Trumps Amerika: Beten ist verboten!

Wir leben in Zeiten, in denen ein stilles Gebet in den Hallen der Macht als Gefahr begriffen wird. Zeiten, in denen selbst die Worte des Glaubens, getragen von einem müden, aufrechten Mann, von Uniformierten umstellt werden, als wären sie ein Aufstand, nicht ein Flehen.

Am Nachmittag des 28. April 2025, während das Licht schwer auf den Säulen der U.S. Capitol Rotunda lag, kniete Reverend William Barber nieder. Zusammen mit dem Reverend Jonathan Wilson-Hartgrove und Steve Swayne, dem Direktor des St. Francis Springs Prayer Center, begann er zu beten. Minuten später stand ein Ring aus Dutzenden von Polizisten um sie, Plastikfesseln bereit.

Sie beteten im Wechsel, ihre Stimmen erhoben sich wie ein schwacher Wind gegen eine Mauer aus Misstrauen:

„Gegen die Verschwörung der Grausamkeit flehen wir um die Macht deiner Barmherzigkeit.“

Und als die Polizei näher rückte, sprach Barber:

„Wenn wir uns nicht auf die Gerichte und die gesetzgeberische Macht der Menschen verlassen können, dann können wir uns immer noch auf die Macht deiner Liebe, deiner Barmherzigkeit und deiner Wahrheit verlassen.“

Es dauerte nur fünfzehn Minuten, bis sie verhaftet wurden. Drei Männer, drei Gebete – und eine Macht, die so fragil geworden war, dass sie das Flüstern der Gerechtigkeit nicht ertragen konnte.

Normalerweise ist es keine Seltenheit, dass Demonstranten im Kapitol festgenommen werden. Doch diesmal war die Reaktion ungewöhnlich dramatisch: Nach mündlichen Aufforderungen räumte die Polizei die gesamte Rotunde, schloss die Türen, vertrieb selbst akkreditierte Pressevertreter und versperrte jeden Blick auf das Geschehen. Reporter und Besucher wurden gezwungen, das Stockwerk zu verlassen.

Barber, der an einer chronischen Erkrankung leidet, die seine Gehfähigkeit beeinträchtigt, beschrieb seine Begegnung mit der Polizei später als „höflich“, wenngleich die Belastung körperlich schmerzhaft gewesen sei. Er war nur kurz inhaftiert – doch die Bedeutung seiner Verhaftung hallte weit über die Mauern des Kapitols hinaus.

Denn es ging nicht um Lärm. Es ging nicht um Aufruhr. Es ging um ein stilles, hartnäckiges Gebet gegen ein republikanisch geführtes Budget, das Millionen entrechten würde – ein Budget, das den Zugang zu Medicaid, Sozialprogrammen und Schulmahlzeiten bedroht.

Barber, Gründer des Center for Public Theology and Public Policy an der Yale Divinity School, hatte zuvor auf den Stufen des Supreme Courts gesprochen, um den Auftakt einer neuen Phase seiner „Moral Monday“-Bewegung zu markieren: Wöchentliche Proteste, Woche für Woche, getragen von der Überzeugung, dass Schweigen Mittäterschaft bedeutet.

„Wenn ihre törichten Haushaltspläne 36 Millionen Menschen aus der Krankenversicherung werfen könnten … wenn Millionen armer Kinder ihr Schulessen verlieren … wenn sie sich weigern, den Mindestlohn auf 16 Dollar anzuheben – dann müssen wir beten: Gott, gib uns den Mut, standzuhalten!“, hatte Barber bei einer „Hands Off“-Kundgebung Anfang April gerufen.

Und wieder in der Rotunde klagte er:

„Zu glauben, dass man ins Kapitol kommt, um zu beten – gegen ein Budget, ja, aber dennoch zu beten – und dafür verhaftet wird. Das zeigt: Wenn wir jetzt nicht für Gerechtigkeit aufstehen, wird es vielleicht bald keine Stimme mehr geben, die gehört wird.“

Die Polizei verteidigte ihr Vorgehen: Demonstrationen seien im Kapitol nicht erlaubt, hieß es, weder Sitzen noch Knien, weder gemeinsames Beten noch Singen oder Rufen. Auch die Presse habe kein Recht, in nicht genehmigten Veranstaltungen in der Rotunde zu verweilen.

Doch der Kontrast war offenkundig: Im März 2023 hatte der rechtsgerichtete Musiker und Aktivist Sean Feucht dort einen mehrstündigen Gottesdienst abgehalten, begleitet von Abgeordneten wie Lauren Boebert. Niemand wurde damals verhaftet.

Warum dürfen manche beten und andere nicht?, fragte Wilson-Hartgrove nach seiner Freilassung.

„Ich bete als Teil meiner seelsorgerischen Verantwortung.“

Die Verhaftung von Barber war umso brisanter, da Präsident Donald Trump nur Tage zuvor eine „Taskforce gegen antichristliche Voreingenommenheit“ im Justizministerium ins Leben gerufen hatte – geleitet von Pam Bondi.

„Wie kann eine Regierung, die vorgibt, Christen zu schützen, einen Mann wie Barber für ein Gebet verhaften?“, fragte Anthea Butler, Professorin für Religionswissenschaft an der University of Pennsylvania.

Der Reverend Paul Raushenbush von der Interfaith Alliance ergänzte: „Sie wollen keine Christen verteidigen. Sie wollen Trump-treue Christen verteidigen.“

Die Kundgebung, die der Gebetsaktion vorausging, war von Barbers Organisation Repairers of the Breach organisiert worden. Redner wie Teresa Hord Owens (Christian Church, Disciples of Christ), Sheila Katz (National Council of Jewish Women), Imam Talib Shareef (Masjid Muhammad) und Marc Morial (National Urban League) hatten die sozialen Verheerungen angeprangert, die dieses Budget für Frauen, Kinder und Arbeiter bedeuten würde.

Barber aber ging es um mehr als Zahlen und Haushaltslinien. Es ging ihm um das Herz der Nation.

„Jemand muss es sagen. Jemand muss sich diesem Budget widersetzen.“

Er marschierte mit Geistlichen vom Supreme Court zum Kapitol, um das Haus des Volkes daran zu erinnern, wem es dienen sollte. Dutzende Polizisten standen bereit, lange bevor er eintraf.

Und so wurde dieser 28. April nicht einfach ein Tag der Verhaftung. Er wurde ein stiller Aufstand – gegen die neue Definition von Loyalität, die Glauben nur dann duldet, wenn er den Mächtigen dient.

Barber selbst ließ keinen Zweifel:

„Wie Jesus die Tische der Geldwechsler umstieß, so müssen auch wir bereit sein, unsere Körper einzusetzen, um die Nation aufzuwecken. Nicht um der Verhaftung willen. Sondern um die Aufmerksamkeit auf das Leid der Vergessenen zu lenken.“

Und während die Kuppel des Kapitols weiter in der Abendsonne glänzte, blieb in den Schatten der Säulen etwas zurück: das Echo eines Gebets, das stärker war als die Fesseln, die seine Stimme zum Schweigen bringen wollten.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

8 Kommentare

Mehr von NIUS