Reboot your Oberstübchen

Es gibt Tage, da ist die Seele wie ein zerkratzter Spiegel – sie zeigt noch Bilder, doch sie sind verzerrt, gebrochen, ohne Glanz. Dann können Kräuter die unscheinbaren Restauratoren sein, die Fugen kitten, die Schatten weicher machen und Licht in die Brüche gießen. Kein Knall, kein Donner, sondern ein allmähliches Erwachen, ein behutsames Reboot der inneren Landschaft.

Baldrian, der stille Wächter der Nacht, legt seinen Mantel über das Herz. Er streut Sand auf die Gedankenräder, damit sie nicht unablässig klappern in den Stunden vor dem Schlaf. Daneben rankt sich die Passionsblume, eine zarte, doch entschlossene Gefährtin, die die fiebernde Unruhe bändigt wie ein sanftes Seil um tobende Pferde.

Und dort, am Rande des Parks, steht Ginkgo – uralt, unerschütterlich. Seine fächernden Blätter sind wie kleine Sonnenkollektoren für das Bewusstsein, ziehen Nebel fort, bringen Klarheit, Erinnerung, Fokus. Ihm zur Seite tritt der Lavendel, violett und duftend, dessen sanfte Wolke selbst die verhärteten Stirnfalten glättet und das Gemüt wie in einen Sommernachmittag bettet.

Johanniskraut entzündet innerlich ein goldenes Licht, das durch dunkle Keller der Gedanken wandert. Kein gleißender Scheinwerfer, sondern ein Laternchen, warm und stetig, das die Schwermut zurückdrängt. Melisse schwingt leise daneben, ihre Blätter schmecken nach Beruhigung, sie kühlt das Herz und macht es wieder gleichmäßig schlagen.

Doch auch Rosmarin soll nicht vergessen werden – er ruft mit seinen ätherischen Nadeln zum Aufbruch: „Steh auf, werde wach, erinnere dich an deine Kraft.“ Er trägt den Morgen in die Glieder und macht lethargische Stunden federnder. Ebenso stark, auf andere Art, tritt Salbei hervor – nicht nur ein Heiler des Rachens, sondern auch ein Weiser der Klarheit. Ein Tee aus seinen Blättern trocknet das Übermaß an innerem Chaos und verwandelt es in nüchterne Sammlung.

Schließlich kommt Kamille mit ihrer freundlichen Milde. Sie ist die Mutter unter den Kräutern, die jede Wunde hält, jede Zerrüttung streichelt. In ihrer Wärme kann die Seele sitzen wie ein Kind in der Küche, das heimlich die Hand der Geborgenheit ergreift.

So entfaltet sich eine grüne Apotheke der Psyche: kein hartes Arzneibuch, sondern eine poetische Gesellschaft von Pflanzen, die uns lehren, dass Heilung manchmal im Einfachen liegt. Ein Tee, ein Tropfen, ein Duft – kleine Rituale, die wirken wie der sanfte Knopf am Herzen: Neustarten, neu beginnen, neu empfinden.

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