Wenn Form und klassischer Dünkel in den Hintergrund geraten, kann sich Magie entfalten. Während Teil 1 dieser Reihe sich ausschließlich dem 19. Jahrhundert, vor allem dem Fin de Siècle widmete, versucht Teil 2 einen Abriss der diversen musikalischen Zeitalter zu absolvieren.

Da pure Chronologie langweilig ist, beginne ich aber mit einem zeitlosen Werk der jüngeren Vergangenheit, eigentlich bekannt und doch vergessen. Wenn Musik pures Herz repräsentieren kann, dann ist es diese:

Charlie Chaplin (1889 - 1977) | Smile (aus "Modern Times" )

Charlie Chaplin war auch ein hervorragender Violinist und spielte und komponierte die Musik für seine Filme oft selbst, so auch hier. Seinen ersten Oscar überhaupt erhielt er für seine Filmmusik zu Limelight (Rampenlicht).

Kuriosum am Rande: Chaplin war korrespondierendes Mitglied der Akademie der Künste der DDR.

Und jetzt ganz weit zurück: Pachelbels berühmter Kanon. Achtet einmal weniger auf die schöne Melodie, sondern auf die konsequente Kanonstruktur, wie also immer neue Motive zu den vorhergehenden dazukommen. In dieser Virtuosität ist das fast einmalig in der Musikgeschichte und selbst Bach war einer von Pachelbels Bewunderern.

Johann Pachelbel (1653 – 1706) | Kanon in D-Dur | Barock

Pachelbel ist wie Bach ein Komponist des Barock (1600 - 1750), aber ca. eine Generation älter. Er war der Lehrer von Bachs älterem Bruder und komponierte die obige Musik für dessen Hochzeit. Bis heute wird der Kanon vor allem in den USA gerne als Alternative zum Hochzeitsmarsch von Wagner verwendet. Angeblich diente dieser Kanon als Vorlage für unzählige spätere Kompositionen, u. a. die russische Nationalhymne. Die Ähnlichkeit hält sich aber in Grenzen.

Wolfgang Amadeus Mozart (1756 - 1791) | Ave Verum Corpus | Wiener Klassik

Entgegen hartnäckigen Gerüchten war Mozart nicht arm gestorben. Sein durchschnittliches Jahreseinkommen lag mit ca. 10.000 Gulden etwa 1000-fach (!) über dem einer normalen Dienstmagd. Allerdings lebte er auf großem Fuß, beschäftigte umfangreiches Personal, verspielte womöglich größere Geldsummen. Zum Zeitpunkt seines Todes war er verschuldet, aber nach wie vor kreditwürdig.

Frédéric Chopin (1810 - 1849) | Tristesse | Romantik

Chopin selber bezeichnete die „Tristesse“ einmal als die schönste Melodie, die ihm je eingefallen sei. Sein Freund und Kollege Franz Liszt schrieb nach seinem frühen Tod über ihn:

„Er liebte Blumen über alles und verstand es kraft seines natürlichen Geschmacksempfindens zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig die richtige Linie des 'comme il faut' zu wahren“

Edward Elgar (1857 – 1934) | Enigma Variationen – Nimrod | Spätromantik

Wie die meisten englischen Komponisten bewegte sich auch Elgar etwas abseits der europäischen Strömungen und Epochen. Er wird der Spätromantik zugerechnet, auch wenn er dafür fast ein wenig spät dran war. Sein bekanntestes Werk ist „Pomp and Circumstance“. Der Marsch daraus ist fast so etwas wie die zweite, heimliche Nationalhymne der Engländer.

Die berühmte Arabesque von Debussy, eigentlich für Klavier geschrieben, hier aber in einer virtuosen Marimba-Interpretation. Fast schon ballettös, wie sich das junge Mädel des riesigen Instruments bemächtigt.

Claude Debussy (1862 - 1918) | Arabesque Nr. 1 | Impressionismus

Debussy hat nicht nur, wie in Teil 1 beschrieben, die Klaviermusik revolutioniert, sondern auch dem Orchester bis dato nie gekannte flirrende, glitzernde, atmosphärische Klänge entlockt:

Claude Debussy (1862 - 1918) | Rêverie | Impressionismus

Übrigens: Der Impressionismus (1890 - 1920) ist in der Musik keine eigenständige Epoche, sondern eine Stilrichtung, die zeitlich in der Spätromantik anzusiedeln ist. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es eigentlich keine musikalischen Epochen mehr, sondern unterschiedliche Stilrichtungen und bestenfalls Dekaden, die von ihnen dominiert sind.

Zum Abschluss der Chronologie landen wir in der Jetztzeit, bei Ennio Morricone. Der Westernklassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ wird meist mit dem berühmten Mundharmonica-Motiv assoziiert. Das eigentliche Titelthema geht darüber oft unter, weshalb es hier vorgestellt wird:

Ennio Morricone (* 1928) | Spiel mir das Lied vom Tod - Titelthema

Obwohl zeitgenössischer Komponist, wird Morricone der Nuova Consonanza zugerechnet, was sowohl ein Ensemble war, dem er angehörte, als auch eine insbesondere die Filmmusik nachhaltig prägende neue Stilrichtung.

Siehe auch Teil 1 dieser Klassik-Reihe:

https://www.fischundfleisch.com/pommes/perlen-der-klassik-magische-momente-44423

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