Wie Krisen uns zu besseren Liebespartnern machen können

Ich kannte einmal einen Firmeninhaber, der ein Unternehmen mit 100 Leuten geführt hat. Wir haben darüber gesprochen, ob es Sinn macht, diese Gruppe zu coachen. Einige Zeit später ist er zu mir gekommen und hat gemeint, er hätte es anders gelöst: Er hätte einfach alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt und neue eingestellt.

Eine solche „Lösung“ erlebe ich in den Paartherapien leider immer häufiger: Man gibt beim ersten Problem auf. Das ist unendlich schade, denn so nimmt man sich selbst um etwas ganz Entscheidendes: Um das Erfolgserlebnis und das Selbstbewusstsein, dass man Lösungen schaffen kann. Außerdem nimmt man sich um die Möglichkeit, Liebe zu erleben. Damit meine ich nicht die erste Phase des Kennenlernens, das leichte Verliebtsein. Doch wenn man sich danach nichts mehr zu sagen hat, wird es fad. Da ist jeder angehalten, Beziehungsarbeit zu leisten und sich zu fragen: Wie bleibe ich attraktiv, für mich und den Partner?! Erst dann kann überhaupt Liebe entstehen. Die „passiert“ ja nicht dadurch, dass wir den Rest des Lebens händchenhalten zu Hause bleiben. Das wäre keine Liebe, sondern das ist Gewohnheit. Und das Bedürfnis danach, dass da jemand ist, das kennen wir alle. Viele Ehe funktionieren nur deshalb, weil man sich nicht vorstellen kann, alles allein zu bewältigen. Mit Liebe hat das aber nichts zu tun! Die entsteht, blüht und gedeiht vielmehr erst, wenn man gemeinsam Krisen bewältigen lernt.

Erst vor Kurzem hatte ich ein älteres Ehepaar in der Therapie. Sie hatten gemeinsam ein Haus gebaut, Jobs gehabt, Kinder erzogen und sich durchs Leben gekämpft. Im höheren Alter ging es dann nicht mehr um viel. Dennoch kamen sie mit einem Problem zu mir: Er wollte nach dem Abendessen eine Zigarre rauchen und sie ihre TV-Sendung sehen. Das waren die Themen, die sie bewegt haben. Und wissen Sie was? Die beiden haben eine Lösung gefunden und waren unglaublich stolz darauf, dass sie ihre erste große Lebenskrise (!) zusammen gemeistert haben – mit 70 Jahren. Klar kann ich bei der ersten Schwierigkeit aufgeben und gehen. Das bedeutet aber, dass ich von vorn anfangen muss und mir das Erfolgserlebnis nehme, in der Krise etwas zu verändern und durchzugehen. Darüber hinaus schweißen Krisen zusammen, das weiß man. Wenn man einiges miteinander gemeistert hat, dann kann man stolz drauf sein. Man zeigt es der Welt, sich selbst und anderen. Und ich kann dem anderen beweisen: Du kannst dich auf mich verlassen. Das alles nehmen wir uns.

Wenn wir verlassen, sind wir nicht verlässlich. Damit sind wir auch keine idealen Partner.

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chilis77

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Silvia Jelincic

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Bernhard Juranek

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Herbert Erregger

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fischundfleisch

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Nina

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