Flucht aus Europa – Die neue Judenfeindlichkeit des alten Kontinents

Interview mit Rabbi Giuseppe Laras

Im November 2014 führte mich eine Geschäftsreise nach Paris. Vor Sacré-Cœur de Montmartre bemerkte ich einen kleinen Kiosk. Vor dem Kiosk lag ein Hund. Ich begab mich zu ihm, um ihn zu streicheln. So kam ich mit der Kioskbetreiberin ins Gespräch. Bei Glühwein und Schokoriegeln unterhielten wir uns mehr als eine Stunde. Sie berichtete mir, dass sie eine jüdische Einwanderin aus Russland ist. Schon damals, vor den Anschlägen auf Charlie Hebdo und vor den Anschlägen des November 2015 auf u.a. das Bataclan erzählte sie mir von Angst. Angst, die sie tagtäglich begleitet. Angst, die für sie allgegenwärtig geworden ist. Angst, mit der sie zu Leben gelernt hat, was ihr aber von Tag zu Tag schwerer fällt. Sie lebt in einer mitteleuropäischen Großstadt und traut sich nicht mehr, im Winter in der Dunkelheit den Heimweg anzutreten. Sich öffentlich zu ihrem jüdischen Glauben zu bekennen, ist zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden. Warum das so ist, und wer ihr diese Angst einflößt verriet sie mir auch. Was sie sagte, möchte ich nicht im O-Ton niederschreiben. Es wäre schlichtweg zu schonungslos ehrlich für einen deutschsprachigen Bericht. Fakt ist jedenfalls, dass sie nicht die einzige Gesprächspartnerin auf dieser Reise war, die solche Aussagen tätigte.

Am 07. Dezember 2015 veröffentlichte Emmanuele Boffi von der Zeitung „Tempi“ ein Interview mit Dr. Giuseppe Laras. Er beschreibt in anderen, immer noch klaren, Worten, sehr gut, was ich im November 2014 in Paris zu hören bekam.

Aus diesem Anlass möchte ich im Folgenden den Artikel „Ebrei. Se l’Europa non è più casa loro" (dt.: Juden: Wenn Europa ihnen kein Zuhause mehr bietet) von Emanuele Boffi übersetzen.

Als einer der bedeutendsten zeitgenössischen jüdischen Theologen ist Laras der Meinung, dass die heutige Situation jener zwischen den beiden Weltkriegen gleicht. Für ihn hat die Eroberung Europas spätestens seit den Anschlägen von Paris im November 2015 begonnen.

In der „politischen Korrektheit“, die die ausweichenden Debatten bestimmt, sieht der Rabbiner eine neue Form von Totalitarismus. Er sieht in ihr eine, von politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Führungspersonen geförderte, Form von hinterhältig am Leben gehaltenen undemokratischen Strukturen. Sie verhindert Lösungen, zündet Nebelkerzen und lässt Probleme wachsen. Sie führt zu einer ignoranten Gleichgültigkeit europäischer Gesellschaften gegenüber der Geschichte der sephardischen Juden und orientalischen Christen, aus der sie jetzt eigentlich dringend lernen müssten.

Um zu verstehen, was in Europa vor sich geht und es zu benennen, muss man sich dem „Totalitarismus der politischen Korrektheit“ widersetzen.

Interview mit dem Rabbi Giuseppe Laras: „Wir müssen uns widersetzen und dabei klaren Kopf und Ruhe bewahren.“

Die Ereignisse des Jahres 2015 ließen Rabbi Giuseppe Laras nicht los. In Folge sowohl der Attentate auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und den koscheren Supermarkt „Hyper Cacher“, als auch wegen der Anschläge, die Paris im November 2015 in Blut hüllten, wandte sich der jüdische Geistliche an die italienische Zeitung "Corriere della Sera". Er verfasste zwei mutige und unkonventionelle Briefe. Offen und ehrlich bringt er seine Ansichten zum Ausdruck. Dabei nimmt er keine falsche Rücksicht auf die Zurückhaltung der Konformisten. So schreibt er z.B.: „Die Folge der Feigheit, in der wir uns alle derzeit üben, wird Unterwerfung sein. Freiheit wird es so niemals wieder geben.“ Sein Lebenswerk und die Posten, die er begleitete und begleitet, machen Laras zu einer international geschätzten Autorität in politischen und gesellschaftlichen Fragen. 25 Jahre lang war Laras Oberrabbiner von Mailand. In dieser Zeit entwickelte er enge Beziehungen zu Kardinal Carlo Maria Martini. Im April wurde er auf Initiative von Erzbischof Angelo Scola zum ersten nicht-katholischen Mitglied des Gelehrtenkollegiums der "Doctores bibliothecae Ambrosianae" ernannt.

