Von der blendenden Helligkeit eines nebeldüsteren Novembertages

Als ich noch der Waldbauernbub war gab es in Eggenfelden zwei Kinos: Das Stadtkino und das Parkkino. Das Stadtkino in der Landshuterstraße war das Schmuddelkino, Crime, Horror, Sex. Porno gab's damals noch nicht, wir hätten aber ohnehin nicht reingedurft, so gesehen war es wurscht. Ins Parkkino, am handtuchgroßen Stadtpark gelegen, konnte man dagegen mit der ganzen Familie gehen, dort gab's ebenfalls Crime, Horror, Sex, aber halt mit Niewoh.

An einem trüben, grauen Sonntagnachmittag im Herbst - taubtrüber Ginst am Musenhain - saß ich im Parkkino und schaute mir einen der ersten Italowestern an. Wie in Spaghettiwestern üblich spielte der Film in den ariden Zonen des US-amerikanischen Südwestens. Mehr als anderthalb Stunden lang hatte die hitzeflirrende Sonne New Mexicos auf meinen barhäuptigen Schädel herabgebrannt, die enorme Helligkeit der Wüste ließ mich die Augen zusammenkneifen, ich litt entsetzlichen Durst.

Dann war der Film aus und wir, die wir uns hier zum Kunstgenuß zusammengefunden hatten, strömten aus der mexikanischen Wüste hinaus in die von Nebelschwaden durchzogene niederbayerische Kleinstadt. Die gleißende Helligkeit dieses Nebeltages machte mich einen Moment lang fast blind, bis sich die Augen wieder an die Strahlkraft des wirklichen Lebens gewöhnt hatten.

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sisterect

sisterect bewertete diesen Eintrag 19.02.2023 08:44:12

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