2017 wird wichtig. Schicksalsjahr, könnte man sagen. Nicht nur für Deutschland oder Frankreich, wo dieses Jahr die wichtigsten Wahlen stattfinden. Sondern auch für Europa, das nach dem Brexit nur noch diese beiden Länder als Machtzentren kennt.

Denn so funktioniert die EU. Es gibt Länder mit mehr oder weniger Macht. Im Europäischen Parlament haben die bevölkerungsreichsten Staaten mehr Abgeordnete, die Staats- und Regierungschefs von Deutschland und Frankreich bringen enormes wirtschaftliches Gewicht in den politischen Prozess. Zwar gilt ab und an das Einstimmigkeitsprinzip und kleine Länder bekommen ein paar Abgeordnete mehr geschenkt – aber dass die deutsche Bundestagswahl auch für Europa relevant ist, ist nicht zu leugnen.

Insofern ist es nur wünschenswert, pro-europäische Kandidaten zu sehen. Angela Merkel ist so eine. Auch, wenn sie nicht nur wegen ihrem Flüchtlingskurs, sondern auch wegen ihrem harten Festhalten an der Sparpolitik zurecht kritisiert wird – alles lieber als Anti-Europäer, richtig?

Und dann gibt es die Alternative. Nein, nicht die Alternative für Deutschland. Sondern die pro-europäische Alternative zu Kanzlerin Merkel. Martin Schulz, der frühere EU-Parlamentspräsident, hat sich nach herausragendem Engagement für Europa entschieden, zurück in die Heimat zu gehen. Er verlässt einen der einflussreichsten Posten der Union für Deutschland – klar, dass man da große Ambitionen hat.

Bundeskanzler Schulz. Der Traum lebte. Auch, wenn die SPD aktuell zwischen der rechten AfD und der sozialdemokratisierten CDU aufgerieben wird – Schulz wäre ein Politiker mit Format. Der Einzige, der in dieser Hinsicht Angela Merkel gegenübertreten könnte. Denn sogar politics aside, eine Frauke Petry oder ein Dietmar Bartsch haben nicht die politischen Fähigkeiten, das Charisma, die Kompromissfähigkeit und die Vision, um dieses hohe Amt glaubwürdig anzustreben.

Im Internet ging der Hype schon los. Auf Reddit gründete man als Parodie auf Trump-Fans einen Channel namens The Schulz, in dem Fans Bilder und Artikel teilen, um für Schulz zu mobilisieren. Kernargument: Er wird Europa vereinen - Make Europa Great Again!

Und das ist das Argument. Wenige setzen sich so sehr für ein starkes, selbstbewusstes und vereintes Europa ein wie Martin Schulz. Unzählig sind die Schlagzeilen, in denen er Fremdenfeinde zurechtweist, zum gemeinsamen Handeln aufruft und Vorschläge macht, um die Zukunft für alle Europäer zu verbessern. Selbst, wenn man das Programm der SPD nicht ganz mittragen mag – das ist eine Vision, mit der man sich identifizieren kann. Eine konstruktive Vision, wie sie selten in der Politik geworden ist.

Ein pro-europäischer Kanzler Schulz hätte das Gewicht und die Absicht, um die Europäische Union auf den richtigen Kurs zu bringen. Und er hätte das Zeug dazu, dem desaströsen Abwärtstrend der SPD entgegenzuwirken. Und nun … wird er es nicht.

Offiziell ist es zwar noch nicht, aber angeblich soll Schulz auch wegen seiner langjährigen Freundschaft zu Sigmar Gabriel nicht als Kanzlerkandidat antreten. Was nicht nur bedeuten würde, dass er dem Europäischen Parlament umsonst abhandengekommen wäre, sondern auch, dass die SPD einpacken kann. Denn ein Sigmar Gabriel, der jetzt über Jahre eine blasse Figur neben Merkel ist und sich mit der Parteilinken schwertut, hat nicht das Zeug dazu, bei den nächsten Wahlen mehr für die Sozialdemokraten zu schaffen. Und dabei geht es um viel mehr.

In Frankreich möchte man sich zwar noch die Kandidaten der Konservativen oder der unbeliebten Sozialisten herbeischreiben. Aber die Gefahr einer Präsidentin Marine Le Pen ist enorm. Mit ihr käme eine Präsidentin, die die Europäische Union ablehnt und den französischen Austritt will. Damit wäre die EU gescheitert – und bei aller berechtigten Kritik, das ist kein hehres Ziel. Das gilt es zu verhindern.

Möglich wäre das nur mit Martin Schulz – oder mit Angela Merkel, die laut Social Media ja absolut niemand mehr haben will. Ein pro-europäisches Statement eines Regierungschefs und eine Person von Format ist das, was Europa sich von seinen Großmächten wünschen müsste.

Es wäre also höchste Zeit für einen Kanzler, der Europa vereint. Martin Schulz wäre ein Kandidat dafür. Und die SPD kann es sich absolut nicht leisten, auf einen Politiker dieses Formats zu verzichten.

Ralf Roletschek / fahrradmonteur.de/ fahrradmonteur.de https://commons.wikimedia.org/wiki/File:14-07-01-martin-schulz-strasbourg-RalfR-01.jpg

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