Hohe Impfquoten = Mehr Tote? Die wirkliche Korrelation statt Fakenews.

Diese Grafik

https://www.utebergner.de/cms/wp-content/uploads/2021/11/%C3%9Cbersterblichkeit-KW-36-bis-40-in-2021-003.pdf

hatte ich schon hier besprochen.

Bevor ich zum Thema dieses Blogs komme, kopiere ich auf Wunsch der Autoren der "kurzen Notiz" mit jener Grafik im Folgenden wieder ihre Stellungnahme vom 24.11.2021:

"Am 16. November haben wir für die Abgeordnete des Thüringer Landtags, Frau Dr. Ute Bergner, eine kurze Notiz verfasst. Der Anlass war eine Aktuelle Stunde des Landtags zur Corona-Maßnahmenpolitik. Der Bericht war ausschließlich für diesen Zweck bestimmt. Wir haben der Weitergabe an das Thüringer Gesundheitsministerium zugestimmt und, nach deren Anfrage, auch an die CDU-Fraktion. Die berichtete und überraschende Korrelation sollte Anlass für weitere Diskussionen und Analysen sein. Wir bedauern, dass diese Notiz eine solche Verbreitung gefunden hat. Die Verbreitung und Weitergabe der Notiz im Internet und den sozialen Medien haben wir nicht autorisiert oder sie gar veranlasst.

Zur Klarstellung: Es handelt sich bei der Notiz weder um eine wissenschaftliche Publikation noch um eine fundierte wissenschaftliche Studie, die unseren eigenen Qualitätsstandards genügt. Unsere Notiz beweist keineswegs, dass eine erhöhte Impfquote zu einer erhöhten Sterbewahrscheinlichkeit führt. Wir möchten auch nicht, dass sie dahingehend fehlinterpretiert wird. Es gibt zahlreiche Gründe, welche die gefundene positive Korrelation erklären könnten, ohne einen negativen Effekt der Impfquote auf die Übersterblichkeit zu implizieren. Um die aktuelle Übersterblichkeit zu erklären, sind umfassendere wissenschaftliche Analysen geboten. Unter Hinzunahme der jetzt verfügbaren KW 41 ist übrigens die von uns letzte Woche berichtete positive Korrelation nahezu gleich null.

Wir bitten, dass diese Stellungnahme überall dort zur Kenntnis gebracht wird, wo aus unserer Notiz zitiert wird, oder diese gar in Gänze übernommen wurde.

24. Nov. 2021

Rolf Steyer und Gregor Kappler" Zitat Ende.

Die Passage "Unter Hinzunahme der jetzt verfügbaren KW 41 ist übrigens die von uns letzte Woche berichtete positive Korrelation nahezu gleich null." bezieht sich auf folgende Passage in der 1.Notiz:

"Die Korrelation beträgt + .31, ist erstaunlich hoch und vor allem in einer unerwarteten Richtung.Eigentlich sollte sie negativ sein, so dass man sagen könnte: Je höher die Impfquote, desto niedriger die Übersterblichkeit. Das Gegenteil ist aber der Fall und dies bedarf dringend der Klärung."

Letztere war und ist natürlich ein gefundenes Fressen für Coronaleugner und Impfgegner, das sich mit der aktuellen Stellungnahme der Autoren bildlich in Luft auflöst.

Versucht man die Berechnungen anhand der Quellen Destatis (Download vom 23.11.2021) und RKI (Download vom 26.11.2021) nachzustellen, dann erhält man die folgende Grafik:

eigene Auswertung

Die Steigung der braunen Excel-Trendlinie ist mit -0,0143 schwach negativ und zeigt daher das, was laut Prof.Dr.Steyer und Dr.Kappler zu erwarten wäre: "Je höher die Impfquote, desto niedriger die Übersterblichkeit". Die Korrelation (als Wurzel des Bestimmtheitsmaßes, das ich hier ausgeblendet habe) beträgt nur äußerst schwache -0,02.

