Adventzeit und Weihnachten – diesmal wird’s perfekt?

Die Zeit rund um Weihnachten ist jene, in welche von vielen Menschen noch mehr als sonst viele Erwartungen gesteckt werden: von klein auf wird man darauf getrimmt, dass das Christkind die Rechnung für das „brav sein“ während des Jahres präsentieren wird; es wird die Alternativenlosigkeit von harmonischem Miteinander selbst mit jenen Menschen, welchen man schon lange nichts mehr zu sagen hat, gepredigt; man wird dem Zwang unterworfen, einander mit möglichst teuren Geschenken auszudrücken, wie viel man sich wert ist; und an allen Ecken wird mit musikalischer, nach Zimt duftender und stromfressend leuchtender Untermalung darauf bestanden, den Alltag scheinbar zu entschleunigen, um so etwas wie Besinnlichkeit aufkommen zu lassen.

Patentrezept dagegen, dass diese Mischung aus eigenen Hoffnungen und allerorts auf einen einprasselnden Erwartungshaltungen, bei diesem Spiel mitzumachen, nach hinten losgeht, gibt es leider keines. Es gibt allerdings die Chance, es dieses Mal anders zu machen und die Adventzeit als Vorbereitung darauf für sich zu nützen. Quasi als Vorbereitung auf Weihnachtsfeiertage, die für einen selbst diese Bezeichnung verdienen und daher wirklich so etwas wie wohlige Vorfreude aufsteigen lassen. Auf ein Fest, bei welchem man nicht die ohnehin kaum mehr vorhandene Energie und die blank liegenden Nerven darauf verschwenden muss, eine Maske des heiligen Friedens hochzuhalten. Auf ein Fest, dass tatsächlich so etwas wie innere Ruhe ermöglicht, aus der heraus dann vieles möglich wird. Hier ein Vorschlag für ein paar Gedanken, die dabei helfen können:

1. Klarheit für sich gewinnen

Eine bedeutsame Frage, welcher man sich in den Wirren des Alltags viel zu selten stellt, ist wohl jene, was man tatsächlich will. Lehnen Sie sich mal zurück. Atmen Sie tief durch. Schließen Sie die Augen. Wie würde das Weihnachtsfest aussehen, das Sie sich schon immer gewünscht haben? Wo findet es statt? Wie sieht es dort aus? Wie riecht es dort? Was ist zu hören? Was ist Ihnen da besonders wichtig in diesem Moment, in den Sie sich gerade hineinfühlen? Lassen Sie bewusst dabei zunächst alle Gedanken an andere Menschen weg – es geht jetzt einmal ausschließlich um Sie und Ihre Vorstellung von Weihnachten, die Sie sich selbst einrichten können. Vielleicht unter Palmen? Oder an einem offenen Kaminfeuer in einer Berghütte? Oder doch im eigenen Wohnzimmer, in welchem alles liebevoll hergerichtet ist? Gestalten Sie sich Weihnachten so aus, dass Sie sich damit selbst den Moment schenken. So, wie Sie es brauchen. So, wie Sie Weihnachten für sich definieren – mit der Bedeutung, die sie diesem Fest selbst geben wollen.

2. Die Bedeutung der „anderen“

Ganz klar, in vielen wird nun eine innere Unruhe aufkommen: „Ja, eigentlich würde ich schon gerne mal Weihnachten so ganz anders feiern – aber was sagen denn dann die anderen.“ Oder: „Aber das geht ja doch nicht, weil es gehört sich doch einfach, dass Weihnachten so gefeiert wird, wie wir das immer gemacht haben.“ Ja, in der Tat fällt es manchmal nicht leicht, den scheinbar erforderlichen Spagat zu schaffen zwischen dem, was sich angeblich so gehört, und dem, was man eigentlich für sich bräuchte. Wer sagt Ihnen allerdings, dass es den anderen nicht genauso ergeht wie Ihnen? Dass da vielleicht auch nur der Mut dazu fehlt, Weihnachten mal ganz anders zu gestalten, weil man denkt, Ihnen wäre es wichtig, das Zeremoniell der vergangenen Jahre einzuhalten? „Der Henker, das ist jeder für die anderen“, hat Jean Paul Sartre in einem seiner Werke auf den Punkt gebracht, was passiert, wenn man in gegenseitiger Erwartung an Mustern festhält, statt miteinander im ehrlichen Gespräch Lösungen zu finden, die mit den eigenen Bedürfnissen in Einklang zu bringen sind. Übrigens: Wer schreibt denn vor, dass man es sich zu Weihnachten antun muss, sich mit jenen Menschen, mit welchen man das ganze Jahr keinerlei Kontakt pflegt, zu umgeben? Das Jahr hat 365 Tage, manchmal sogar 366 – ausreichend Gelegenheit, vielleicht bereits fällige Versöhnungen an weniger erwartungsträchtigen Terminen herbeizuführen.

Je sicherer Sie sich sind, was Sie brauchen, um Weihnachten als einen besonderen Tag zu erleben, desto eher werden Sie auf offene Ohren stoßen bei anderen. Und sehr wahrscheinlich können sogar gerade die Menschen, vor deren Urteil Sie am meisten Angst haben, Ihren Bedürfnissen viel abgewinnen. Und werden ermuntert, ebenso Weihnachten zu Ihrem Fest zu machen statt des Abspulens von abgestumpften Programmen bei gleichzeitig hoher Erwartung an emotionale Wärme.

