Kiffen, Rauchen und Saufen gefährden die Nutztierwirtschaft

Dicke und dünne, große und kleine, junge und alte – alle Gesundheitsapostel hatten den Mund plötzlich auf den Millimeter genau gleich weit offen. Da hatte sich eine falsche Frage in unser Ernährungsseminar verirrt: „Warum schütten diese Südländer schon zum Frühstück ein Schnäpschen nach dem schwarzen Kaffee in sich rein, rauchen schamlos drei filterlose Zigaretten dazu – und werden dennoch oft älter als wir?!“,  wollte ein eifersüchtiger Asket wissen. Und dann kam’s noch dicker: „Die sind wahrscheinlich weniger gestresst und psychisch ausgeglichener“, antwortete unserer Ernährungsexperte kleinlaut, aber erschreckend gut hörbar.

Wird da nicht unsere brave Mäßigung von maßlosen Genussmenschen verhöhnt? Oder werden wir gar vom Staat und seinen Wirtschaftskapitänen verhöhnt? Steckt in dem fürsorglichen Gesundheitsgefasel rund um Alkohol, Zigaretten und dem gefährlichen K-Wort gar ein gemeiner Hintergedanke a là „Nur ein physisch einigermaßen fitter Mensch erträgt psychische Schläge und taugt zur kapitalistischen Nutztierwirtschaft“?

Klar, der Alkohol zum Beispiel hat in der Mythologie und Menschheitsgeschichte jede Menge angerichtet: Schon im Gilgamesch-Epos tappt das tierische Wesen Enkido mit Bier in die Falle und wird durch den hinterhältigen Gerstensaft zum Menschen. Und auch die krausen Friedensphantasien eines gewissen Herrn Jesus sollen bloß üble Ausdünstungen des Weinkonsums gewesen sein. – „Voll süssen Weines“ war er und seine Rasselbande, fluchte die römische Staatsmacht. Und ganz zu schweigen, welche verheerenden Spuren staats- und wirtschaftsfeindliche Drogen in den ‚schönen‘ Künsten hinterlassen: Immer wenn’s Aufruhr gibt, kriecht so ein Suchtkrawaller unter dem Deckmantel der Kunst hervor. Stinkt nach Alkohol und Rauch, hat geweitete Pupillen – und will trotzdem den gesellschaftspolitischen Durchblick haben! Da lobe ich mir (und gewiss auch viele Krone-Journalisten) den Herrn Landgrafen Moritz von Hessen, der schon im Jahre 1600 kapierte, dass der Macht die Zügel entgleiten könnten, sollte nicht endlich Mäßigung einkehren, und jeder nur noch höchstens 7 (!) Becher Wein pro Mahlzeit trinken. Was für ein wichtiger Vorbote der späteren Industrialisierung, die schließlich ihre Hungerlöhne mit strikten Genussverboten auffettete.

Egal wie wir die Mythologie und Geschichte drehen und wenden: Der Genuss ist der Macht und ihrem jeweiligen Arbeits- und Wirtschaftssystemen stets in die Quere gekommen. ‚Leichte‘ Gedanken sind selbst für schwere Ketten gefährlich. Nur die Diffamierung des Genussmenschen hat sich durch die Jahrtausende gewandelt und gebärdet sich nun mit der aktuellen Kiffer-Debatte in Österreich besonders infam: Der Staat schützt die Gesundheit seiner Sklaven. Noch nie war Nutztierwirtschaft so fürsorglich und selbstlos.

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MartinMartin

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fischundfleisch

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