„Wir befinden uns im Krieg! Und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass er gerade erst begonnen hat“, schrieb Laras am 13. Januar nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo und den jüdischen Supermarkt. Dabei betont er sowohl die Unentschlossenheit der muslimischen Welt den Terrorimus zu verurteilen, als auch die schlimme westliche Unfähigkeit den Islam zu verstehen. Er spricht von „Dummheit gleichkommender Heuchelei unter dem Deckmantel der politischen Korrektheit, die alles daran setzt zu verhindern, dass Offensichtliches beim Namen genannt wird.“

Giuseppe Laras und seine Familie haben in einer Zeit gelitten, als Mussolinis mit Nazi-Deutschland verbündeten Faschisten in Italien bis zu 5000 Lira Kopfgeld für die Auslieferung eines Juden zahlten. Nun schreibt er uns eine düstere Warnung. „Unsere Gegenwart erinnert mich auf traurigste Weise an die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Die gesellschaftlichen und politischen Systeme sind im Begriff zu kollabieren. Wir leben in Zeiten der Krise, und das wird auch noch lange so weiter gehen. Was gerade vor sich geht, ist längst nicht mehr nur eine wirtschaftliche oder demografische Krise. Wir haben es vielmehr mit einer Krise der Kultur und der Werte zu tun. Sie ist untrennbar mit einer Krise des Christentums verbunden. In gewissem Sinne ist sie dadurch bedingt, dass das Bewusstsein dafür verloren gegangen ist, dass die christliche Lehre die Eckpfeiler der europäischen Kultur bildet. Das betrifft die Bereiche Infrastruktur, Kunst, Musik, Literatur, Philosophie, Recht, Politik und natürlich Religion und Ethik.“

Als die Geschichte sich im Pariser November 2015 auf traurigste Art und Weise wiederholte, schaltete sich Laras ein weiteres Mal ein. In seinem zweiten Brief prangert er die „Allianz des westlichen Selbsthasses mit dem radikalen und gewaltbereiten Islam (ISIS, internationale Muslimbruderschaft, HAMAS, Al Kaida, Hisbollah und dem Iran)“ an. Er prangert Politiker, Denker, Historiker und Kirchenvertreter an, „die den Frieden in radikalen Pazifismus verkehren, Toleranz in ein fatales Laissez-Faire integrieren, die Kraft der Wahrheit durch willkürliche Meinungen schwächen, sich anmaßen jedes Wort nach ihrem Gutdünken in rechtmäßig oder unrechtmäßig einordnen zu dürfen, und so jeden gesunden Dissens durch intoleranten politisch korrekten Konformismus abtöten.“

Für Laras gleicht die neue Herausforderung für Europa dem, was Israel „seit Jahrzehnten erlebt: Im Angesicht eines Dschihadismus zu überleben, der die Gedanken, Herzen und politischen Erwartungen von, wenn auch nicht allen, aber gleichwohl vielen Muslimen nährt“.

Emmanuele Boffi:

„Rabbi Laras, wir haben es mit einem Phänomen zu tun, über das wenig gesprochen wird, obschon es eine, mehr als beunruhigende, Dimension angenommen hat. Diesem Phänomen ist es auch geschuldet, dass viele Juden Europa verlassen, um nach Israel auszuwandern. Diese Entwicklung setzte bereits lange vor dem Attentat auf „Hyper Cacher“ am 09. Januar 2015 ein. 2014 verließen 6.500 Juden Frankreich in Richtung Israel, ebenso wie es 323 italienische Juden taten. Insgesamt haben zwischen 17.000 und 18.000 Juden im Jahr 2014 Europa verlassen. Die israelische Einwanderungsbehörde rechnet in den nächsten Jahren mit dem Zuzug von 120.000 weiteren französischen Juden. Auch in Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ verlässt die jüdische Geliebte der Hauptfigur Frankreich um „nach Hause“ zu kommen. Sind Frankreich, und mittlerweile Europa im Allgemeinen, zu einem ungastlichen Ort für die Juden geworden? Und was bedeutet ihr Exodus für diesen alten Kontinent?“

