Dominique Strauss-Kahn: die falsche Anklage

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich halte Dominique Strauss-Kahn, den Ex-IWF-Chef und einstigen Hoffnungsträger der französischen Sozis, für ein äußerst grausliches Exemplar unserer Spezies. Wie er sexuelle Leistungen nicht nur fordert, sondern einfordert, als habe er ein Grundrecht darauf. Wie er Frauen konsumiert wie Zigaretten. Wie er womöglich dabei brutal wird. "Gemetzel" nannten Sexarbeiterinnen, die das Pech hatten, von Strauss-Kahns Businesspartnern für den wichtigen Geschäftskontakt gebucht zu werden, diese Begegnungen, oder auch "Schlächterei".

Jahrelang sah die Spitze der französischen Gesellschaft dabei zu – oder eigentlich weg. Mutmaßliche versuchte Vergewaltigung, mutmaßliche Körperverletzung – wenn die Vorwürfe stimmen, die gegen Strauss-Kahn immer wieder erhoben wurden, dann sind das keine Kavaliersdelikte eines fronsösischen Filous, sondern satte Straftaten. Doch selbst die Frauen in seiner Umgebung hielten still. Die Mutter der Französin Tristane Banon, die ihn wegen versuchter Vergewaltigung anzeigte – viel zu spät, alles längst verjährt – war selbst ein hohes Tier im Zoo der Mächtigen und hielt ihre Tochter davon ab, den Alphawolf anzuzeigen. Alles, wirklich alles an dieser Geschichte ist einfach nur zum Speiben.

Sie sehen, ich stehe nicht im Verdacht, die Taten dieses Mannes zu verharmlosen. Gut, möglicherweise hat die Hotelangestellte Nafissatou Diallo über die Umstände ihrer Begegnung mit Strauss-Kahn 2011 in einem New Yorker Hotelzimmer gelogen. Aber ich bezweifle, dass es eine durch und durch einvernehmliche Begegnung war, die diese Frau erst im Nachhinein aus purer Raffgier zu einem Verbrechen verdrehte. Eher schon kann ich mir vorstellen, dass er auch ihr gegenüber brutal wurde, wie schon zuvor bei Sexarbeiterinnen, vielleicht wurde aus der versprochenen Aussicht auf schnelles Geld für die kleine Hotelangestellte ein Albtraum, wer weiß das schon?

Wie auch immer. Jetzt jedenfalls steht Dominique Strauss-Kahn in Frankreich vor Gericht. Nicht wegen versuchter Vergewaltigung. Nicht wegen Körperverletzung. Sondern wegen des Verdachts der Kuppelei, weil er organisierte Sexpartys besuchte, für die Prostituierte gebucht wurden. In Frankreich ist das verboten. Freut mich dieser Prozess? Nicht wirklich.

Dominique Strauss-Kahn, sagt etwas in mir, sollte wegen der „richtigen“ Dinge angeklagt werden. Er sollte vor Gericht stehen, weil er mutmaßlich Sexarbeiterinnen verletzt hat. Er sollte vor Gericht stehen, weil er Frauen wie Konsumprodukte behandelt, weil er nicht einmal einen Schimmer der Einsicht zeigt, dass sein Verhalten unerträglich ist und ganz besonders fürjemanden, dem wir wichtige Bausteine unserer Gesellschaft anvertraut haben. Er sollte vor Gericht stehen, weil er über Jahrzehnte eine Spur der Verwüstung durch seine Welt zog, und alle, die ihm dabei zu- und dabei eben wegschauten, sollten neben ihm auf der Anklagebank sitzen. Aber ihm den Prozess machen, weil er an Orgien teilnahm?

Selbst, wenn er gelogen hat und genau wusste, dass es sich bei den anwesenden Frauen um gebuchte Sexarbeiterinnen handelte, so ist das ja nichts Falsches, solange niemand dabei zu Schaden kommt – was offenbar nicht der Fall war, aber wegen der Weigerung ein Kondom zu tragen oder wegen seiner „Gemetzel“ ist er ja, wie gesagt, nicht angeklagt. Nein, für mich ist das der falsche Prozess. Dass Dominique Strauss-Kahn sich jetzt auch noch als Märtyrer für freie Bürger inszeniert, als Kämpfer gegen die Scheinmoral, ärgert mich noch mehr. Als Märtyrer soll man ihn später nicht in den Archiven finden. Sondern als das Schwein, für das ich ihn halte.

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Silvia Jelincic

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anton

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