14. Juni 2023 - Der "Denkfabrikant" Franz Schellhorn zwitscherte gestern kurz vor Mitternacht: "Wegen Inflation: Milliarden an Ersparnissen weg!" Ein Link führt auf einen Artikel der Krone.at (13.6.2023) wo berichtet wird über eine "Studie von Agenda-Ökonom Marcell Göttert. Die in Corona gewachsenen Guthaben verschwanden quasi mit der Pandemie. Wegen der Teuerung". Der Agenda-Chef ist Schellhorn.

Hubert Thurnhofer https://ethos.at/aktuelles/wirtschaft-2/608-die-krone-der-wirtschaftsexperten

Noch vor zwei Jahren hat die selbe Krone.at (19.6.2021) über die Deflation als Ursache der Geldentwertung geschrieben: "Mit zwei Prozent Teuerung rechnet die Nationalbank heuer, das wären rund 0,5 Prozentpunkte mehr als die letzten beiden Jahre. Was auf den ersten Blick nicht besorgniserregend scheint, ist für die heimischen Sparer eine Hiobsbotschaft. Denn die schleichende Entwertung ihres Geldvermögens beschleunigt sich dadurch spürbar." Der Bericht bezieht sich auf Angaben der Nationalbank die abschließend empfiehlt: "Einen Ausweg biete auf absehbare Zeit nur eine vermehrte Veranlagung der Spargroschen auf dem Kapitalmarkt."

Diese Empfehlung haben wohl viele "kleine Sparer" beherzigt und umgehend 2022 jede Menge Geld in Fonds gesteckt und - blöd gelauen - verloren. Der Superfund-Erfinder Christian Baha schreibt in einem Gastkommentar in Krone.at (4.10.2021): "Was tun? Wie gegensteuern? Selbst vorsorgen. Mit wahren Werten. Mit Gold, das zwar keine Zinsen abwirft, aber seit drei Jahrtausenden nicht an Kaufkraft verliert." Damit spricht er zwar nicht explizit, aber implizit gegen seine eigenen Superfunds, mit denen er persönlich zwar superreich wurde, viele Kleinanleger aber jede Menge Geld verloren haben.

Und was sagt die Denkfabrik? "Die Agenda Austria errechnete Erstaunliches für die Haushalte. 18,3 Milliarden Euro Überschuss im ersten Coronajahr 2020, immerhin 12,4 ein Jahr später. Der Absturz 2022 - auf minus 4,2 (siehe Grafik). Geschuldet der Inflation, die in Österreich besonders wild dahingaloppiert", berichtet Krone.at

Der Gipfel des Schwachsinns besteht darin, zu behaupten, die privaten Haushalten hätten einen "Überschuss" erwirtschaftet, so als würde es sich bei einem Haushalt um ein gewinnorientiertes Unternehmen handeln. Zur Klarstellung: Die Zahlen der "Studie" sind nicht von Agenda Austria "errechnet" sondern stehen in den Berichten der Oesterreichischen Nationalbank. Der so genannte "Überschuss" sind neu eingezahlte Sparguthaben der privaten Haushalte, die 2020 und 21 weit über dem langjährigen Schnitt lagen, weil man - Lockdowns sei Dank! - sein Geld nicht ausgeben konnte. Der Absturz 2022 ist ausschließlich dem Absturz der Fonds zu "verdanken".

Genau jene Kapitalmarkt-Fonds, die Denkfabrikanten (und in ihrem Fahrwasser sogar die OeNB) so loben, weil sie von "Managern", "Kapitalmarktprofis" und dergleichen nicht nur verwaltet, sondern gemanaged werden! Die wunderbaren Feen-Welt eines guten Fonds ist sehr einfach erklärt: Das Fonds-Gesellschaft kassiert Fees (englisch fee = Gebühr), während die Anleger bei jeder Transaktion Fees zahlen, unabhängig davon ob diese Transaktionen zu Gewinnen oder Verlusten geführt haben.

Dazu passt, dass Franz Schellhorn gestern Vormittag (da müsste er eigentlich noch nüchtern gewesen sein) auf den Tweet von Viktoria E "die reichen sollen einfach froh sein, dass wir nur lächerliche vermögenssteuern wollen und nicht komplette enteignung" konterte: "Was kommt als nächstes? Das Erschießungskommando?" Für die Qualität solcher Kommentare hat ethos.at dem Herrn Denkfabrikanten sogar eine eigene Seite eingerichtet: Schellhorn daily.

Ernsthaft wäre aber die Frage zu stellen, was denn aus Sicht des Denkfabrikanten die Alternative wäre? Überlassung des Geldes dem Geldmarkt, der bei der Vernichtung der Sparguthaben wenigstens gut verdient, oder Überlassung des Geldes den Banken, die infolge der Geldmarktpolitik quasi im Auftrag des Staates das Geld der Sparer vernichten. Da Schellhorn mit seinem aberwitzigen Kommentar offenbar an Praktiken der Sowjetunion, insbesondere zu Zeiten Stalins, erinnern will, hier eine

Schlussbemerkung: In der Sowjetunion gab es weder Inflation noch Deflation. Egal in welchem Jahrzehnt du aufgewacht bist, 1947 oder 1987 - du wusstest immer, ein Wecken Weißbrot kostet 13 Kopeken, ein Liter Milch 15 Kopeken und eine Fahrt mit der U-Bahn 5 Kopeken. 70 Jahre hat die Sowjetunion immerhin bewiesen, dass ihre Geldpolitik Preisstabilität garantiert. Genau das ist angeblich das Ziel ALLER verschachtelten, undurchschaubaren, mysteriösen und alchimistischen Maßnahmen der Finanzindustrie.(Lies nach bei George Soros "Die Alchemie der Finanzen".)

Resümee: das, was uns die Finanzindustrie vortäuscht zu leisten, nämlich Geldstabilität, hat die Sowjetunion 70 Jahre lang vollbracht - mit deutlich weniger Aufwand!

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philip.blake

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