"Shared for life" - das online-dokumentierte Leben der nächsten Generation und was daran so gar nicht "Thumbs up" ist

Ich habe in der Vergangenheit schon über Kinder und ihre leider oft unvoreingenommene Darstellung im Netz geschrieben (beispielsweise auf YOUNOW). Diesmal wird es allerdings um eine andere Facette reicher, denn nicht nur Minderjährige stellen sich einem Publikum, dem sie oft nicht gewachsen sind, sondern auch Erwachsene. Insbesondere ihre Eltern, denen auch Meedia diese Woche einen gut recherchierten Artikelgewidmet hat.

Nun komme ich selbst aus der Lifestyle-Blog-Gegend und registriere die steigende Zahl der hoffnungsvollen, zukünftigen Mütter, die ihr Leben dokumentieren. Doch leider hört es nicht mit der Geburt auf. Schön wäre es. Zum Kinderkriegen gehört heute ein Hashtag (für das jeweilige Baby), versehen mit vollfrontale Babyfotos. Rechtlich ein Graubereich, ein moralischer für mich keineswegs. Die permanente Platzierung von Fotos in sozialen Medien, die in "geschlossenen" Räumen wie Facebook stattfindet (sofern man die Statusmeldungen nur mit seinen Freunden teilt) mag ja nur diese erfreuen oder nerven, doch was ist mit Blogs, die für jeden mit Internetanschluss zugänglich sind?

Die Elternschaft mit anderen teilen zu wollen, ist kein Phänomen der digitalen Welt, das gibt es wohl seit Anbeginn der Menschheit, doch die Medien für dieses Verlangen haben sich geändert und sind ein Werkzeugkasten für Kurzschlusshandlungen geworden, die sich leider ins digitale Hirn fressen und dort schwer entfernbar sind. Wer etwas anderes behauptet, der glaubt auch, dass Snapchat Nachrichten nicht für Screenshots geeignet sind - nur mal als Beispiel.

Bei den Kinderfoto-Gegnern, die es mittlerweile schon zahlreich gibt, haben sich zwei Themenbereiche aufgetan. Die einen, die davor eindringlich warnen Strandfotos etc. Pädophilen in die Hände zu spielen, die anderen, die vor Mobbing in späteren Jahren warnen, wenn die Fotos von Klassenkollegen gefunden werden.

Beides ist mir etwas zu überzogen, denn im Grund genommen geht es um die Darstellung eines Individuums, das trotz seiner Unmündigkeit eine Recht am eigenen Bild haben muss.

81 Prozent der Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren haben heute Fotos von sich online. Sieben Prozent sogar eine eigene E-Mailadresse und fünf Prozent ein eigenes Profil in einem Sozialen Netzwerk wie Facebook. Das ergab die im Oktober 2010 vorgestellte Studie des Sicherheitssoftwareherstellers AVG. Dafür wurden 2200 Mütter in zehn westlichen Ländern, darunter in den USA und Deutschland, befragt. (Quelle)

Die Zahlen werden seit 2010 nicht geschrumpft sein. Im Gegenteil.

Bleibt nur die Frage: Wer kommuniziert hier? Ist es im Interesse eines Kleinkindes/Babys wenn sein Foto in einem Sozialen Netzwerk herumgeistert oder sein Leben auf einem Blog kommentiert wird? Sind die Mütter und Väter im Ende nicht Light-Versionen von Eislaufmuttis, die sich über ihre Kinder ein Online Profil schaffen und definieren wollen? Nicht selten sind auf den Blogs auch noch Werbebanner online, die Geld bringen, was die ganze Sache auf eine komplett neue und sehr gruselige Stufe hebt. Sind das letzten Endes alles Mini-Kinderstars mit eigener Reality-Show da draußen?

Bis ein Baby auf die Welt kommt, das nach seiner Geburt meint es würde jetzt gerne auf Facebook posten, habe ich dazu mal eine eindeutige Meinung. Auch wenn sie die vielen Mami-Blogger nicht hören wollen.

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Silvia Jelincic

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