Im Zentrum des Kultes von Coatlicue, der „Großen Mutter vor der Sonne“, steht die Überzeugung, dass das Wissen der Menschheit und die Ursprünge der Schöpfung weit über die Existenz unserer Sonne hinausreichen. Dieser Kult versteht sich als Hüter uralter Überlieferungen, die aus einer Zeit stammen, bevor die Sonne geboren wurde – einer Epoche, in der die kosmischen Prozesse, die unser Sonnensystem hervorbrachten, bereits in Gang waren.

Die zentrale Gottheit, Coatlicue („die mit dem Schlangenrock“), wird als Urmutter verehrt, die sowohl Leben spendet als auch zerstört. Sie symbolisiert die schöpferische und vernichtende Kraft des Universums. In der Mythologie gebar sie nicht nur die Sonne, sondern auch den Mond und die Sterne. Diese Triade spiegelt sich in der modernen Astronomie wider: Die Sonne entstand aus einer dichten Molekülwolke, die zuvor von einer Generation massereicher Sterne – den „Großmüttern“ – mit schweren Elementen angereichert wurde. Ein besonders massereicher Stern, Coatlicue genannt, verdichtete durch seine Strahlung und seinen Sternwind das Gas, aus dem schließlich unsere Sonne geboren wurde. Coatlicue ist somit die Mutter der Sonne, während die vorangegangene Sternengeneration als Großmutter verehrt wird.

Die Priesterschaft dieses Kultes sieht sich als Bewahrer dieses kosmischen Wissens. Rituale und Symbole – wie der Schlangenrock und das Halsband aus Herzen und Händen – erinnern an die Ambivalenz von Schöpfung und Zerstörung, Geburt und Tod. Die Gläubigen meditieren über die zyklische Natur des Universums, in dem alles, was existiert, aus dem Tod von Sternen hervorgeht und neues Leben ermöglicht.

Im Angesicht dieser kosmischen Dimensionen erscheinen die heutigen, von Menschen gemachten Probleme – politische Konflikte, soziale Spannungen, wirtschaftliche Krisen – als vergängliche und letztlich unbedeutende Episoden. Der Kult lehrt, dass das wahre Wissen und die tiefste Ehrfurcht aus dem Verständnis der großen Zyklen des Kosmos erwachsen: Wir alle sind Kinder und Enkelkinder uralter Sterne, und unser Platz im Universum ist Teil eines viel größeren, fortwährenden Prozesses.

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