Unbeschwerte Kinderfotos in den social media - alles pure Freude?

Betrachtet man die auf facebook seine Timeline oder auch die Profilfotos mancher Personen, die da am Bildschirm aufscheinen, dann fällt auf, dass viele Menschen da Fotos preisgeben, die sehr intime Situationen festhalten. "Das ist der Lauf der Zeit, das bringt der technische Fortschritt mit sich", mögen da jetzt einige denken. so wie früher die Bilder ausgearbeitet, fein säuberlich in Alben geklebt und dann nach Kaffee und Kuchen den eingeladenen Freunden gezeigt wurden, so macht man das halt heute allzeit abrufbar im Internet. Geht schneller, ist billiger und man kann seine Freunde am eigenen Leben auch unabhängig von viel zu seltenen persönlichen Treffen teilhaben lassen an den ausgewählten festgehaltenen Momenten.

An ausgewählten Miomenten. Das ist schon ein springender Punkt. Die Auswahl ist da in mehrlei Hinsicht oftmals in Frage zu stellen. So vernachlässigen viel zu viele Menschen ganz offensichtlich die Definition des Personenkreises jener Nutzerinnen und Nutzer der social media, für deren Augen so manche Fotos auch tatsächlich bestimmt sind. War es vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar, mit den Fotoalben auf der Straße herumzulaufen und wildfremden Menschen die Aufnahmen aus dem letzten Strandurlaub mit dem heißen Urlaubsflirt zu zeigen, so ist das denselben Menschen nun offenbar vollkommen egal, wenn diese Bilder innerhjalb weniger Momente rund um den Erdball kreisen und aus den Tiefen des Internets auch kaum mehr zu löschen sind. Auch die Auswahl der mit der heutigen Technik schnell, zahlreich und unkompliziert verewigten Momente wird kaum mehr getroffen. Ist die Gesellschaft tatsächlich so freizügig geworden, wie sie es glauben macht mit all den Busenblitzern und blanken Allerwertesten, die man von wildfremden Personen im Internet zu Gesicht bekommt?

Dort, wo es um eigene Fotos geht, wo also die eigene Privatsphäre preisgegeben wird, kann das zwar zu Stirnrunzeln und Kopfschütteln berechtigen, ist allerdings weiter nicht zu verurteilen. Die Folgen bei einem Jahre nach der Veröffentlichung liegenden Bewerbungsgespräch um einen verantwortungsvollen Posten oder bei der Wahrnehmung einer lange danach möglichen öffentlichen Funktion muss die Person selbst ausbaden.

Nicht mehr so locker zu sehen ist es hingegen für die Gesellschaft, wenn der Aufruf eines Links im Internet zu Fotos und Geschichten eines Kindes führt - meist sogar mit namentlicher Zuordnung. Hier geht es nicht um eigene Persönlichkeitsrechte, hier geht es um die Integrität eines jungen Menschen, der auf die Obsorge der Erwachsenen angewiesen ist. Nicht von ungefähr wird jedem Menschen im Verfassungsrang ein Recht auf sein Bildnis zugestanden. Ein Verstoß gegen diesen Schutz der Privatsphäre kann weitreichende Folgen für den Betroffenen haben: einmal im Internet der Allgemeinheit preisgegeben kann hier nicht mehr

abschließend die Weiterverwendung kontrolliert werden. Dies ist auch der Grund, weshalb klassische Internetportale, welche dazu verleiten, leichtfertig eigene Fotos gegenüber der Allgemeinheit zu veröffentlichen,

unmündig minderjährigen Jugendlichen verwehrt sind. Es ist hier daher auch ein hoher Maßstab an Erwachsene anzulegen hinsichtlich der Veröffentlichung von Kinderfotos. Als Orientierung hilft es, einfach an die Zeit der Fotoalben zurückdenken: hätte man diese Fotos wildfremden Personen auf der Straße gezeigt? Es gilt hier immer mitzubedenken, dass eine für den heranwachsenden Menschen unangenehme Situation vermieden werden muss, wenn das Foto Jahre später wieder auftaucht innerhalb des Personenkreises, welchem die Betrachtung erlaubt wurde mit den getroffenen Einstellungen.

Das Recht auf Bildnisschutz gehört in Österreich zu den Persönlichkeitsrechten im Sinne des § 16 ABGB. Nach Judikatur des OGH (beispielsweise 6Ob256/12h vom 27.02.2013) bietet nicht nur § 78 UrhG über eine vorbeugende Unterlassungsklage Schutz vor unzulässiger Verbreitung ohne ausdrückliche Einwilligung erstellter Fotos, sondern schon das ungenehmigte Herstellen eines Personenfotos kann eine Verletzung des aus Art. 8 EMRK abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen. Der OGH schließt sich dabei der Ansicht des deutschen Bundesgerichtshofs an, welcher bereits 1995 ausgesprochen hat, dass die ungenehmigte Herstellung von Bildnissen einer Person grundsätzlich auch ohne Verbreitungsabsicht unzulässig ist (BGH NJW 1995, 1955). Dies gilt umso mehr, wenn die Aufnahme mit Verbreitungsabsicht - etwa in social media wie facebook - erfolgt.

Unbeschwerte Kinderfotos in der eigenen Timeline auf facebook machen sicher Freude. Über sie kann man teilhaben an der Entwicklung der heranwachsenden nächsten Generation. Es gilt dabei allerdings immer mit zu beachten, dass auch Kinder Persönlichkeitsrechte haben. Rechte, zu deren Achtung sie des umsichtigen Umgangs der Erwachsenen bedürfen, um später einmal vor unangenehmen Konfrontationen mit den verbreiteten Aufnahmen gefeit zu sein.

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Claudia Braunstein

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