Ulrich Dittmann

Plädoyer für eine vegan/vegetarische Ernährung...

Wem eine solche Ernährung zu "krass" ist, sollte aber schlicht aus Gesundheitsgründen seinen Fleischkonsum zumindest reduzieren, "Flexitarier" werden. https://de.wikipedia.org/wiki/Flexitarismus

Zwar ernähren sich immer mehr Menschen mittlerweile vegan oder vegetarisch. Doch letztlich ist es nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz in Deutschland der sich so ernährt.

Man hält eben im Leben - wie praktisch in allen Bereichen - an alten Gewohnheiten fest. Auch wenn man weiß, dass es nicht zwingend gut tut, wählt man weiter die bekannten Versager-Blockparteien. ( Tenor: "... Mein Opa hat schon die SPD/CDU etc. gewählt, darum mach ich das jetzt auch" ), trinkt, raucht, zuviel - und praktiziert das infolge auch beim Fleischverzehr.

Es erhebt sich die Frage, wenn uns der Tierschutz so sehr am Herzen liegt, sollten wir die knappe Zeit und die beschränkten Mittel, die uns zur Verfügung stehen, nicht besser dazu verwenden, Fleischesser zu überzeugen, weniger oder gar kein Fleisch zu essen? Als mit der Lupe auf den Verpackungen die winzig klein gedruckten E-Nummern nach Schadstoffen zu durchleuchten, oder nachzuforschen ob das Soja-Joghurt wirklich eine vegane Großmutter hat?

Dr. Erwin Lauppert von der österreicherischen Vegetarier-Union verfaßte vor ca. 20 Jahren zu dieser Thematik einen entsprechenden, sehr ausführlichen Artikel "Vegetarische Perfektion?"

Da im Tenor sehr ausgleichend zwischen aufgeregten "Kontrahenten" der "Fleisch"- und "Salatfresser", hier nachstehend ein Resuümee seines Beitrages:

Dem italienischen Wirtschaftswissenschaftler Pareto war es vor hundert Jahren beim Kartoffelernten aufgefallen: Um 80 % der Kartoffeln aus der Erde zu bringen brauchte es eine Stunde, um alle, also auch die restlichen 20 % herauszuklauben, zwei. Daraus wurde das so genannte Pareto-Gesetz: 80:20.

Mit anderen Worten, Perfektion kostet unverhältnismäßig viel. Sind Zeit und sonstige Mittel knapp, empfiehlt es sich also nachzudenken: Ist es sinnvoll, auf Vollendung zu beharren oder reicht es auch ein bisschen schlampiger?

Entschiedene Vegetarier möchten nicht nur Fleisch meiden. Auch Nebenprodukte vom toten Tier wie Gelatine, Schweinefett etc. (und sofern sie der veganen Richtung zugehören, auch vom lebenden Tier) sind ihnen zuwider, mag auch ihr Anteil nur im Promillebereich liegen. Denn: Kein Fleisch essen, das ist relativ einfach. Doch darüber hinaus wird es schwierig und mühsam. Und bedarf nahezu kriminalistischer Fähigkeiten.

Es ist kaum zu glauben, wie oft im Geschlachteten, wenn auch häufig nur in Spuren, in manch unverfänglich scheinenden Produkten sich tierisches verbirgt. Und ist es auch nur, dass beim Brotbacken Schweinefett zum Blecheinreiben verwendet wird.

Wer in einem total verschmutzten Haus lebt, möchte sich wenigstens ein Zimmer rein und wohnlich einrichten. Will er aber das ganze Haus wohnlich gestalten, bringt es wenig, in Stube Nr. 12 einen Fenstergriff auf Hochglanz zu polieren. Da ist es besser, zuerst den groben Schutt in allen Zimmern anzugehen.

So nutzt es wenig, wenn 5 von hundert Menschen sich penibel vegan ernähren.

Tatsache ist, dass Milliarden von Tieren umgebracht werden. Tatsache ist, dass sie nicht zur Gänze aufgegessen werden, um so weniger, je mehr der Wohlstand zunimmt.

Wer nagt heute hierzulande noch Hühnerzehen ab, wer isst noch Rindertalg? Selbst mindere Fleischsorten sind wenig gefragt.

Alles, was übrig bleibt, will irgendwie verwertet werden, drängt auf den Markt, besticht durch Billigkeit und wird verwendet. Wer kennt das nicht von den Futtermittelskandalen. Und wenn schon nicht als Nahrungsmittelzusatz für Mensch oder Tier oder für die Kosmetikindustrie, dann vielleicht als Schmiermittel für die Maschinen oder als Heizmaterial für Industrieöfen.

Hier taucht eine Frage auf: Warum ist jemand überhaupt Vegetarier? Was wollen diese Leute?

Einen in sich geschlossenen Kreis von Menschen, die beschlossen haben, sich am vegetarischen Gedanken moralisch emporzuranken, wie es Christian Morgenstern so trefflich formulierte!?

Ein geschlossener Kreis mit strikten Lebensregeln, der - von der Außenwelt mehr oder weniger mild belächelt, wie es einst die der Lebensreform verschriebenen Vegetarier hundert Jahre lang waren - in seiner Welt glücklich ist, sozusagen eine Sekte, in der die Frage, welche Ernährungsweise gesellschftlich korrekt ist, hohen Stellenwert besitzt? Oder als Esoteriker das triste Jammertal der Welt verlassen und befreit vom erdwärts ziehenden Ballast tierischer Nahrung lichten himmlischen, nirwanischen Höhen entgegenschweben? Oder schlicht ein bisschen Tierquälerei mindern helfen?

