Tiere im Film - Wie der „Hollywood-Effekt“ Tierleid herbeiführt

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Ob Dalmatiner, Mops, Wüstenfuchs oder Clownfisch: Kinofilme können die Nachfrage nach bestimmten Haustierrassen ankurbeln – und so über Jahre hinaus Tierleid auslösen.

Viele kennen die Situation: Man schaut einen tollen Film, in dem ein niedliches Tier die Hauptrolle spielt. Es ist vielleicht der Held der Geschichte, bringt einen zum Lachen und zum Weinen. Und dann kommt plötzlich der Wunsch, genauso ein Tier auch haben zu wollen. So manch einer lässt sich hinreißen und schafft sich vorschnell das im Film dargestellte Tier an. Dieses Phänomen bezeichnen wir von der Welttierschutzgesellschaft als „Hollywood-Effekt“.

Doch letztendlich braucht das Tier tägliche Versorgung und Pflege, insbesondere die Exotenhaltung kann sehr kompliziert sein, und oftmals sind auch Erziehung und Training erforderlich. Dies ist Vielen im Moment der Anschaffung nicht bewusst.

Filme können den Kauf von Tieren bis zu zehn Jahre beeinflussen

Der „Hollywood-Effekt“ ist schon seit Jahrzehnten zu beobachten – vor allem in Bezug auf Hunde. Im Jahr 1943, nachdem der Film „Heimweh“ mit dem Border Collie Lassie im Kino spielte, nahm der Kauf dieser Hunderasse in der USA in den nächsten zwei Jahren um 40 Prozent zu. 1961 und 1996 mit der Realverfilmung, führte der Disney-Film „101 Dalmatiner“ zu einem Dalmatiner-Hype. Allein in den USA stieg die Anzahl der registrierten Dalmatiner-Welpen innerhalb von acht Jahren um das Fünffache an – von 8.170 auf 42.816 Tiere. Und nachdem 1997 „Men In Black“ sowie 2001 „Natürlich Blond“ Kinozuschauerinnen und –zuschauer begeisterten, stieg die Nachfrage nach darin dargestellten Möpsen und Chihuahuas drastisch an4. Auch wissenschaftlich wurde der Effekt nachgewiesen: Die gesammelten Daten offenbarten, dass Filme und Serien den Kauf einer bestimmten Hunderasse bis zu zehn Jahre lang beeinflussen können.

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Die Anschaffung eines Tieres sollte gut durchdacht werden und kein unüberlegter Spontankauf sein. Doch der „Hollywood-Effekt“ hingegen löst oft eher genau diese Reaktion hervor: unbedacht und vorschnell angeschafft, sind die Tiere plötzlich zeitaufwendig oder kostspielig und in den seltensten Fällen ihren Vorbildern aus den Medien charakterlich ähnlich. Bleiben wir beim Beispiel Hund. Je älter der Welpe wird, desto klarer wird dem Besitzer, dass Zeit, Arbeit und Durchhaltevermögen erforderlich sind. Die zunächst niedlichen Verhaltensweisen können plötzlich nicht mehr ganz so lustig erscheinen. In letzter Konsequenz werden jährlich zahlreiche Tiere verkauft, ausgesetzt oder ins Tierheim gegeben.

1997, ein Jahr nach der Realverfilmung von „101 Dalmatiner“, stieg die Zahl der Dalmatiner in US-amerikanischen Tierheimen innerhalb von zwei Jahren um 35 Prozent. Seitdem die bekannte Serie „Game of Thrones“ erschienen ist, die eine Begeisterung für Huskys auslöst, sehen Tierheime der englische Tierschutzorganisation „Blue Cross“ in Großbritannien eine Zunahme der abgegeben Huskys von 700 Prozent.

