirtschaftlich und stabilitätspolitisch höchst heterogene Länder werden durch eine Währung aneinandergekettet, obwohl sie weiterhin eine autonome Wirtschaftspolitik betreiben und ihnen die Möglichkeit vorher gegeben war, wirtschaftliche Differentiale über den Wechselkurs auszugleichen. Das Heer von Arbeitslosen in Südeuropa beweist, wie wenig der EURO funktioniert.

Ralf Dahrendorf hat schon 1995 vorausgesagt, dass der EURO ein «abenteuerliches, waghalsiges und verfehltes Ziel sei, das Europa nicht eint, sondern spaltet».

Auch Regelbrüche bei der Einhaltung von Verschuldensstandards (Defizitsünder) haben dem Ansehen der EU als Rechtsgemeinschaft schwer geschadet.

Als weiterer Spaltpilz mit GB hat sich der uneingeschränkt freie Personenverkehr gezeigt. In der auf 28 Staaten angewachsenen EU steigt das Bedürfnis weiter Bevölkerungsteile, eine als unkontrolliert empfundene Migration zumindest teilweise wieder steuern zu können. Dass dies nicht möglich ist, wird als Ohnmacht empfunden, als Selbstaufgabe nationaler Selbstbestimmung, ein Kernelement staatlicher Souveränität, über das Einreise- und Aufenthaltsrecht zu bestimmen. Die EU beharrt aber alternativlos weiterhin auf eine Personenfreizügigkeit ohne Wenn und Aber, dass ist ein Fehler und stößt auf Abwehr der Bürger schon wegen der national sehr unterschiedlichen Sozialsystemen. "Man kann einen Sozialstaat haben und man kann freie Zuwanderung haben. Aber man kann nicht beides gleichzeitig haben", diese Meinung vertritt der liberale Ökonom Milton Friedman.

Auch blieb die europäische Staatlichkeit ein Wunschtraum und war nicht verwirklichbar.

Brüssel fährt seit Jahren einen gefährlichen Dogmatismus und verdrägt die Existenz autonomer Nationalstaaten völlig, ein schwerer Fehler. Auch 65 Jahre nach Gründung der Kohle- und Stahlunion fühlen sich EU-Bürger noch immer primär als Franzosen, Deutsche oder Italiener , nicht aber als Europäer. Die erhoffte Identitätsbildung blieb aus. Eine emotionale Bindung an Europa lässt sich nicht per Währung oder Dekret (Maastricht-Vertrag) oktroyieren und auch nicht über freien Personenverkehr.

Die nationalen Abwehrreflexe haben wieder zugenommen und sind gefälligts von den Eurokraten zu respektieren und auch wünschen sich die EU-Bürger wiederum mehr nationale Eigenverantwortung.

Das gilt auch bei der Zuwanderung.

Brüssel scheint für solche Reformen kein Gehör zu haben. Die uneingeschränkte Personenfreizügigkeit gilt als sakrosankt, selbst Debatten darüber sind tabu. Mit dieser Haltung gefährdet man das übergeordnete Ganze, den Binnenmarkt. Der Brexit, der bei mehr Entgegenkommen Brüssels in der Migrationsfrage kaum eine Mehrheit gefunden hätte, sollte ein Weckruf sein. Gefordert ist ein kontrollierter Rückbau, der die EU wieder in Einklang bringt mit der Realität souveräner Mitgliedstaaten.

Factio popularis Europaea – http://www.flickr.com/photos/eppofficial/12995014393/ https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ioannes_Claudius_Juncker_die_7_Martis_2014.jpg

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