hagerhard

„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten„

Wie oft haben wir das gehört und hören das noch immer, wenn es um Überwachung geht?

Diesbezüglich möchte ich gar nicht auf die vielen Entschlagungen der diversen Auskunftspersonen im Ibiza-Untersuchungsausschuss eingehen. Aber auch da wird ja wohl gelten, wer nichts zu verbergen hat … könnt ja auch was sagen.

Fakt ist:

ÖVP drängt auf Whatsapp-Überwachung ohne öffentliche Begutachtung

Noch vor den Wahlen im Jahr 2017 machte die ÖVP massiven Druck. Sie forderte ein Gesetz, dass den Sicherheitsbehörden die Überwachung von Kommunikation via Whatsapp und andere Messenger-Apps erlaubt.

Eine Forderung, die am 20.4.2018 als Gesetz beschlossen wurde.

Nationalrat beschließt Sicherheitspaket mit Bundestrojaner. ÖVP und FPÖ für Überwachung verschlüsselter Nachrichten im Internet.

Ein Gesetz, dass der ÖVP nicht weit genug geht, wie der aktuelle Stand der Dinge zeigt.

Möglicherweise schwebt der ÖVP vor, Plattformen wie Skype, WhatsApp, aber etwa auch Gmail als elektronische Telekommunikationsdienste einstufen zu lassen, die strengeren Vorgaben und etwa einem einfacheren Zugriff von Behörden auf dort generierte Daten unterworfen sind und diese damit den Behörden Schnittstellen für den Datenzugriff einrichten müssen.

Es geht also um (private?) Unterhaltungen im virtuellen Raum.

Womit wir beim heutigen Thema wären.

Den Chats zwischen diversen türkisen Entscheidungsträgern.

Schon im Jänner 2016 wusste unser nunmehriger Kanzler:

„Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen.“

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Und es gibt sie tatsächlich diese Bilder.

Es geht um 2.500 (!) Dick-Pics auf dem Diensthandy des ÖBAG-Chefs.

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Eine Causa mit vielen Facetten.

Gleich amal am Anfang:

Darf man das überhaupt thematisieren?

Ja, natürlich – tät das Billa-Schweinderl da sagen.

Bis zur Antwort müsst ihr das aber bis zum Ende lesen.

Weil erst wollen wir das ganze ein bisserl auflockern, uns amüsieren und die ganzen Skurillitäten in diesem Zusammenhang anschauen.

Und ich fang gleich mit dem Eingangsstatement an und ziehe Schlüsse:

Sobotka wollte also bei WhatsApp mitlesen. – Diese Ankündigung vom Sommer 2017 gewinnt jetzt eine völlig neue Bedeutung.

Eine neue Bedeutung bekommt so auch der Chatverlauf zwischen unserem Kanzler und seinem Aufsichtsratpostensammler:

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Und gleich noch ein paar „einschlägige“ Fragen die da auftauchen.

Waren die kompletten 2.500 alles Fotos vom eigenen besten Stück?

Weil das wären dann bei einer Nutzungsdauer des Handys von 6,85 Jahren (was eher unwahrscheinlich lang ist) jeden Tag ein „Selfie“.

Oder hat er „fremdfotografiert“?

Auf einschlägigen Seiten runtergeladen?

Hat er sich die Bilder schicken lassen?

Hat er womöglich selber Bilder verschickt?

Von wem und an wen?

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Die nächste, auf der Hand liegende Frage ist, ob unser Kanzler während der einen oder anderen Nationalratssitzung vielleicht nicht nur Candy-Crush am Handy gespielt hat.

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Aber jetzt ist Schluss mit lustig.

Wobei einen hab ich noch.

Blümel erscheint zumindest in Teilen lernfähig.

Er hat sich jetzt bei Signal angemeldet.

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Dieser Messenger ist vor allem für seine Datensparsamkeit und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bekannt und wird daher häufig von Sicherheitsexperten und Datenschutzorganisationen empfohlen

Zu spät.