Giuseppe Laras:

„Das sind sehr schwierige und schmerzhafte Fragen. Die Anzahl der Juden, die Italien in Richtung Israel verlassen haben, erscheint zunächst recht gering. In Relation zur kompletten jüdischen Bevölkerung des Landes aber ist ihre Zahl von beunruhigender Relevanz. Ganz besonders deswegen, weil es sich überwiegend um junge Menschen handelt. Einerseits hat das in Zeiten einer südeuropäischen Wirtschaftskrise sozioökonomische Gründe. Auch an den ältesten jüdischen Gemeinden Europas geht die demografische Entwicklung nicht spurlos vorbei, und sie verlieren an Mitgliedern. Der Hauptgrund für den gegenwärtigen Exodus ist jedoch ein mehr und mehr an Fahrt gewinnender aggressiver Antisemitismus. Dieser ist untrennbar mit dem sogenannten „Antizionismus“ und dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern verbunden. Er wird massiv durch politische Milieus aus Entwicklungs- und Schwellenländern befeuert, vor allem durch Stimmen aus arabisch-islamischen Staaten, aber auch solchen aus Europa und darüber hinaus. Außerdem lässt die aktuelle Entwicklung befürchten, dass durch Migration arabische Sichtweisen und Gemeinschaften in Europa weiter an Macht und Einfluss gewinnen werden. Wie vor 70 Jahren werden Juden wieder in die Rolle des Fremdkörpers gedrängt. Es manifestiert sich eine widersprüchliche und schizophrene Opferprojektion. Sie äußert sich in einem oberflächlichen Schuldgefühl vieler westlicher Menschen. Dieses führt dazu, dass man den Juden den Stempel des „Scharfrichters“ im Nahostkonflikt aufzwängt, um sich von der antisemitischen Vergangenheit der europäischen Kultur reinzuwaschen. Es ist kein Zufall, dass eine stetig voranschreitende Abwendung vom Bekenntnis zu den christlich-jüdischen Wurzeln Europas, zu einer laizistischen Kultur und einem vermeintlich christlichen Glauben stattfindet. Währenddessen schreitet aus denselben Gründen die Wegbereitung für eine „islamochristliche“ Zukunft Westeuropas voran. Die Streichung des Wortes „jüdisch“ ist überaus bezeichnend, und das nicht allein für die noch in Europa verbliebenen Juden. Ich möchte hinzufügen, dass die zaghaften Initiativen für einen christlich-jüdischen Dialog wohl leider zu spät kamen. Sie sind nicht nur zu spät gekommen, sondern auch zu halbherzig, um die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung stoppen zu können. In Anbetracht der Tatsache dass Koran und Hadithen voll mit judenfeindlichen Inhalten sind, halten logischerweise wieder zunehmend antisemitische Stereotypen Einzug in die europäisch-christliche Welt.“

Emmanuele Boffi:

„Rabbi Laras, kurz nach dem Massaker in der Redaktion von Charlie Hebdo haben Sie einen offenen Brief an die Zeitung "Corriere della Sera" geschrieben. Darin stellen sie muslimischen Theologen zwei Fragen. Sie fragen darin, ob es Muslimen möglich sei, ihren Glauben dahingehend zu reformieren, dass er aufhört das Konzept der religiösen Zusammengehörigkeit („Umma““, je nach Romanisierung auch „Ummah“) über das in Europa gängige Konzept der politischen Staatsbürgerschaft zu stellen. Ersteres grenzt Ihrer Meinung nach jüdische und christliche Gemeinden nicht nur aus, sondern bedroht sie durch Intoleranz und Willkür. Ihre zweite Frage lautet wie folgt. Nach islamischer Lehre haben Juden die göttliche Offenbarung verfälscht. Christen wiederum sehen sich durch ihre kulturellen Gebräuche demselben Vorwurf ausgesetzt. Darüber hinaus bescheinigt ihnen die islamische Theologie den Glauben zu einem Götzendienst pervertiert zu haben. Solche Ansichten sind ein klarer Widerspruch zu den Werten moderner, gleichberechtigter und aufgeklärter Gesellschaften. Vor diesem, durch den Koran legitimierten, Hintergrund fragen Sie, ob und wie es möglich sei zu einem theologisch begründeten Islamverständnis zu gelangen, dass die Gemeinschaft der Muslime auffordert, Juden und Christen als gleichberechtigt zu akzeptieren.

