Türkei – Präsident Erdoğan „persona non grata“

Józef Brandt (1841-1915) https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Józef_Brandt&oldid=148269046

Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigt sein wahres Gesicht. Vorbei sind die Zeiten, wo er mit einem Janus-Kopf freundlich in Richtung EU blickte, während er auf der anderen Seite seine despotischen Spiele gegen die Kurden trieb und gleichzeitig in heimlicher Sympathie zum IS stand. Wie von „DIE WELT“ am 13.01.2016 berichtet wurde, bekennt sich Erdoğan nun in aller Öffentlichkeit zu seinem Kurs gegen die PKK, aber nicht gegen den IS als primärem Ziel. Es scheint sogar genau das Gegenteil der Fall, da Erdoğan immer wieder vorgeworfen wird, durch illegale Ölkäufe den IS finanziell, wie auch mit dem Durchschleusen von Kämpfern und Kriegsmaterial, zu unterstützen.

Wie schon in den vergangenen Wochen mehrfach von den Medien berichtet, ist die Kurden-Region im Grenzgebiet zu Syrien, zum Ziel massiver Angriffe seitens der türkischen Streitkräfte geworden. Die Zivilbevölkerung ist ebenso Opfer, wie die Rebellen der PKK. Medien sprechen von einem Bürgerkrieg.

Während der Selbstmordanschlag in Istanbul (13.01.2016), bei dem 10 ausländische Touristen zu Tode gekommen sind und mehrere zum Teil schwer verletzt wurden, überraschend schnell von den Behörden als IS-Anschlag aufgeklärt wurde, hat der Anschlag in Ankara (10.10.2015) über 100 Todesopfer bei einer friedlichen Demonstration prokurdischer Sympathisanten gefordert, keinen großen Ermittlungseifer ausgelöst.

Die zunehmend nun immer offener betriebene menschverachtende Innenpolitik Erdoğans zeigt sich auch am Beispiel einer Petition, in der Erdoğan von rund 1100 türkischen Wissenschaftlern, also einem Gutteil der geistigen Elite des Landes, zur Mäßigung in seinem Vorgehen gegen die Kurden aufgerufen wurde. Die zuständigen Universitäten erstatten (unter dem Druck der Regierung?) Anzeigen gegen jene Wissenschaftler bzw. leiten Disziplinarverfahren gegen sie ein. Da diese Wissenschaftler von Erdoğan auch als „subversive“ Kräfte bezeichnet werden, ist zudem eine massive strafrechtliche Verfolgung durch die Behörden zu erwarten. Wie schon in seinem jüngsten Vorgehen gegen regierungskritische Medien, sorgen Präsident Erdoğan und Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu für die absolute Unterdrückung jeglichen Widerspruchs und dies mit immer härteren Mitteln.

Wie gleichgültig ihm andere Nationen sind, hat er im November 2015 deutlich am Abschuss eines russischen Kampfjets über syrischem Gebiet demonstriert. Nur dank Putins Vernunft kam es zu keiner weiteren Eskalation mit der Türkei, als auch der NATO.

Auch gegenüber der EU lässt Erdoğan seine Maske fallen. Warum auch nicht? Die EU zerbröckelt immer mehr unter den Problemen der Flüchtlingskrise, wobei ein Abdriften in die ehemaligen Nationalitäten unaufhaltsam scheint. Zu gut hat die Angst schürende und irreführende Propaganda rechtsgerichteter und EU-feindlicher Politakteure ihre Spuren hinterlassen. Erdoğan hat nicht nur gelernt, dass knapp 2 Millionen in der Türkei untergebrachte Flüchtlinge, ein wirksames Druckmittel gegen die EU sind, sondern dass sich diese auch sehr gut zur zusätzlichen Destabilisierung der EU eignen. Das gesteuerte Einsickern von Flüchtlingen über Griechenland, das derzeit wohl ärmste Land der EU, kann an der Küste Griechenlands nicht mehr verhindert werden. Diese absolut notwendige Humanitätsleistung benutzt Erdoğan für seine Form der EU-Politik. Offensichtlich spekuliert er bereits darauf, dass es demnächst keine EU mehr gibt, der er beitreten könnte.

Die stark angeschlagene EU-Politik, zerrissen durch innen- und zwischenparteiliche Machtkämpfe, längst nicht mehr an einem Strang ziehend, versucht mit Versprechen von Milliardenzuwendungen und einer vereinfachten Visapolitik, Erdoğan weiter gewogen zu halten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die EU die Türkei als Transitland für den Handelsverkehr dringend braucht. Und selbstverständlich auch als NATO-Stützpunkt im Kampf gegen den IS.

Wie steht jedoch die türkische Bevölkerung dazu? Da die offene und wahrheitsgemäße Berichterstattung in der Türkei unterbrochen scheint, wird die türkische Bevölkerung wohl nur noch über Berichte von im Ausland lebenden Verwandten und Freunden über die tatsächlichen Verhältnisse in ihrem Land informiert werden. Doch selbst wenn sich das Volk der Türkei gegen ihren Diktator erheben würde, wäre es wohl nur ein weiteres Opfer der Unterdrückungspolitik Erdoğans.

Und was soll die EU tun? Ihre an Lächerlichkeit grenzenden Zwistigkeiten im Interesse der ihnen anverantworteten Menschen einstellen, jeden Politiker, dem es nur um die eigenen Ziele geht, jeglicher Verantwortung entbinden und sich im Sinne eines echten Staatenbundes den aktuellen Problemen stellen. Ihre Bevölkerungen richtig zu informieren und ebenso in die Verantwortung einer Lösung einbinden. Jedoch in einem Maße, in dem Verantwortung nicht aufgebürdet wird, sondern getragen werden kann.

Letztendlich aber auch, Erdoğan endlich als „persona non grata“ zu führen – mit allen Konsequenzen.

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