Die „Traditionspartei“ ÖVP

Hochnotpeinliche Chats haben aber in der ÖVP und ihren „Vorfeldorganisationen“ ja durchaus schon so etwas wie Tradition.

Im Jahr 2017 wurden Leaks um die interne Facebook- bzw Whatsapp-Gruppen aus der JVP mit rassistischen, antisemitischen und neonazistischen Witzchen und Kommentaren ruchbar.

Ein Jahr später dann die ÖVP-nahe Schülerunion. Auch passend zum Thema Sex.

Für Sex mit einem Schulsprecher gibt es vier Punkte, wer schmust, darf sich immerhin zwei Punkte anrechnen lassen: Dieses Punktesystem soll innerhalb der Schülerunion kursieren – in jener ÖVP-nahen Schülervertretung, die seit Jahren die mandatsstärkste Organisation in Österreichs Schulen stellt. Das erniedrigende System in Kurzfassung lautet offenbar: Je höher die Stellung einer Person, desto höher auch die Punktzahl für Sex mit ihr.

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Gab es eventuell auch andere Boni für Sex mit dem Parteiobmann?

Sex & Drugs

Hinter vorgehaltener Hand wurde und wird ohnehin schon lange gemunkelt und gerüchteweise der Drogenkonsum ebenso thematisiert wie das Sexualverhalten diverser Proponenten dieses Systems.

Auch die nicht-öffentliche Aussage (über das angebliche Video bei Martin Ho) von H. im deutschen Wirecard-Ausschuss kommt da ins Spiel. Oder die „Koks-Partys“ im Hinterzimmer von Best-Buddy Ho.

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Salopp

Die Verteidigungsstrategie hat dann Blümel im Ibiza-UA vorgegeben.

Zu den Chats verwies Blümel auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, die seiner Meinung nach nur für manche gelten würden. Er erklärte zudem, dass gerade Nachrichten mit Menschen, die man sehr lang und sehr gut kenne, auch schon mal lockerer sein könnten.

„Ich bin sicher, dass jeder und jede im Leben schon Nachrichten geschrieben hat, die man im Nachhinein nicht mehr schreiben würde. Vor allem, wenn sie aus der Emotion heraus geschrieben worden sind.“

Und er gestand auch ein, dass sie „irritierend wirken und Aufregung verursachen“ können, wenn sie zeitlich und inhaltlich aus dem Zusammenhang gerissen würden.

Da drängt sich für mich eine Frage in die Runde auf:

Wieviele derartiger peinlicher infantiler Nachrichten aus dem privat-beruflichem Umfeld habt ihr auf euren Handys? Noch dazu, wenn es wie im Fall Schmid Diensthandys sind?

Soetwas veröffentlichen wir nicht.

Wenn es um Sex und Drogen geht entdeckt der Journalismus in Österreich oft sein Gewissen. „Das sind die Privatangelegenheiten von Politikern“. Soetwas veröffentlichen wir nicht.

Über Haider‘s Homosexualität wurde erst nach seinem Tod wirklich geschrieben. Der Koksgebrauch in Politikerkreisen ist ein offenes Geheimnis. Und nicht zuletzt wurde auch das Ibiza Video erst Jahre nach seiner Entstehung öffentlich. Und wahrscheinlich nur, weil SZ und Spiegel nicht von der österreichischen Presseförderung abhängig sind.

Die österreichische Presse ist entweder „verhabert“

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Nowak (Presse), Rainer (Profil), Blümel (ÖVP), Dichand (Heute, Krone)

oder findet derartiges „grindig“.

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Ja, das ist „grindig“

Aber grindig ist letztendlich nicht die Veröffentlichung dieser Zustände, sondern die Zustände und deren Handlungen an sich.

Diese Argumentation erinnert an die Verteidigungslinie Straches nach Ibiza.

