abgehandelt an zwei Beispielen:

Die angeblich konservative Familienministerin der ÖVP, Karmasin, meint, es sei der Zeitpunkt gekommen, auch die Vierjährigen zum Kindergartenbesuch zu verpflichten. Diesbezügliche Angebote an die Eltern wurden offensichtlich zu zögerlich angenommen. Angebote sind der Frau Ministerin nun doch zu wenig. Da muss man dann halt ein bisschen „nachhelfen“, wird sie sich gedacht haben. Mit „Zwangsbeglückung“? Wenn die sturen Untertanen nicht erkennen (wollen) was zu ihrem Besten ist, dann ist es angebracht, sie zu ihrem Glück zu zwingen. Schließlich ist es ja nur zum Besten der Kinder. Dass die SPÖ mit dieser Meinung auch kein Problem hat und die Ministerin bei ihrem Vorhaben unterstützt, wen wundert's, ob der erzieherischen Tradition in diesem Bereich. Aber ist es nicht genug, dass ohnehin fast alle Fünfjährigen den Kindergarten besuchen?

Die Vermutung, dass es die mangelhaften Kenntnisse der deutschen Sprache sind, die den Auslöser für diese Idee bildeten, liegt nahe. Es gibt viele Kinder, die meisten davon wohl in den Ballungszentren und speziell mit sogenanntem „Immigrationshintergrund“, die in die Volksschule kommen und die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen. Muss man aber deswegen alle zwangsverpflichten?

Es mag auch zutreffend sein, dass eine große Anzahl von Kindern aus „bildungsfernen“ österreichischen Elternhäusern zu wenig gefördert werden. Es mag zutreffen, dass ihnen der mangelhafte Gebrauch der Sprache ein Leben lang nachhängen wird, und dass sie es dadurch schwerer haben werden im Leben. Deswegen sollte man Angebote machen, aber damit soll es genug sein. „Man soll die Kuh zum Brunnen führen, aber saufen muss sie allein“, belehrt uns ein bäuerliches Sprichwort. Letztlich kann sich auch kein Mensch sein ganzes Leben lang auf Versäumnisse in der Kindheit ausreden. Bereits jetzt bietet unser Bildungssystem eine Unzahl von Möglichkeiten auch jenen, denen in punkto Bildung – wie es bei uns heißt – erst „später der Knopf aufgeht“, ihre Versäumnisse auszugleichen. Es ist also keine Eile und schon gar kein Zwangssystem angebracht, alle in ein bestimmtes Schema zu pressen.

„Vielfalt ist besser als Einfalt“ lautete der bekannte Schlachtruf der Linken, mit dem man einst um Sympathien warb. Umso unverständlicher ist es, dass es vielfach dann, wenn es zur realen Ausführung kommen soll, wiedereinmal der Einfalt der Vorzug gegeben wird. Unter dem Banner der Vielfalt wird das Schulsystem vereinheitlicht, unter seinem Banner will man das Gymnasium abschaffen und damit die „Oberstufe“, die Leistungsgruppen, die „Sonderschule“, und vieles andere mehr. Abschaffen und Vereinheitlichen und so will man zu Vielfalt kommen?

Vielfalt ist: eine gemeinsame Schule für alle. Punktum?

Frau Karmasin will aber nicht nur jene Eltern, die ihre Vierjährigen nicht für den Kindergarten anmelden, zu einem „verpflichtenden Gespräch“ einladen, und dies obwohl über 90% der Fünfjährigen letztlich ohnehin einen Kindergarten besuchen, sie will auch noch darüber hinaus die Kindergärtnerinnen verpflichten, einen Katalog von Aufzeichnungen zu führen, mit dem die Vorlieben und Stärken dieser Fünfjährigen dokumentiert werden sollen. Wieder natürlich nur zu ihrem Besten! Dass damit ein ungeheurer bürokratischer Aufwand inszeniert wird, der die Kindergärtnerinnen von ihrer eigentlichen pädagogischen Aufgabe abhalten könnte, das kommt wieder niemandem in den Sinn. Wichtig ist, dass alles „aufgeschrieben“ wird, das alles dokumentierbar ist. „Papier“ produzieren, Akten schaffen, das ist anscheinend das Wichtigste. Vielleicht aber kommt doch zuvor noch jemand auf die Idee, sich den Wildwuchs von bürokratischem Aufwand anzusehen, der das Schulleben beherrscht? Es ist kein Geheimnis, dass die Lehrer inzwischen einen Großteil ihrer Arbeit im Verfassen von Dokumentationen im bürokratischen Schul-Sumpf verbringen. Die Geisteshaltung, die dahinter verborgen ist, sollte uns erschrecken.

Das System scheint schwer erkrankt zu sein.

À propos: „krank“.

Seit ich auf der Welt bin, funktioniert das "Haus-Arzt-System"; man kann sogar sagen, es funktioniert vorzüglich. Ich habe diesbezüglich nie Mangel gelitten und ich kenne auch niemanden, der Mangel gelitten hätte. Jeder, der einen Arzt braucht, kann einen aufsuchen. Es gibt Sonntags- und Feiertagsdienste und es gibt Notdienste; man ist rund um die Uhr medizinisch bestens versorgt. Und sollte sich der seltene, aber denkbare Fall einstellen, dass wirklich einmal kein Haus-Arzt zur Verfügung steht, gibt es noch immer den "Notarzt" und die Spitalsambulanz. Manchmal, vorzugsweise auf dem Land, machen Hausärzte außerhalb ihrer Sprechstunde auch Hausbesuche. Daneben gibt es auch noch "Wahl-Ärzte", solche also, die entweder auf einen Kassenvertrag warten oder gar keinen wollen. Hier muss der Patient, die Rechnung für die an ihm erbrachte Leistung allerdings selbst bezahlen. Der Patient erhält einen Teil davon von seiner Krankenversicherung rückerstattet. Manchmal ist das Erstaunen groß darüber, wie gering der Betrag ist, den man rückerstattet erhält, und man ärgert sich. Man ärgert sich einerseits zurecht, weil man ja versichert ist, aber dennoch bezahlen musste; andererseits aber könnte man den Differenzbetrag zur ursprünglichen Rechnung als Indiz dafür nehmen, wie groß der Betrag gewesen wäre, den ein Kassenarzt - hätte man einen solchen aufgesucht - für dieselbe Behandlung von der Versicherung für seine Arbeit erhalten hätte. Darüber hinaus könnte man daran erkennen, dass man für diesen Betrag nicht auch noch ein aufklärendes Gespräch in der Dauer von einer halben Stunde verlangen hätte können. Für acht Euro fünfzig arbeitet ein Mechanikermeister keine zwei Minuten, auch nicht am Auto des Arztes.

Dennoch funktioniert das Hausärztesystem eigentlich immer noch bestens. Warum man jetzt ein gut funktionierendes System unbedingt – wie ich unterstelle - aus rein ideologischen Gründen "abwürgen" und durch "Gemeinschaftspraxen" ersetzen will, kann man mit wenigen Worten erklären. Dahinter steckt: Zentralisierungs- und Regelungswut - und ein gehöriges Maß von Ordnungsfanatismus!

Um übermäßige Wartezeiten in den Praxen zu vermeiden, müsste man nur mehr Kassenstellen an Praktiker und Fachärzte vergeben. Das System an sich muss man deswegen nicht ändern.

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devils grandma

devils grandma bewertete diesen Eintrag 06.08.2016 16:52:45

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