Die zunehmende Gefahr von spontanen, als auch geplanten Terrorattacken bei uns in Europa, ruft bei vielen Menschen das Bedürfnis hervor, sich und seine Familie mittels einer Waffe zu schützen. Ein durchaus verständlicher Wunsch, sind wir zumeist doch nicht in Selbstverteidigung trainiert und möchten uns in einer Gefahrensituation auch als der Stärkere erweisen. Es ist aber nicht nur die latente Terrorgefahr, die unseren gefühlten Schutzbedarf steigen lässt. Es sind auch die häufigen Gewaltakte wie zuletzt in den USA, Orlando (Salzburger Nachrichten), wo 50 Menschen zu Tode kamen und über 50 zum Teil schwer verletzt wurden oder die Ermordung der 22-jährigen US-Sängerin Christina Grimmie (MDR).

Damit stellt sich die Frage: Braucht unsere Zivilgesellschaft überhaupt Waffen?

Diese Frage kann weder mit einem klaren Nein bzw. Ja beantwortet werden. Denn solange es in unserer Gesellschaft Waffen und den Zugang dazu gibt, muss es adäquate Möglichkeiten zum Schutz davor geben. Auch zivilisatorisch haben wir es noch nicht geschafft, uns vollständig über Gewalt als Lösung hinaus zu entwickeln. Alleine daran zu erkennen, dass die Hauptproduzenten für Waffen und Kriegsgerät ihren Sitz in „zivilisierten“ Ländern haben – Ost wie West, und weltweit ein Handelsvolumen von jährlich mehreren Billionen Dollar/Euro umgesetzt wird, wobei in vielen (armen) Ländern Konflikte geschürt werden, damit die Abnehmer nicht weniger werden. Rohstoffe und Geld im Tausch gegen Waffen.

Ausläufer dieser Konflikte erreichen damit auch immer wieder unsere eigentlich friedlichen Regionen. Fluchtbewegungen und der Zuzug aus ärmlichen Regionen unserer Welt, angefangen bei Teilen der ehemaligen Oststaaten, über den Nahen und Mittleren Osten bis über weite Teile Afrikas, erzeugen zusätzliche Konflikte in unseren Heimaten. Wobei hier ernsthaft gefragt werden muss, von welcher Seite die höhere Gewaltbereitschaft ausgeht. Sind es die Zuwanderer selbst oder radikalbereite Elemente, die diese Zuwanderung verhindern wollen? Vor wem braucht unsere Gesellschaft mehr Schutz? Ist es vielleicht der verbal aggressive Socialmedia-User, der eines Tages beschließt, seinen Aggressionen auch körperlich Luft zu verschaffen? Oder brauchen Flüchtlinge unser verstärktes Augenmerk, weil der eine oder andere ganz „unzivilisierte“ Straftaten begeht?

Fast gänzlich aus dem Fokus unserer Wahrnehmung sind bisweilen Ereignisse geraten, wie aktuell die Fan-Schlachten zwischen Briten vs. Briten und Briten vs. Russen oder Demos (europaweit), wo Linke auf Rechte treffen und die Polizei mit Tränengas, Pfefferspray und Wasserwerfern dazwischen gehen muss. Und dann gibt es noch die häusliche Gewalt, wo Ehepartner mit Messern aufeinander losgehen. Und und und... Die Gewalt ist noch immer ein fester Bestandtei unserer Gesellschaft.

In vielen dieser Fälle sind Szenarien denkbar, in denen Waffen zum Selbstschutz angebracht wären. Die täglichen News versorgen uns mit allen Formen der Gewalt und den damit verbundenen Ängsten. Aber würde der Besitz einer (Schuss-)Waffe überhaupt den benötigten Schutz liefern? An dieser Stelle ein klares Nein! Warum? Einerseits sind wir ziemlich gewaltfrei aufgewachsen. Unsere Instinkte und Reaktionsmechanismen sind nicht mehr ausreichend ausgeprägt, um einem ernsthaft gewaltbereiten Gegner wirksam entgegenzutreten. Im Regelfall sind wir im Umgang mit einer Waffe auch nicht geschult. Und letztendlich kommen noch die uns anerzogenen Hemmungen hinzu, einem Mitmenschen (tödliche) Gewalt zuzufügen. Im Ernstfall würde bei den meisten von uns der Angstreflex überwiegen. Solchermaßen würden wir einen Gegner wahrscheinlich noch mit einer effektiveren Waffe versorgen, als die, mit der er uns bedroht hat. Beobachtet man zufällige Live-Mitschnitte von Schusswaffenattentaten, sieht man die Betroffenen zumeist erst einmal sekundenlang orientierungslos herumstehen. Erst dann werfen sich einige auf den Boden oder suchen hinter Gegenständen Schutz, während andere hysterisch kreischend planlos durch die Gegend irren und so erst recht zu Opfern werden. Kaum jemand würde in so einer Situation auf den Gedanken kommen, einem Attentäter entgegenzutreten. Diese Helden gibt es nur in Actionfilmen.