Meine Frage an Sie ist nun, ob Sie eine Antwort bekommen haben. Und vor allem, denken Sie dass der Islam eine Antwort geben kann, ohne sich selbst zu widersprechen?“

Giuseppe Laras:

„Eine Antwort auf meine Frage habe ich bislang nicht bekommen. Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass ich sehr ernste Fragen zu heiklen und tabuisierten Problemen gestellt habe. Was ich wirklich dramatisch finde, ist dass man mich einfach eiskalt übergangen und ignoriert hat. Ich habe mit meinen Fragen einen wunden Punkt angesprochen, der von den meisten Denkern, Politikern, Intellektuellen, Kirchenoberhäuptern, liberalen und libertären jüdischen, christlichen und laizistischen Theologen nicht ernsthaft benannt und problematisiert wird. Dabei handelt es sich um Konfliktfelder, über die wir die islamische Welt und ihre Vertreter dringendst zum Nachdenken einladen müssten. Gerade im Sinne unserer säkularen westeuropäischen Gesellschaften ist das doch unumgänglich. Doch nicht nur die islamische Welt, auch die europäische Welt, schlägt die Einladung aus, sich ihrerseits einer ernsthaften Erörterung dieser Fragen und nicht zu übersehenden Probleme zu stellen.“

Emmanuele Boffi:

„In Ihrem Brief vom 18.November 2015, fünf Tage nach den Bombenanschlägen von Paris, schrieben Sie: „Das Drama ist, dass diese blinde Ignoranz den politischen Islam zur Unkenntlichkeit vereinfacht. Die Thematisierung jener Gewalt, die durch ihn aktuell hervorgerufen wird, tut man schlicht damit ab, dass Christentum und Judentum schließlich auch einmal ihre dunklen Epochen hatten. Diese Vereinfachung ist falsch und kontraproduktiv.“ Sie haben Recht. Und doch erleben wir, dass auch jetzt noch der Großteil in der europäischen Politik- und Kulturlandschaft denkt, den Terrorismus stoppen zu können, in dem man einfach empfiehlt eine „laizistischen Religion“ im Privatbereich zu leben. Wie aber kann diese Empfehlung in der Realität umgesetzt werden?“

Giuseppe Laras:

„Nach aktuellem Stand der Dinge sieht es so aus, als wenn das vollkommen unmöglich ist. Es ist unmöglich, weil wir im Zeitalter einer neuen und extrem hinterhältigen Form des Totalitarismus leben, dem Joch der „politischen Korrektheit“. In vielerlei Hinsicht ist es genau dasselbe Phänomen, wie eine unter Kirchoberhäuptern weit verbreitete Form des zeitgenössischen Katholizismus, dessen Vertreter sich selbst eine Überdosis Betäubungsmittel gegenüber offensichtlichen Problemen injiziert zu haben scheinen. Dem müssen wir widerstehen. Dazu müssen wir unsere Gehirne im Wachzustand halten und kühlen Kopf bewahren. Noch viel mehr aber müssen wir unsere freiheitlichen kulturellen Werte in die Waagschale legen, auch wenn das einen unglaublich anstrengenden und bisweilen entmutigenden Kraftakt bedeutet.“

Emmanuele Boffi:

„Auch jetzt noch gibt es viele Stimmen, die [durch eine Zusammenarbeit mit radikal islamischen Regimen und ihren Europaorganisationen] den sprichwörtlichen "Pakt mit dem Teufel" nicht brechen wollen. Das gab es in der Geschichte schon einmal, als der Großteil internationaler Staatschefs sich im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs weigerte, die Nazis als Gefahr wahrzunehmen. Um wachzurütteln aber haben Sie an den Corriere geschrieben: „Wer sich immer zu nur weiter zurückzieht, verliert sich solange in Rückschritten, bis er scheitert.“

Giuseppe Laras:

„In gewisser Hinsicht sind wir nicht mehr nur auf dem Rückzug, sondern bereits im Begriff erobert zu werden…“

Emmanuele Boffi:

„Lassen Sie uns abschließend über den Dschihad, den „heiligen Krieg“, sprechen. Er hat für viele Muslime denselben Stellenwert, wie der Sabbat für die Juden und der Sonntag für die Christen. Wie sich das auswirkt sehen wir gegenwärtig in einer Vielzahl von Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie in Afrika. Haben die Christen, die Warnungen von Euch Juden zu lange unterschätzt? Was halten Sie davon, dass die meisten westlichen Christen aus Schüchternheit die Verfolgung ihrer Glaubensbrüder im Orient nicht ansprechen?“

