Kaum hatte die CDU-Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer ihren Rücktritt angekündigt, brachten Medien Friedrich Merz als möglichen Nachfolger ins Gespräch. Der parteiinterne Gegner Angela Merkels, ein Millionär aus dem Sauerland, der sich die Zeit mit Jobs in Aufsichtsräten vertreibt, ist dadurch positiv aufgefallen, dass er die AfD 2018 als eine Partei beschrieb, "die offen nationalsozialistisch ist und mit antisemitischen Untertönen auffällt". So weit, so gut. Dass der Mann sich nicht an die "Werte-Union", eine rechte Pressure-group innerhalb der CDU, anbiedern möchte, scheint auch für Linke eine gute Nachricht zu sein. Sollte also doch, ausnahmsweise, auf bürgerliche Politiker Verlass sein?

Ein Artikel, den er am 7.7.19 in der "Welt" veröffentlichte, lässt daran zweifeln: Nur weil die Union immer mehr Wählerstimmen aus den Reihen der Bundeswehr und der Polizei an die AfD verliere, könne von einem "Rechtsruck" keine Rede sein, sondern eher, so konstatierte er, von einem "Vertrauensverlust", da die Polizisten eine mangelnde "Rückendeckung" vermissen würden, was sich daran zeige, dass man "immer dieselben Drogendealer festnehmen und dann wieder laufen lassen" müsse, da sich "Strafverfahren hinziehen" würden. Es ist etwas peinlich, einen Politiker an die Trennung von Exekutive und Judikative erinnern zu müssen, dass also nicht jeder, den Polizisten verhaften, auch schuldig ist, noch peinlicher aber, dies als Entschuldigung dafür zu nehmen, eine Partei zu wählen, die man selbst als nazistisch bezeichnet hat. Denn wenn man als Deutscher etwas gelernt haben sollte, dann dies: Es gibt keine Entschuldigung, keinen einzigen Grund dafür, Nazis zu wählen.

Überhaupt lassen einige Pressemeldungen der letzten Tage Zweifel daran aufkommen, ob das angeblich verlorene Vertrauen je vorhanden war: Polizeianwärter rufen "Sieg Heil" (https://www.mdr.de/sachsen/bautzen/bautzen-hoyerswerda-kamenz/ermittlungen-studenten-hochschule-polizei-sachsen-100.html ), Polizisten äußern sich rassistisch (https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-dresden-16-polizisten-wegen-rechtsextremismus-unter-verdacht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200206-99-802768 ) oder stehen im Verdacht einen "NSU 2.0" gegründet zu haben (https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/durchsuchungen-bei-polizisten-wegen-nsu-2-0-16623039.html#void ). Vielleicht hat ja die Affinität dieses Berufsstandes zur AfD und zu rechten Gesellschaftsmodellen auch mit einer charakterlichen Disposition zu tun, die Adorno als "autoritäre Persönlichkeit" beschrieb. Und die wird leider auch dadurch bestärkt, dass die Tötung eines kranken Menschen bejubelt wird (https://twitter.com/Alice_Weidel/status/1214147372407803907 ), weil man fake-News ( https://bildblog.de/117374/bild-de-liefert-terror-futter-fuer-islamhasser-und-rechte-hetzer/ ) eher Glauben schenken möchte als Tatsachen, die nicht ins rechte Weltbild passen ( https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/vor-polizeiwache-sued-in-gelsenkirchen-polizist-erschiesst-mutmasslichen-angreifer/25390968.html ).

Es ist nicht Aufgabe der Politik, um das Vertrauen der Polizisten ihr kämpfen, es ist vielmehr Aufgabe der Polizei, dafür zu sorgen, dass die Bürger ihr vertrauen können und nicht um ihr Leben fürchten müssen, wenn sie ihr begegnen. Das sollte auch Friedrich Merz wissen. Die AfD weiß es jedenfalls nicht.

PS: Der Titel zitiert einen Song der "Gang of four".

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