Anstieg der Popularität auch bei anderen Tierarten

Aber nicht nur Hunde sind Leidtragende des „Hollywood-Effekts“. Auch viele andere Tierarten gewinnen aufgrund ihrer Rolle als Sympathieträger in Filmen und Serien an plötzlicher Popularität:

So führte die in 1963 durch Englands Kinderserie „Blue Peter‘s Pets“ bekannt gewordene Schildkröte Freda in den 60er und 70er Jahren zu einem Reptilien-Boom. Viele Tiere wurden aus der Wildnis entnommen, was die Populationen ernsthaft schrumpfen ließ. Als 1990 die auch in Deutschland bekannte Zeichentrickserie „Teenage Mutant Ninja Turtles“ ausgestrahlt wurde, appellierten Tierschutzorganisationen an Eltern, keine Schildkröten mehr zu kaufen, da infolge der Serie bereits nachweislich immer mehr Tiere ausgesetzt wurden. Eine Auffangstation schätzte, dass 90 Prozent der zu dieser Zeit gekauften Schildkröten verstarben.

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Ebenso forciert die Filmwelt die Anschaffung von Tieren, die keinesfalls als Haustiere gehalten werden sollten. So wurde mit der berühmten Filmreihe „Harry Potter“ die Eule zu einem gefragten Haustier - nach dem Ende der Filmreihe in 2011 stieg dann wiederum die Anzahl von ausgesetzten Eulen in Auffangstationen steil an.

Nicht zuletzt heizte der Film „Zoomania“ (2016), um ein weiteres bizarres Beispiel zu nennen, die Nachfrage nach der außergewöhnlichen Art der Wüstenfüchse an. So kletterte kurz nach Erscheinen des Films in China, die Zahl der Anfragen bei Wüstenfuchszüchtern von einigen wenigen Exemplaren auf 6.500 am Tag.

Auch nicht zu vernachlässigen sind Beispiele aus der Welt der Fische: Die berühmten Filme „Findet Nemo“ und „Findet Dori“ führten in den USA zu einem Massenkauf von Clownfischen und Paletten-Doktorfischen. Davon abgesehen, dass die Mehrheit der Tiere ihrem natürlichen Lebensraum entrissen wird, verringerte sich bei Clownfischen die Population innerhalb von fünf Jahren nach der Erscheinung von „Findet Nemo“ um 75 Prozent12 – und nur im seltensten Fall können die Halterinnen und Halter den Tieren ein tiergerechtes Zuhause bieten. Insbesondere Paletten-Doktorfische sind nicht für die Einzelhaltung geeignet, sie können bis zu 40 cm groß werden und haben eine Lebenserwartung von 30 Jahren. Sie brauchen Artgenossen, viel Platz und eine gute Wasserqualität – rund 5.000 Euro, ohne Unterhaltskosten, müssen allein für ein angemessenes Aquarium eingeplant werden. Dass Medienberichten zufolge einige Fachgeschäfte den Verkauf der Tiere stoppten, so lange der Hype andauerte, kann man aus Tierschutzsicht nur begrüßen.

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Die Beispiele für den überaus bedenklichen „Hollywood-Effekt“ könnten zahlreich weitergeführt werden. Dabei spielen auch Unternehmen eine Rolle: Momentan sind beispielsweise mehrere von Universal Pictures UK gesponserte Events in England angekündigt, in deren Rahmen Menschen Zeit mit verschiedenen Tieren aus dem bald erscheinenden Film „Pets 2“ (Filmstart 07.06.2019) verbringen können. Die dargestellten Hunde werden instrumentalisiert - und so höchstwahrscheinlich den „Hollywood-Effekt“ anregen – in diesem Fall besonders kritikwürdig, da so genannte Qualzucht-Rassen, wie der Mops und der Zwergspitz im Mittelpunkt stehen.

Die Welttierschutzgesellschaft fordert mehr Bedacht

Wir beobachten die Geschehnisse und Effekte nach jedem Filmstart mit großer Sorge und wünschen uns weitaus mehr Bedacht von Seiten der Zuschauerinnen und Zuschauer, aber auch Unternehmen und Medien. Insbesondere letztere sind gefragt, ihren großen Einfluss sinnvoll zu nutzen, um die Menschen über die tatsächlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen von Tieren zu informieren und so dem unreflektierten und vorschnellen Kaufverhalten vorzubeugen und diesen nicht zu unterstützen. Einfache Hinweise, die hervorheben, welch grundlegenden Anforderungen der Haltung von Tieren unterliegt, wären ein erster, wichtiger Schritt mit dem sich viel Tierleid verhindern ließe.

www.welttierschutz.org

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vera.schmidt

vera.schmidt bewertete diesen Eintrag 16.04.2019 13:00:02

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