hagerhard

Die „Viererbande“

Stefan Löfven (Schweden), Mark Rutte (Niederlande), Mette Frederiksen (Dänemark) und Sebastian Kurz (Österreich)

Es geht um den EU-Wiederaufbaufonds den Merkel und Macron vorgestell haben. Die „geizigen Vier“ wie die Liberalen die Regierungschefs der sich selbst die „frugal four“ nennenden Staaten Niederlande, Dänmark, Schweden und Österreich nennen, wollen das verhindern.

Der Hilfsplan sieht vor, dass es der EU-Kommission erlauben ist, auf den Finanzmärkten Kredite im Namen der EU aufzunehmen, um einen Wiederaufbaufonds im Volumen von 500 Milliarden Euro zu füllen.

Das Geld soll dann als nicht rückzahlbare Zuschüsse an die am stärksten von der Coronakrise betroffenen EU-Länder wie Italien oder Spanien, aber auch betroffene Branchen sollen Zuschüsse bekommen können, fliessen.

Weltweit sind sich Wirtschaftsforscher einig, dass wir vor der grössten Wirtschaftskrise seit Menschengedenken stehen. Und sie sind sich einig, dass es aussergewöhnliche Massnahmen braucht.

Das ist dem Kurz nicht recht. Sagt er.

"Wir wollen solidarisch sein mit Staaten, die besonders hart von der Krise getroffen wurden, allerdings glauben wir, dass Kredite der richtige Weg sind, nicht Zuschüsse" sagt der Kanzler.

Dabei übersieht (?) er, dass derartige solidarische Zuschussfinanzierungen in der EU üblich zwar selten aber üblich sind. Sie reichen vom EU-Budget selbst bis zu Finanzierungen über die Europäische Investitionsbank, den Europäischen Stabilitätsmechanismus und die Europäische Zentralbank.

Wie insgesamt der Auftritt der „sparsamen“ Vier eher eine manipulative Farce als solidarischer Beistand ist.

Österreich hat seit Start des Euro noch in keinem Jahr die Maastricht-Kriterien eingehalten und unter Abzug der Zinszahlungen auf Altschulden erwirtschafteten etwa die Griechen, Portugiesen und Italiener 2019 höhere Überschüsse im Staatshaushalt als die, "frechen Vier".

Viel wesentlicher jedoch ist die Tatsache, dass diese Vier Jahr für Jahr enorme Handelsbilanzüberschüsse erzielen. Länder mit einem strukturellen Überschuss leben von der parasitären Idee, dass andere Länder dieser Welt mehr einkaufen als verkaufen. Logischerweise ergibt dieser Gewinn in den Handelsbilanzen dieser Länder. bei den anderen Ländern Defizite – also Schulden.

Dazu kommt speziell bei den Niederlanden eine Steuerpolitik, die globalen Konzernen Steuerumgehung ermöglicht und so anderen Staaten die Steuereinnahmen minimiert.

Diese „schuldenmachenden“ Länder dann für diese Defizite zu kritisieren und Hilfe in der Not zu verweigern ist das, was man auf wienerisch eine Chuzpe nennt.

Der ehemalige Chef der Vorbereitungsgruppe der Euro-Gruppe, der Österreicher Thomas Wieser, kritisierte Kanzler Sebastian Kurz und die Regierungsspitzen der drei anderen Nettozahlerländer, die sich gegen direkte Hilfen aussprechen und nur rückzuzahlende Kredite vergeben wollen. Im Ö1-Morgenjournal-Interview sagte Wieser, Österreich profitiere besonders vom Binnenmarkt, und betonte, eine harte Haltung würde politisch langfristigen Schaden anrichten.

Österreich ist jetzt seit 25 Jahren Mitglied der EU und hat davon mehr profitiert als viele Andere. Die Exporte in die 27 anderen EU-Mitgliedstaaten haben sich von 33 Mrd. Euro im Jahr 1995 auf 105 Mrd. Euro im Jahr 2018 mehr als verdreifacht. Der Bestand ausländischer Direktinvestitionen ist in diesen 25 Jahren auf das Elffache gestiegen. Und ohne den schützenden Schirm der EU für osteuropäische Staaten und insbesondere der Währungsunion hätte Österreich die Wirtschaftskrise 2008/2009 nicht so gut überstanden.

Unser wirtschaftlicher Wohlstand beruht also zu einem Grossteil auf der solidarischen Teilnahme an der EU.

Es gibt aber schon erste Anzeichen, dass diese Show nur veranstaltet wurde um innenpolitische Inszenierungen zu bedienen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) rudert am am Mittwoch bereits zurück: Österreichs sei immer kompromissbereit gewesen, aber man habe auch immer gesagt, dass Hilfen nicht ausschließlich aus Zuschüssen kommen könnten, sagte er beim Ministerrat in Wien. Auch andere Fronten bröckeln. So habe Dänemark am Dienstag erklärt, konstruktiv an einer Lösung arbeiten zu wollen.

Eine Show für die nationale Wählerschaft, die aber letztendlich das politische Klima und die europäische Solidarität nachhaltig vergiftet.

Interessant wird aber nun, wie Kurz den vorliegenden Plan der EU doch noch in einen PR-Sieg für sich selbst verwandeln wird.

Aus den 500 Milliarden sind 750 geworden und grosse Teile als nichtrückzahlbare Zuschüsse an Italien und Spanien vorgesehen.

Österreich wird aus diesem Fonds 4 Milliarden erhalten.

Wahrscheinlich wird der das als „die österreichische Lösung“ und grossartigen Erfolg seiner Verhandlung und Kompetenz verkaufen.

Diese "Mein Land zuerst"-Politik ist nicht nur extrem widerlich, sondern auch kontraproduktiv und schädlich für den Zusammenhalt innerhalb unserer Gesellschaft und das gemeinsame Wohlergehen aller Menschen.

Sebastian Kurz ist aber alles recht, was ihm wieder ein Prozent in der Wählergunst bringt. Dafür würde er auch die EU platzen lassen.

Sein Horizont reicht maximal bis zum eigenen – noch so kleinen – Schrebergartenzaun.

Eine Eigenschaft, die er mit vielen seiner Wähler*innen teilt.

Und weil das so ist, ist er auch erfolgreich.

My Schrebergarten ist my Castle!

Und ganz Österreich ist ein Schrebergarten.

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