Zum Knackpunkt: Ist letzteres der Zweck der vegetarischen/ veganen Übung, wäre zu bedenken: Mit drei Fleischessern, die ihren Fleischkonsum halbieren, ist diesem Zweck mehr gedient als mit einem Vegetarier. Mit zwei Menschen, die Lakto-Ovo-Vegetarier werden, mehr als mit einem Veganer (Ovo-lakto-Vegetarismus bedeutet bei mäßigem Milch- und Eigenuss immerhin Reduzierung des durch Tiernutzung verursachten Tierleids um ca. 80 bis 90 Prozent).Seit fast zwei Jahrhunderten wird für den Vegetarismus in der strengen (vegan) und der milderen Form (lakto und/oder-ovo) geworben. Das Ergebnis ist betrüblich. Wenn es hoch kommt, wahrscheinlich sind die Zahlen sogar erheblich niedriger, sind schätzungsweise (nur) knapp 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland (Lacto-ovo)-Vegetarier. (Weltweit leben ca. 800 Millionen Menschen vegan und 1,7 Milliarden Menschen vegetarisch)

Ich selbst bewundere Menschen, die konsequent sind, die um ihrer Überzeugung willen Unbill und Missgunst auf sich nehmen und streng vegan leben. (Bin Vegetarier mit starker Tendenz zu zu vegan) Ich bewundere Menschen, die sich dem Kampf gegen qualvolle Tierversuche verschrieben haben und folgerichtig im Krankheitsfall die Einnahme tierversuchter Arzneimittel der Pharmaindustrie, (und das sind fast alle) verweigern. Ich bewundere Menschen, die selbst Stechmücken nicht totschlagen - da nach meiner Meinung eine "Selbstverteidigung" immer erlaubt sein muß. Egal, ob man von einem Homo sapiens-"Messerkünstler", einem Löwen, oder auch nur von einer Zecke, oder Schnake/Stechmücke "angegriffen" wird. Zudem gilt:

Wer im Tierschutz alles sofort ungeduldig erreichen will, erreicht gar nichts. (Prof. Robert Spaemann, Tierschutz und Menschenwürde,1984)

Zu beachten ist auch: Fleischnebenprodukte in den Waren, Tiermehl als Heizmaterial gibt es nur, weil so viel davon anfällt. Und so viel fällt nur an, weil so viele Menschen Fleisch essen wollen. Das Tierschutz-Problem ist das 200-Gramm-Schnitzel, nicht das eine Gramm Gelatine oder das Backblechfett. Übrigens, ist Brot, wenn der Backofen mit Tiermehl, sprich Leichenteilen geheizt wurde, noch vegetarisch? Mit Radikalforderungen - du darfst keine Schokolade essen, es könnte Gelatine drinnen sein - bekehren wir nur wenige zum Vegetarismus.

Das Thema des Fleischverzehrs wird immer kontrovers diskutuiert werden.

Ich war früher in der Jugend ja auch Schnitzel-Liebhaber!

Kam dann im Alter von knapp 25 Jahren beruflich bedingt mit der Hühner-KZ-Haltung in Natura in Berührung. Habe, wirklich aufgewühlt von dem dort gesehenen Elend dort, danach auch auch nebenberuflich Reportagen über Schweine- Rinder-Haltung und Schlachtungen, u.a. betäubungsloses Schächten für Zeitungen gemacht.

Wenn man nicht ein Gemüt wie ein Fleischerhund hat, dann wird man zwangsläufig zum Vegetarier.-

Es fehlt der "Krone der Sch(r)öpfung" eben vielfach an Empathie.

Gerechtigkeitsgefühl ist auch ein Antrieb, der mich für Tiere einsetzen läßt. Denn Tiere als die Ärmsten der Armen, sind so unschuldig wie Kinder, haben nichts verbrochen und werden als Schmerz und Leid empfindende Geschöpfe doch milliardenfach bewußt und vorsätzlich gezüchtet, gequält und getötet. Ob als Haustier oder - eben in der Anzahl kaum zählbar als sogenanntes "Nutztier". Schon mit dieser gebräuchlichen Titulierung wird die geringe Wertigkeit von Schwein & Co. offenbar. Man nutzt ein lebendiges Wesen wie einen Kartoffelsack.

Der Mensch hat den Verstand - sofern er überhaupt einen besitzt - irgendwo im Kopf versteckt. Und unterscheidet sich damit wesentlich vom Mitgeschöpf Tier. Er kann entscheiden, wie er sich ernährt. Das kann ein Löwe oder ein Kaninchen bekanntlich nicht.

Seit Jahrtausenden ernähren sich Menschen vegetarisch, beispielsweise in Indien.

Alles ist nur eine Sache der Einstellung - eben mit viel, oder wenig Empathie für alle(!) uns umgebenden Lebewesen!

Jeder muß selbst entscheiden, wieviel Leid er in seinem Leben anderen zufügt - und seien es "nur" Tiere.-

Abschließend zu diesem Thema aus rechtlicher Sicht noch hochrichterliche Urteile:

- Im Zusammenhang mit dem betäubungslosen Schächten urteilt auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht,"... daß Fleisch kein notwendiger Bestandteil der menschlichen Ernährung ist.

Vielmehr kann der Bedarf an Eiweiß auch durch pflanzliche Nahrung oder den Verzehr von Fisch gedeckt werden." (Urteil vom 14.9.1992, Az. OVG BfIII 42/90

und

- "Zwar mag Fleisch heute ein in unserer Gesellschaft allgemein übliches Nahrungsmittel sein. Der Verzicht auf dieses Nahrungsmittel stellt jedoch keine unzumutbare Beschränkung der persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten dar. Diese an Art. 2 Abs. 1 GG zu messende Erschwernis in der Gestaltung des Speiseplans ist aus Gründen des Tierschutzes zumutbar." (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 15.6.1995, Az. 3 C 31.93)

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