Und nein, es handelt sich in diesem Fall NICHT um reine Privatangelegenheiten.

Im Falle strafrechtlich relevanter Handlungen wie Drogenkonsum sollte dies bei Personen in öffentlichen Positionen wie dem Chef der ÖBAG ohnehin keine Diskussion sein.

Wäre Spielsucht bei Menschen in verantwortungsreichen Positionen auch Privatsache?

Das Private ist politisch

Der hier im Focus stehende Personenkreis bestimmt mit ihrer Politik unser aller Leben.

Sie entscheiden z.B., welche Lebensformen gefördert werden.

Hier ein besonders perfides Beispiel, weil ja „Familie“ für die ÖVP intern eine völlig andere Bedeutung hat.

Die Türkisen reklamieren für sich, nicht nur Volkspartei, sondern auch „Familienpartei“ des Landes zu sein. Ihre Definition von Familie zeigt die Spannung zwischen den traditionellen christlichen Werten der Partei und ihren (wirtschafts)liberalen Zügen: Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, ist der „Kern der Gesellschaft“, heißt es im Grundsatzprogramm.

Exemplarisch wird homophobe Politik betrieben um die „Konservativen“ nicht zu verprellen. Wasser predigen und Wein trinken.

Es wird also aus Machtgelüsten gegen die eigene Sexualität Politik gemacht.

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Aus Opportunität gibt man den Typ Lieblingsschwiegersohn der Nation. Erfolgreich wie Analysen ergeben haben. Ältere Frauen sind ein wesentliches Wählerspektrum.

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Selbiges gilt für die Drogenpolitik und deren Kriminalisierung.

Kleine Cannabis-Dealer werden kriminalisiert mit der eventuellen Auswirkung, dass es dabei um Leben oder Tod gehen kann (wenn eventuell ein Asylantrag zur Entscheidung ansteht). Bei den entscheidenden Politikern hingegen soll Privatsache sein, was da in die Nase landet?

Was bedeutet das unmittelbar?

Im Zusammenhang mit #beidlgate stellen sich aber auch andere, unmittelbar praktische Fragen die sich aus der Position von Schmid ergeben.

Könnten diese Fotos die Möglichkeit eröffnen zu erpressen bzw. erpressbar zu sein?

Wie wird Schmid je wieder in Verhandlungen um Firmenbeteiligungen (wie beim AUA-Deal), Arbeitsplätze oder ähnliches im Rahmen seiner ÖBAG-Verpflichtungen gehen können, ohne dass seine Verhandlungspartner diese 2.500 Pics irgendwie im Hinterkopf haben?

„Österreich selbst ist nichts als eine Bühne, auf der alles verlottert und vermodert und verkommen ist.“

Thomas Bernhard, Heldenplatz

Es geht also nicht um sexuelle Orientierung an sich. Ich würde mir in einer derartigen Position auch keinen Tinder-Account zulegen oder überbordende Promiskuität an den Tag legen. Uns allen ist der Satz: „I did not have sexual relations with that woman“ und dessen Folgen bekannt.

Das ist einigen ja auch ganz offensichtlich bewusst und auf die Fassade wird grosser Wert gelegt.

Es wird hier niemand kritisiert, weil er/sie homo- oder bisexuell ist. Kritisiert wird Janusköpfigkeit, Bigotterie und Heuchelei in diesem Zusammenhang.

Mir is es egal, worüber diese Regierung stürzt.

Möglicherweise stürzt diese Regierung nicht über ihren Sumpf aus Korruption und Misswirtschaft, sondern über DickPics.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie wegen genau jener Doppelmoral der Wähler gehen muss, die sie selber lebt.

Eine Ironie der Geschichte.

Kein Mitgefühl den Gefühllosen

Keine Toleranz den Intoleraten

In diesem Sinne:

Bleibt´s gsund und losst`s eich nix gfoin!

Passt´s auf eich auf und wehrt´s eich!

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