Aber wie soll man in so einer Situation reagieren? Wie soll man(n)/frau generell auf die scheinbar zunehmende Gefahr sinnvoll reagieren?

Sehr wahrscheinlich mit einem geordneten Rückzug, wann immer dies möglich ist. Was genau entscheidet der Individualfall. Präventiv gesehen, ist sicher ein den körperlichen Eignungen entsprechender Selbstverteidigungskurs und ein Schusswaffentraining (man muss dazu keine eigene Schusswaffe besitzen) keine schlechte Lösung. Man kann hierdurch zumindest Gefahrensituationen besser beurteilen, Schusswaffen betrachtet man danach mit Respekt und nicht mit reiner Angst und es hilft der Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten.

Soweit es Schusswaffen betrifft – kommt man wirklich in eine Situation, in der Schusswaffen eine Rolle spielen, hat man zumindest gelernt damit umzugehen.

In den eher alltäglichen Gefahrensituationen genügen oft ein beherzt ausgesprochenes „Buh!!“ oder wenn es nicht anders geht, ein Pfefferspray. Wer sich das nicht zutraut - nun ja, Flucht ist keine Schande.

Noch ein kurzer Exkurs ins österreichische Waffenrecht: Wie sieht es in der Realität mit Waffenbesitz aus?

In Österreich ist dies relativ einfach geregelt. Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist im Grunde verboten. Während abgesehen von einer Jagdkarte (Help.gv.at), eine Waffenbesitzkarte (Help.gv.at) bei Unbescholtenheit und Vollendung des 21. Lebensjahres, sowie Ablegen eines psychologischen Eignungstestes, noch ziemlich einfach zu erlangen ist, wird der Waffenpass (Help.gv.at) – der auch das Tragen der Waffe erlaubt, nur noch in Ausnahmesituationen gewährt. In der Waffenbesitzkarte können 2 Waffen der Kat. B (BMI, Leitfaden zum zentralen Waffenregister) eingetragen werden.

Welche Waffe darf ich besitzen bzw. wann zur Notwehr benutzen?

Es gibt eine Unzahl von Waffen, zumal sich fast jeder Gegenstand auch in eine Waffe verwandeln lässt. Hieb- und Stichwaffen, Schusswaffen und deren Munition, Kriegsgeräte wie Sprengwaffen und eine breite Gruppe an reinen Defensivwaffen (z.B. Pfefferspray). Das Beruhigende daran – die meisten Waffen sind hierzulande für Otto-Normalbürger verboten bzw. unzugänglich oder bedürfen einer ausdrücklichen Berechtigung. Somit haben es auch die verschiedensten Tätergruppen sehr schwer, beispielsweise an automatische Waffen und Sprengmittel zu gelangen.

Generell gelten lt. österr. Waffengesetz §17 "Verbotene Waffen" (Jusline.at) und §18 "Kriegsmaterial" (Jusline.at) „getarnte Waffen“, „umgerüstete Waffen“ und bestimmte Hiebwaffen als verboten. Die österreichische Rechtsordnung „erlaubt“ dafür Messer in breitem Umfang, wobei nur die Bauart darüber entscheidet, ob ein Messer primär als Gebrauchsgegenstand oder überwiegend als Waffe anzusehen ist (Exkurs; Messer-Portal.com).

Was im (straf-)rechtlichen Sinn unter Notwehr zu verstehen ist und ab wann man selbst zum Täter wird, ist im §3 StGB geregelt (Jusline.at; mit Kommentar). Einfacher gesagt – Flucht geht vor Notwehr, Eigentumsverlust vor Gewaltanwendung.

Detaillierte Auskünfte zum Thema Waffen erteilen Polizeidienststellen, das Innenministerium und Waffengeschäfte.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 16.06.2016 17:31:54

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