Giuseppe Laras:

„Der Dschihad ist nicht allein ein Phänomen und Instrument des Krieges und der Politik. Es handelt sich auch um ein Phänomen, das vielen ehrlichen und redlichen gläubigen Muslimen als wichtiges spirituelles Element im Glauben gilt. Für sie bedeutet der Begriff „Dschihad“ einen Kampf gegen negative und niederträchtige Kräfte innerhalb der menschlichen Seele. Diese Komponente zu verschweigen, wäre dann in der Tat islamfeindlich. Aber auch die Form des „Dschihad“, auf welche Sie sich beziehen, existiert 100%ig ebenso. Leider prägt auch diese die Ansichten und Gefühlswelten sehr vieler Muslime. Dass der Grund dafür eine angebliche Armut und soziale Frustration sei, ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Um das festzustellen, genügt es sich die Biografien quasi aller namenhaften Terroristen und Geldgeber des modernen Dschihadismus anzusehen. Sie und ihre Hintermänner verfügen über enorme Vermögen, mit denen sie verstärkt auch in Wirtschafts- und Kulturprojekte auf dem europäischen Kontinent investieren. So gesehen, haben wir es nicht mit einem neuartigen Problem zu tun. Dabei sollten wir einerseits an uns Juden denken, aber auch die Geschichte armenischer und chaldäischer Christen aus dem Orient berücksichtigen. Die meisten Christen der westlichen Welt haben niemals etwas von der Leidensgeschichte ihrer orientalischen Glaubensbrüder gehört. Ich muss in diesem Zusammenhang immer und immer wieder an die Hamidischen Massaker und den Völkermord an den Armeniern denken. Erschwerend zur Leugnung durch die Nachfahren der Täter kommt hier eine abgrundtiefe Ignoranz und durch offenes Desinteresse mutwillige Unwissenheit seitens sehr vieler Menschen in westlichen Nationen. Es macht mich traurig das zu sagen, aber angesichts dessen wundert es mich nicht, dass die Geschichte der sephardischen Juden aus dem Orient von einem Großteil der Europäer aus derselben Unwissenheit und demselben Desinteresse heraus mit regelrechter Verachtung ignoriert wird. Auch das europäische Christentum hat sich in eine Identitätskrise manövriert. In den meisten Gesellschaften Westeuropas sind seine Anhänger mittlerweile zu einer alternden Minderheit im eigenen Haus geworden. Seine Würdenträger wähnten sich immer und wähnen sich weiterhin in der Mehrheit. Das ist eine Illusion, der ein formelles, verwaltungsrechtlich bedingtes Trugbild zugrunde liegt, das nur noch auf dem Papier existiert. Es ist nicht gelungen zu verhindern, dass die alten Symbole und Kulturgüter des europäischen Christentums den Menschen entbehrlich wurden und immer mehr werden. Tatsächlich hat es in der Realität jenseits des geduldigen Papiers längst den Rückzug in die Minderheit angetreten. In der Begegnung mit einer anderen gefühlten Mehrheit, der islamischen Mehrheit, einer Mehrheit die im Laufe ihrer Geschichte niemals unter mangelndem Selbstbewusstsein litt, und überzeugt das Selbstbild der einzig wahren zivilisierenden Mehrheit vorlebt, hat es kaum etwas entgegenzusetzen.“

10
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Fischler

Fischler bewertete diesen Eintrag 15.02.2018 20:52:10

Markus Andel

Markus Andel bewertete diesen Eintrag 15.02.2018 07:39:46

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 14.02.2018 17:03:53

ruthtonline

ruthtonline bewertete diesen Eintrag 08.02.2016 20:46:52

Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 08.02.2016 18:04:06

Ronai Chaker

Ronai Chaker bewertete diesen Eintrag 05.02.2016 00:56:09

anti3anti

anti3anti bewertete diesen Eintrag 03.02.2016 19:19:32

bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 03.02.2016 18:18:10

Julian Tumasewitsch Baranyan

Julian Tumasewitsch Baranyan bewertete diesen Eintrag 03.02.2016 18:08:47

Markus Hibbeler

Markus Hibbeler bewertete diesen Eintrag 03.02.2016 17:53:38

12 Kommentare

Mehr von Julian Tumasewitsch Baranyan