Ein Tiefer Graben spaltet unsere Gesellschaft. Entweder man ist Links oder Rechts. Sogar unsere Flüchtlinge haben sich damit angesteckt. Gmeinsam mit meiner Frau hält Moe 2.0 zu den Rechten, Ali, Hakim und ich zu den Linken. In der zweiten Halbzeit ist es gerade umgekehrt.

Da ist es doch gut, dass es den Nationalismus gibt. Während meine Frau Moe 2.0 lehrt, warum man nie und unter keinen Umständen zu den Piefkes halten darf, muss ich Ali und Hakim darüber in Kenntnis setzen, dass die "Froschfresser" der natürliche Feind aller Deutschen sind - und seit dem Hoferwahlkampf zähle ich mich da auch ein bisschen dazu. Immerhin habe ich gelernt, dass Österreich gar keine richtige Nation ist, auf die man stolz sein könnte. Prompt haben mir die österreichischen Fußballer diese These Hofers bewiesen und sich vorzeitig in den Urlaub verabschiedet. Gut, das Wetter ist aber auch zu verlockend.

Während meine Frau und ich also europäische Einigkeit demonstrieren, profitieren wir davon, dass wir jetzt einen arabischen Sender empfangen. Meine Frau und ich sind davon überzeugt: Obwohl wir kein Wort verstehen, ist der arabische Kommentar um Weltklassen besser als der österreichsche. "GRIIIIIEEEESMAAAAAAANNNNNNN!", plärrt der Kommentator, dazu ein bisschen unverständliches Kauderwelsch und dazwischen immer wieder ein paar "Allahhhh!". Die Betonung der Namen ist etwas seltsam, weil offenbar den Arabern die Mittelsilbe am wichtigsten ist. So hieß schon unser "Alaba" auf arabisch "A-LAAAAAA-ba". Übrigens offenbar ein Lieblingsspieler der Kommentatoren, denn sein Name fiel im Spiel gegen Island ungefähr tausendundeinmal.

Zurück zum Halbfinale. Frankreich führt eins zu null. Jetzt wird es dramatisch. Götze muss seine Stammposition auf der Bank verlassen und aufs Spielfeld wechseln. Ich bin überzeugt: so kann das nichts mehr werden. Müller stolpert im Strafraum. Im Gegensatz zu dem was üblich ist, fällt der Ball dabei nicht ins Tor. Der Ball ist einfach völlig außer Form. Ali stöhnt, Hakim stampft mit dem Fuß auf. Moe 2.0 postet einen witzigen Spruch. Er ist mit Freunden zum Public Viewing in Graz. "Der wird schön schauen, wenn das Schloss nachher ausgewechselt ist.", denke ich. Meine Frau erlaubt es mir allerdings nicht. Jetzt schmolle ich zweifach. Deutschland am Verlieren und jetzt auch noch, wiedereinmal, eingebremst von meiner Frau.

"GRIIEEEEEESSSMANNN! Allahhhh! GRIIEEEEEESSSMANNN!" tönt es aus dem Fernseher. Zwei zu Null für Frankreich, sie werden gewinnen. Nun halte ich auch zu Frankreich. Wer braucht schon diese deutschen Looser. Selbst die deutsche Politikerin Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, distanziert sich von der Mannschaft. Sie vermutet die Ursache für die Niederlage in der mangelnden Reinrassigkeit. ECHTE Deutsche hätten natürlich gewonnen, so wie Anno Dazumal beim Ländermatch von Verdun oder beim Fünf Nationenturnier in der Normandie.

Ali und Hakim sind enttäuscht. Sie halten der deutschen Nationalelf trotz Beatrix und Konsorten weiterhin die Treue. Ich trage mittlwerweile die Tricolore im Gesicht und Summe die Marseillaise: "Allons enfants de la Patrie, le jour de gloire est arrivé!*", und ich fühle mich von einem tiefen inneren Frieden erfasst, von diesem völkerverbindenden Epos.

Stay tuned! ;)

*

Auf, Kinder des Vaterlands,

Der Tag des Ruhmes ist gekommen!

Gegen uns ist der Tyrannei

blutiges Banner erhoben.

Hört ihr auf den Feldern

Diese wilden Soldaten brüllen?

Sie kommen bis in eure Arme,

Um euren Söhnen, euren Gefährtinnen die Kehlen durchzuschneiden.

Zu den Waffen, Bürger,

Formiert eure Truppen,

Marschieren wir, marschieren wir!

Unreines Blut

Tränke unsere Furchen!