Kein Menschenhass unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit!

Als wir diese Plattform gründeten, waren wir voller Elan, Begeisterung und Kraft. Ich weiß noch, als mir meine Lieblingsredakteurin @Claudia Weber euphorisch sagte, wie toll und aufregend sie das alles findet. Toll und aufregend ist es noch, Elan, Begeisterung und Kraft sind ungebrochen, allerdings ist die Arbeit anstrengend, und es gibt Tage, an denen wir uns einfach fragen, warum wir uns diesen Wahnsinn überhaupt antun.

FuF ist ein starke Plattform geworden, was an den großartigen Menschen liegt, die hier schreiben. Klar, auch innerhalb der Kerncommunity fliegen manchmal die Fetzen, aber so ist das nun einmal in jeder Gemeinschaft. Wäre es anders, wäre es langweilig. Wenn Außenstehende über die Plattform reden, ohne sie zu kennen, muss ich mich manchmal wundern. Da heißt es: Zu viele Tiere, oh Religion, oh Esoterik, oh Satire, zu rechts, zu links – zu alles. Die wenigsten kennen die vielen sehr guten Texte, die hier täglich hochgehen. Unser starkes Wachstum ist kein Zufall (mal sieben im Vergleich zum Vorjahr), doch wo Licht, da auch Schatten.

FischundFleisch ist eine offene Plattform so wie Facebook (und JA, dieser Vergleich ist zulässig, die Rechtslage und das Prinzip sind das selbe, auch wenn es vielen nicht gefällt). Es funktioniert wie folgt: Jede/r stellt die Blogs/Vlogs selbst online. Wenn die Gesetze eingehalten und keine Personen in Verruf gebracht bzw. Unwahrheiten behauptet werden, bleibt der Beitrag stehen. Wird gegen diese Richtlinien verstoßen, sperren und löschen wir (siehe dazu auch Posting-Regeln). Einigen ist das nicht genug. Sie fordern von uns die totale Kontrolle, dass wir Inhalte freigeben sollen, dass wir bestimmen sollen, was gut ist und was schlecht. Nein, so funktioniert das hier nun einmal nicht.

Ich kann mich noch an einen Shitstorm erinnern, es war mehr als ein Jahr her und der heftigste aller Stürme. Worum ging es? Um den Beitrag einer Frau, die sich erlaubt hat zu sagen, dass sie skeptisch gegenüber Impfungen eingestellt sei. Sie sagte das nicht einmal polemisch, angriffig, sie wetterte nicht gegen die Pharmaindustrie. Es war ein ruhiger Beitrag. Die Folgen? Unbeschreiblich. Es ging so weit, dass ich für den Tod nicht geimpfter Kinder verantwortlich gemacht wurde. "Wie können Sie so etwas nur stehen lassen, Frau Jelincic? Sie haben den Tod von Kindern zu verantworten!" Nun, in Österreich herrscht KEIN Impfzwang. Wenn Ihr eure Kinder nicht impfen lassen wollt, dann müsst Ihr sie a) nicht impfen lassen und dürft es b) auch sagen und c) nicht nur auf Facebook schreiben, sondern auch hier bei uns. Wie gesagt, eine Woche lang hielt es an, spannende Erfahrung. Wir ließen den Blogpost natürlich stehen. Der Falter schrieb in der Folge einen guten Beitrag dazu (endlich hats einer gecheckt!), dieser endete sinngemäß mit: "Was in den USA längst normal ist, stößt in unserem Land auf Unverständnis..." Also. Bitte beachten: Offene Plattform. Einfach melden, wenn Euch was auffällt. Wir sehen es uns an. Bitte meldet es sachlich, wir reagieren immer. Sollten wir nicht reagieren, könnt Ihr uns ja noch immer einheizen.

Während vor einem Jahr das Impfthema die Gemüter erhitzte, ist es heute die Flüchtlingsdiskussion. Selbstverständlich sind Wähler aus allen politischen Lagern bei uns willkommen, ich denke, dass uns niemand vorwerfen kann, dass wir auf FischundFleisch eine Löschkultur verfolgen. Wir haben hier "linke" Schreiber, wir haben hier "rechte" Schreiber, und können mit Stolz sagen, dass wir in eineinhalb Jahren gerade mal ein Dutzend Personen löschen mussten, und das waren fast immer Rechte, eine linksradikale FB-Userin musste letzte Woche "gehen".

