285 Menschen - fast 300.000 Euro pro Mensch, den man nicht reinließ

Der deutsche Staat gibt fast 300.000 Euro aus – nicht für ein Leben, nicht für ein Verfahren, nicht für ein Dach über dem Kopf. Nein. Für eine Zurückweisung. Eine einzige. Für das Symbol, dass wir hart sind. Dass wir abschotten. Dass wir lieber Mauern bauen als Menschlichkeit zeigen. Zwischen Januar und Juni 2025 wurden exakt 285 Menschen an den deutschen Grenzen zurückgewiesen. Nicht 285.000. Nicht 28.500. Nein. Zwei. Hundert. Fünfundachtzig. Und der Preis? 2,8 Millionen Überstunden bei der Bundespolizei. 84 Millionen Euro Zusatzkosten. Fast 300.000 Euro pro Mensch, den man nicht reinließ. Und das verkauft uns Alexander Dobrindt als Erfolg. Als Wende. Als Beweis dafür, dass Deutschland wieder „regelt“.

Was wirklich geregelt wurde, ist die moralische Insolvenz eines Systems, das lieber in Überwachung investiert als in Lösungen. Während Polizist:innen reihenweise Überstunden schrubben, Urlaub gestrichen wird, Fahrzeuge mit 300.000 Kilometern durch die Republik tuckern und mobile Kontrollcontainer seit 2019 angekündigt, aber nie geliefert wurden, macht die CSU den starken Mann. Während die Gewerkschaft der Polizei Alarm schlägt, weil ihre Leute am Limit sind, weil Gesundheit, Motivation und Familie längst unter die Räder gekommen sind, weil Dienstplanung nur noch einem Zweck dient – Rückweisung um jeden Preis –, feiert Dobrindt sich für ein paar medienwirksame Grenz-Szenen, die in keinem Verhältnis zu irgendetwas stehen.

285 Menschen. Und ein Verwaltungsgericht in Berlin sagt ganz klar: Die Zurückweisung dreier Somalier war rechtswidrig. Aber Dobrindt? Nimmt das nicht etwa zum Anlass, seinen Kurs zu überdenken. Sondern sagt: Einzelfall. Weiter so. Härter. Kälter. Und wenn's sein muss, verfassungswidrig.

Es ist der Preis einer symbolischen Härte, der sich in Zahlen kaum fassen lässt, weil er nicht nur Geld frisst, sondern Grundrechte. Weil er nicht nur Personal ausbrennt, sondern das Vertrauen in unseren Rechtsstaat gleich mit. Während Geflüchtete in Turnhallen schlafen, ihre Verfahren jahrelang dauern und Kommunen am Limit operieren, pumpt der Bund Millionen in Abschreckung, statt in funktionierende Aufnahme. Es gäbe bessere Wege. Aber Dobrindts Weg ist ein anderer: Der Weg, der nach rechts schaut, statt nach vorn. Der Weg, der lieber AfD-Wähler beruhigt als Verfassungen achtet. Der Weg, der lieber kostet, als hilft. Lieber abschiebt, als versteht. Lieber Mauern baut, als Brücken.

Diese sogenannte „Migrationswende“ ist keine. Sie ist eine PR-Show. Eine Verschiebung von Ressourcen in Richtung Rückwärtsgang. Ein Geschenk an jene, die glauben, Menschlichkeit sei verhandelbar. Und eine Zumutung für alle, die in Uniform Dienst schieben und sich fragen, wann endlich Politik für Menschen gemacht wird – nicht gegen sie.

Und hier nochmal ein paar kleine Beispiele, was wir auch hätten mit dem Geld machen können:

1. 1.600 Pflegekräfte ein ganzes Jahr lang fair bezahlen – mit allem drum und dran. In einem Land, wo auf Intensivstationen Schichten nicht mehr besetzt werden können, weil niemand mehr kann.

2. 120 marode Schulen sanieren, inkl. Heizung, Toiletten, Fenster und Technik. In Klassenzimmern, wo im Winter die Jacken angelassen werden müssen und im Sommer der Schimmel wächst.

3. 70.000 alleinerziehende Familien mit einem Monat Mietzuschuss entlasten – mitten in einer Wohnkrise, die längst zur Armutsfalle geworden ist.

4. 20 komplett neue Frauenhäuser eröffnen und drei Jahre finanzieren – in einem Land, in dem jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner ermordet wird und trotzdem Plätze fehlen.

5. 4.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche mit Trauma-Therapie versorgen – statt sie in Turnhallen zu stapeln und danach zurück in Elend oder Gewalt zu schicken.

6. 500.000 warme Mahlzeiten pro Woche ein Jahr lang an Schulen, Tafeln, Bahnhöfen. Kein Marketing-Stunt, sondern echte Hilfe. Für echte Menschen. Jeden Tag.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

1 Kommentare

Mehr von Kvasir