Von der Bedeutsamkeit des jüdisch-christlichen Dialogs

Kardinal König war ein Verfechter des interreligiösen Dialogs. Er hat auch die Atheisten mit an Bord genommen, mit ihnen den Dialog gesucht. Der Exklusivitätsanspruch, den manche „Würdenträger“ der katholischen Kirche an den Tag legen, ist absurd und führt zu Diskussionen, die nicht notwendig wären. Zweifellos bedarf es charismatischer und offenherziger Persönlichkeiten, damit die Entwicklung einer Glaubensgemeinschaft fortschreiten, sich entwickeln kann.

Nicht vergessen werden darf, dass das Christentum auf dem Judentum fußt! Jesus war ein Jude, der in erster Linie das Ziel verfolgte, das Judentum zu reformieren. Er hat dieses Ziel mit einer großen Leidenschaft verfolgt. Ihm lag sicher nicht daran, eine neue Religion zu schaffen und zu etablieren. Dass er dann doch – wohl wider Willen – Initiator einer Religion wurde, die seine Botschaft in die Welt hinausträgt, verbindet Judentum und Christentum aufs Innerste miteinander.

Als Christ habe ich einen starken Bezug zum Judentum, Jüdinnen und Juden sind für mich Schwestern und Brüder. Der Dialog zwischen Juden und Christen ist enorm wichtig, wird aber leider seit Jahrzehnten nur bedingt ausgelebt. Es gibt kaum einen Juden, der sich nicht zur Gemeinschaft der Juden bekennt. Das hängt auch mit dem Schicksal zusammen, das Menschen jüdischer Abstammung seit Jahrhunderten eint. Selbst Juden, die ihre Religion nicht ausüben, kämen nie auf die Idee, ihr Judentum zu verleugnen oder zu relativieren. Der Glaube der Juden und der Christen mag verschieden sein, doch sie sind durch die religiöse Ausprägung miteinander verbunden.

Der christliche Kulturkreis hat sich im Laufe von Jahrhunderten etabliert, und vieles Positive hervorgebracht. Soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Organisationen, die armen, schicksalsgebeugten, an den Rand gedrängten Menschen Hilfe anbieten. Nicht alles ist Gold, was glänzt. Die Kirchen haben sich schuldig gemacht, unfassbare Verbrechen zu verantworten. Auf der anderen Seite gibt es geistliche Schwestern und Brüder sowie Priester, die ihren Glauben auch in Zeiten des Nationalsozialismus verteidigt haben, und dafür in KZs oder an anderen Orten umgebracht wurden. Einigen Widerstandskämpfern in diesem Kontext ist auf der Gruppe 40 des Wiener Zentralfriedhofs ein Ehrenhain gewidmet.

Christen sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Immer noch ist es eine starke Glaubensgemeinschaft, wenn es auch ständig Versuche gibt, dieses Band zu zerschlagen. In vielen Ländern Afrikas und Asiens werden Christen verfolgt, umgebracht und missbraucht. Es gilt, mit ihnen solidarisch zu sein! Zudem haben wir Christen die große Verantwortung, mit unseren Schwestern und Brüdern jüdischer Abstammung einen gewinnbringenden Dialog zu führen. Ohne die Unterstützung von Juden wäre Wien schon vor langer Zeit bankrott gewesen. Jüdischer Unternehmergeist und jüdische Intelligenz wurden in Europa von den Nationalsozialisten weitgehend ausgeschaltet und vertrieben.  Der wohl nie endende Antisemitismus hat in diesen Tagen erschreckende Ausmaße angenommen. Für Jüdinnen und Juden gibt es Chanukka, für Christinnen und Christen die Adventzeit und Weihnachten. Feiern wir zusammen, betonen wir das Gemeinsame, treten wir miteinander in Dialog, seien wir uns unserer gleichen Wurzeln bewusst.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:18

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