Also, wo ist die Grenze? Das fragt Ihr uns so oft. Die Grenze ist für uns erreicht, wenn Angst und Skeptik zu Menschenhass und Rassismus werden. Leider sind die Grenzen oft fließend, und oft passiert es ruhig, sachlich, wie in einem Fall vergangenen Sonntag. Die Grenze ist erreicht, wenn jemand eine rechte Gruppe verteidigt, eine Gruppe, deren Mitglieder immer wieder mit rechten Parolen und aggressiven Aktionen auffallen. Deshalb folgendes:

Die Identitären sind keine normale Jugendorganisation oder Bewegung. Sie werden vom DÖW als rechtsextrem mit stark neofaschistischen Tendenzen beschrieben.

Der Verfassungsschutzbericht, der die Identitären in Österreich beobachtet, schreibt: „Unter dem Deckmantel, das jeweilige Land vor einer „Islamisierung“ und vor Massenzuwanderung schützen zu müssen, wird auf pseudo-intellektueller Grundlage versucht, das eigene rassistisch/nationalistisch geprägte Weltbild zu verschleiern. Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen.“

Identitäre haben die bewusste Strategie den Diskurs zu beeinflussen und nach rechts zu verschieben, sie ersetzen Wörter wie "Rasse" durch "Kultur" und argumentieren mit sogenanntem "Ethnopluralismus" - sie meinen also "Kulturen" sollten sich nicht vermischen und selbst Menschen, in zweiter und dritter Generation wären keine "echten Deutschen oder Österreicher". Bitte lest Euch dazu auch den ausgezeichneten Beitrag von FuF-Blogger @Richard Krauss durch, aktuell Top-Thema – hier

Wenn nun also einer unserer User, Mitglied bei der schlagenden, rechtsextremen Burschenschaft Teutonia in seinem Blogbeitrag die Identitären lobt und tendenziös beschreibt, wie gut ihre Aktion im Audimax war, betreibt er damit nicht nur Verharmlosung, sondern Werbung für die Identitären, womit wir wieder bei der Meinungsfreiheit angelangt wären: die hört auch dort auf, wo andere Personen diffamiert werden, in besagtem Beitrag zu den Identitären wurde Gewerkschafterin Veronika Kronberger abgewertet. Ich habe daraufhin Kontakt zu Kronberger aufgenommen, die sich aus Überzeugung für andere Menschen sehr einsetzt, und möchte mich bei ihr für das gute, sachliche Gespräch bedanken. Veronika sagte mir, dass sie nicht wegschauen will, wenn Unrecht passiert.

Auch mit SP-Politiker Sebastian Bohrn Mena habe ich gesprochen, der den Beitrag zu Recht gemeldet und auf Socialmedia kritisiert hat, es ist wichtig, dass es hier zu konstrukiven Gesprächen kommt. Und ich muss all jene enttäuschen, die mir schon schreiben, ich hätte mich unter Druck setzen lassen. Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt, ich habe hier aus Überzeugung gehandelt. Ich will Menschen, die braune Denke verharmlosen, nicht hier haben.

Mir tut es um den Autor leid, den wir gelöscht haben ja, sehr leid. Herr JM. ist ein sehr intelligenter junger Mann, der noch bis vor kurzem mit herausragenden Texten auffiel, wo es nicht um rechten Dreck ging. Ich wusste nicht, wie er tickt, wo er dabei ist und finde es schade und bedenklich, dass ein so kluger Kopf diese Denke hat. Wenn die intellektuelle Elite nach rechts kippt, dann verheißt das nichts Gutes. JM. hätte Vorbildwirkung, ist clever, gebildet. Schade um seine vielen Talente.

Unser Redaktionsmitglied @Steven Anthropos zeigt wie kein anderer, dass es möglich ist, alte Muster zu durchbrechen. Steven war Neo-Nazi, heute arbeitet er ehrenamtlich bei der Aussteigerinitiative EXIT-Deutschland und diskutiert den Rechtsextremismus auf öffentlichen Veranstaltungen (u.a. mit dem deutschen Innenminister) und in seinen Texten, dank Steven sind wir auch bei #hasshilft dabei. Ich weiß schon, er ist einigen hier "zu links", aber glaubt mir, der Junge ist großartig! Ich wollte das auch mal ganz laut sagen. Danke, Steven!

Auch wenn wir nicht immer perfekt sind: intern diskutieren wir gerne über Themen, bei denen wir nicht immer auf einen Nenner kommen. Auch Kritik von außen nehmen wir ernst und gehen möglichst schnell darauf ein. Wir alle befinden uns stets in einem Prozess und können – gerade durch Diskussionen – lernen. Und dies wollen wir Euch auch mit f+f ermöglichen.

Ich freu mich auf die Diskussion mit Euch im Anschluss, am Abend bin ich wieder online. Bis später!

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denkerdesnutzlosen

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Claudia Drobny-Oertel

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thurnhoferCC

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