3. Besondere Menschen

Kindern wird zu Weihnachten meist besondere Beachtung geschenkt. Kein Wunder, sind doch sie es, in welchen die Phantasie beflügelt wird durch die bildliche Vorstellung von etwas Übersinnlichem: von der Weihnachtsgeschichte und dem mit ihr vermittelten Gedanken menschlicher Güte. Ein Christkind feiert Geburtstag, welches nicht nur alles Leid der Welt zu beheben imstande sein soll, indem es jeden einzelnen Menschen beseelt; nein, es soll auch gleich einem allgegenwärtigen Engel dafür sorgen, dass unter einem bunt geschmückten Christbaum just jene Geschenke liegen, welche man sich so sehnlich gewünscht hat. Wer allerdings glaubt, dass Kindern dabei etwas vorgemacht werden kann, der irrt: selbstverständlich geben ihnen feste Abläufe Sicherheit; natürlich benötigen sie die Geborgenheit einer liebevollen Familie, um das für ihre Entwicklung so bedeutsame Urvertrauen aufbauen zu können. Doch Kinder haben dabei auch sehr feine Antennen und spüren es, wenn der nach außen gewahrte Schein nicht mehr als fahle Fassade ist. Wer Kindern zuliebe ein harmonisches Fest möchte, wird daher noch vielmehr darauf achten müssen, dass die eigenen Bedürfnisse bei der Feier entsprechend berücksichtigt werden. Nichts ist nämlich schlimmer für Kinder, als wenn ihnen etwas als Fest der Liebe verkauft wird, zugleich aber die Menschen, die ihnen am wichtigsten sind, keine Gelegenheit auslassen, die Feierlichkeit mit zwanghafter Selbstverleugnung und Missachtung anderer anwesender Menschen zu garnieren.

Verstorbene geliebte Menschen haben meist auch einen besonderen Stellenwert beim Weihnachtsfest. Das darf auch so sein. Ein liebevoll geschmücktes Portraitfoto, welches zwischen den Christbaumkugeln auf den Baum gehängt wird, kann da etwa eine besondere Note ausmachen. Spüren Sie einfach in sich hinein und lassen Sie zu, was Ihnen gut tut.

4. Entschleunigung

Sieht man sich an, wie bei vielen Menschen Adventzeit und die Weihnachtsfeiertage zu einem regelrechten Besuchsmarathon ausarten, so stellt sich die Frage, ob das tatsächlich den Wünschen und Bedürfnissen des einzelnen entspricht, wenn zugleich vielerorts gejammert wird über die Schnelllebigkeit und Hektik der gegenwärtigen Zeit. Ist es tatsächlich gewünscht, neben den gegen Jahresende meist sogar noch vermehrten Aufgaben des Alltags auch noch von einer Weihnachtsfeier zur anderen zu jagen? Auch hier gilt: Seien Sie zunächst einmal ehrlich zu sich selbst. Übrigens: Haben Sie schon einmal nachgedacht, wieviel Zeit Sie mit Ihrem Smartphone verbringen?

5. Geschenke

Das mit den Geschenken ist so eine Frage, welche auch gut durchdacht sein will. Jedes Jahr wieder hört man nämlich rund um die Weihnachtszeit zunächst die Beteuerungen, beim nächsten Mal früher mit dem Einkaufen beginnen zu wollen, und anschließend, nach der erfolgten Bescherung, die Klagen über die unpassenden Geschenke. Unmittelbar vor dem 24. Dezember ist daher die Luft in den großen Einkaufszentren der Städte zwar erfüllt von der tausendsten Wiederholung weihnachtlicher Lieder und dem dann nicht mehr leicht zu ertragenden Duft von Zimt, zugleich aber zum Zerbersten geladen mit Hektik und Gereiztheit. Ein Bild, das sich dann nach den Feiertagen atmosphärisch noch steigert um die Verbittertheit, wenn die Antifaltencreme, die deutlich zu große Unterwäsche oder die den Geschmack nicht treffende Krawatte nicht so ohne weiteres umgetauscht werden kann.

Es wäre gar nicht so schwer, dies zu vermeiden. Man müsste sich einfach nur ein wenig hineinfühlen in die Person, welcher man mit einer Aufmerksamkeit eine Freude bereiten möchte. Statt der Artikel, welche auf die Beststellerlisten der meistgekauften Geschenke finden, wird man dann ziemlich sicher etwas finden, das sehr leicht und zeitschonend gezielt eingekauft werden kann und obendrein wirkliche Freude bereitet. Was nämlich viel zu oft übersehen wird: auch beim Schenken geht Qualität der Quantität vor: ein selbstgestrickter Schal in den Lieblingsfarben kann da das Herz der Person, der man symbolisch zu verstehen geben möchte, dass sie einem viel bedeutet, wesentlich besser erwärmen, als so manches lieb- und gedankenlos besorgte teure Geschenk.

Frohe Adventzeit – nutzen Sie die verbleibenden Tage und machen Sie Weihnachten 2015 zu Ihrem gelungenen Fest!

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