Eine Bewertung in der 1.Notiz im Sinne von "Das Gegenteil ist aber der Fall" ist daher nur nach einer "Aufbereitung" der Daten möglich - vermutlich indem man die kleineren Bundesländer per Gewichtung der Bevölkerungszahlen so weit in die Bedeutungslosigkeit versenkt und den Fokus passend auf die bevölkerungsreicheren Länder fixiert, so daß die besagte "Korrelation 0,31" rauskommt.

Hier nun ein Diagramm, wie es die Autoren bei Einbeziehung der Woche 41 als Auslöser ihrer Stellungnahme gesehen haben dürften - und weil der Destatis-Download inzwischen bis einschl. Woche 42 geht, gleich noch das aktuellste Diagramm:

eigene Auswertung

Die X-Werte (Impfquoten "vollständig" der Länder mit Stand 26.11.2021) habe ich unverändert von den oben verlinkten RKI-Daten übernommen.

Hier betragen die Korrelationen immerhin -0,503 bzw. -0,55.

Die Änderungen der Trendliniensteigungen von -0,0143 nach -0,2532 und -0,4993 kann man ohne weiteres als rasant bezeichnen, wenn man sie mit der Entwicklung der bundesweiten "Vollständig-Impfquote" in Woche 40 bis 42 vergleicht : 64,7% -> 65,2% -> 65,7%.

Die Wahrscheinlichkeit auf eine zeitlich verläßliche Korrelation von Länder-Übersterblichkeiten und -Impfquoten erscheint damit -vorsichtig ausgedrückt- eher gering.

Umso interessanter erscheint es, die wirkliche(n) Einflußgröße(n) für die unterschiedlichen Länder-Übersterblichkeiten zu finden. Dazu verglich ich die Steigung der besagten Trendlinie (wieder mit den Länder-Impfquotendaten vom 26.11.2021, um die Ordnung der X-Achse beizubehalten) mit etlichen thematisch naheliegenden Einflußgrößen.

Als aussagekräftigstes Diagramm kam das hier heraus:

eigene Auswertung

Anfang 2021 (= in der linken Hälfte der Grafik) kann die Impfquote mit weniger als 20% noch keine merkliche Wirkung auf die Übersterblichkeiten gehabt haben.

Bemerkenswert: der Verlauf der Corona-Todesfälle wirkt ungefähr wie die gespiegelte Verlaufslinie der Trendlinien-Steigung (braun), und die pendelt am engsten um den Wert 0,0 (= keine Korrelation) herum, solange die Zahl der Corona-Todesfälle minimal ist (ca. Woche 25 bis 37). Genau dann ist die Verläßlichkeit einer Analyse wie von Steyer und Kappler am höchsten, denn eine Infektionswelle mit vielen möglicherweise verhinderten Corona-Todesfällen aufgrund der Impfungen könnte ja eine ähnliche Anzahl von Impftoten weg-kompensieren und damit das Ergebnis ihrer Analyse verzerren. Optimalerweise hätten sie daher das Intervall von Woche 31 bis 35 statt 36 bis 40 auswerten sollen.

Schauen wir uns nun noch die "Rohdaten" der einzelnen Länder in der Zeit mit minimaler Corona-Sterblichkeit an = die Übersterblichkeiten im 5-Wochen-Mittel:

eigene Auswertung

Der Zickzackverlauf etlicher Linien zeigt, wie chaotisch sich die Rohdaten der Steyer-Kappler-Analyse schon in dieser "ruhigen Phase" ändern können - trotz der "Glättung" per 5-Wochen-Mittelwert.

Meine Folgerung, auch wenn Steyer und Kappler Professoren bzw. Doktoren sind:

Mit ihrem Ansatz lassen sich größtenteils nur Momentaufnahmen von statistischem Rauschen erzeugen, und die sind hinsichtlich einer verläßlichen Aussagekraft schlicht und ergreifend wertlos.

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