Die Trophäenjagd: Inszenierung des heldenhaften Ringens mit der Bestie

Für normale Menschen ist die Besessenheit, mit der TrophäenjägerInnen die Geweihe von Hirschen oder die Zähne von Wildschweinen nachgerade anbeten, milde gesagt sehr merkwürdig. Da zahlt ein deutscher Jäger sage und schreibe € 65.000 dafür, einen mit Hormonen behandelten, in Zuchtprogrammen entwickelten „Weltrekordhirsch“ zu erschießen und sich sein fast 18 kg schweres Riesengeweih samt Schädeldecke an die Wand zu hängen! Für die Hirsche mit den stärksten Geweihen in österreichischen Jagdgattern werden regelmäßig bis zu € 16.000 hingelegt. Und als einmal ein bereits verkaufter Hirsch vor dem Abschuss verstarb, ging der Jäger auf ihn zu und schoss ihm noch ein Projektil in den toten Leib, bevor er die so mühsam erworbene Riesentrophäe übernahm.

Die unbändige Lust auf Trophäen ist letztlich der Hauptgrund für die Gatterjagd. Erst wenn es Hormonabgaben und Zuchtprogramme gibt, können Geweihe und Zähne Rekordmaße annehmen. Und damit eng verbunden sind die zahlreichen Zuchtgatter in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark, obwohl in diesen Bundesländern gar nicht im Gatter gejagt werden darf. Ein Oberösterreicher wirbt in Anzeigen in Jagdzeitschriften mit Nachkommen seines Rekordhirschs um KundInnen. Die Anlieferung im Spezialtransport und die Sedierung durch TierärztInnen inbegriffen. Aber auch die Wintergatter sind weitgehend auf die Trophäensucht zurück zu führen. Es heißt, dass erst ab 70 Individuen die Wahrscheinlichkeit ausreichend groß ist, darunter einen besonderen Trophäenträger zu finden. Also muss in die Masse investiert werden.

Die JägerInnen haben heute schlagkräftige Gewehre für ihr Jagdvergnügen, einen „fairen“ Kampf mit ihren Opfern kann man das nicht nennen. Und trotzdem zielt die sogenannte „Weidgerechtigkeit“ auf diese Pseudofairness ab. So darf man nicht mit Restlichtverstärkern und anderen technischen Hilfsmitteln jagen, und der Schuss auf sitzende Fasane oder Hasen ist verpönt. Ein „fairer“ Kampf mit der lebensbedrohenden Bestie wird inszeniert, als Beweis liefert man danach die Trophäen. So groß und gefährlich war das Tier, so ein riesiges Geweih, so furchterregende Zähne hatte es. Der Mut des Helden und Retters der Frauen und Kinder steigt mit der Dimension der Trophäe.

Bei der Gatterjagd erreicht die Inszenierung ihren Höhepunkt. Die „Bestien“ wurden dafür nicht nur eigens gezüchtet, sondern extra vorher noch in den umzäunten Bereich gekarrt. Dort werden sie von Hundemeuten und Treiberkolonnen im Kreis gehetzt, bis auch der einfältigste Schütze irgendwann einmal trifft. Doch das Gatter muss groß genug sein, um den Schein zu wahren. Es muss wenigstens noch irgendwie so wirken, als wäre der große weiße Jäger in der unberührten, exotischen Wildnis und würde nach langen Wochen der Pirsch auf die gefährliche, alles bedrohende Bestie stoßen. Und dann der Kampf um Leben und Tod, Mann gegen Biest, Kultur gegen Natur, Zivilisation gegen Wildnis.

Doch die Wahrheit ist armselig. Da hockt ein kleines Würstel, das auf sich gestellt keinen Tag in einer echten Wildnis überleben würde, in einem umzäunten Areal und ballert von seinem Hochsitz aus auf total verängstigte Tiere, die in Panik hin und her laufen. Und trifft er nicht gleich, dann kommen dieselben Tiere wenig später wieder vorbei. Wo sollten sie denn hin?

Es ist Zeit, diesem unwürdigen Spektakel ein Ende zu bereiten. Kasperltheater schön und gut, aber nicht, wenn leidensfähige Lebewesen involviert sind. Tierschutz geht uns alle an, wie mit Tieren umzugehen ist, muss von der gesamten Gesellschaft entschieden werden. Und dass die große Mehrheit ein absolutes Verbot der Jagd auf gezüchtete Tiere wünscht, hat eine repräsentative Umfrage eindeutig ergeben. Vielleicht finden die GatterjägerInnen bei Computerspielen eine Ersatzbefriedigung – und eine Psychotherapie kann gerade bei solchen Zwangsneurosen durchaus effektiv sein. Schluss mit der Inszenierung dieses lächerlichen Heldenepos auf Kosten von Tieren!

Fotolia/shocky

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