Und plötzlich erkannte der Mensch, dass der Wohlstand, den er sich über hunderte von Jahren erkämpft hatte, mit dem die Widrigkeiten der Natur fast endgültig überwunden waren, einen Preis hatte, erforderte, dass man sich eben diese Natur als Ressource zu Nutze macht. Und was er erkannte, gefiel ihm nicht. So kommen wir also zum heutigen Tage, wo schon fast ein dialektischer Bürgerkrieg tobt, mit immer überspitzteren Positionen, welche den Schutz der Umwelt, der Natur, nein, gar des Klimas, einem noch erhabeneren Gut, fordern. „Im Einklang mit der Natur leben“, heisst eine typische Devise. Doch der Mensch in seiner Essenz des Menschlichen hat sich längst von solchen Zuständen verabschiedet. Der Mensch kann nicht im Einklang mit der Natur leben, weil der Mensch die Natur überwunden hat, selber zum Erschaffer von Natur und Umwelt geworden ist, zum Herr über die ganze Welt. Der Mensch ist die göttliche Schöpfung, nicht im Sinne des Anzweifelns der Evolutionstheorie oder anderer Wissenschaftlicher Auffassungen, sondern weil der Mensch das einzige Lebewesen ist, welches so ausgiebig über seine Umwelt herrscht. Wir plaudern nicht mit Delfinen und besuchen ihre Städte im Meer, oder mit Maulwürfen in ihren unterirdischen Dörfern, oder treffen die Affen in ihren Siedlungen in den Bäumen.

Der vorsichtige, respektvolle Umgang mit Umwelt und Natur ist zugleich eine Idee die unweigerlich dem rationalen Denken entspringen musste. Sowohl aus der praktischen Betrachtung, die Ressourcen nicht vorzeitig aufzubrauchen, wie auch derer, nicht den eigenen Lebensraum zu zerstören (der Volksmund sagt: „man scheisst nicht, wo man isst“). Es gibt sicherlich keine klare Linie, welche diesen rationalen Gedanken vom irrationalen Klimawahn derer trennt, die sich auf die Strasse kleben oder Kunstwerke von transzendentalem Wert zerstören wollen. Ist es wirklich notwendig, je nach dem wo man wohnt, dass man zwei grosse Autos in der Garage stehen hat, oder reicht vielleicht nur eines, wenn man über angemessene Alternativen verfügt? So zeigte zum Beispiel ein Experiment einst auf, wie Kinder eine stärkere Verbindung mit ihrem Umfeld aufbauen, wenn sie weniger mit dem Auto fahren, indem auf den Zeichnungen derer, die im Auto gefahren wurden, viel weniger Elemente der Umgebung zu sehen waren; ist es wirklich angemessen, mit grosser Häufigkeit weite Reisen zu unternehmen, womöglich um letztlich nur an einem all-inclusive Hotel am Strand die Tage zu verbringen? Schliesslich nimmt es doch auch den Wert solcher ferner Reisen, wenn sie nicht etwas herausragendes sind, und schon Goethe schrieb „willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“; oder ist es gerechtfertigt, massenhaft billiges Fleisch zu verzehren, für welches die Tiere in inhumanen Zuständen gehalten werden? Letztlich aber sollten solche Betrachtungen jedem selbst frei gestellt sein, da es niemandem zusteht, eben eine solche absolute Grenze zu ziehen, zwischen dem, was tolerabel und rechtens ist, und dem, was nicht. „Im Einklang mit der Natur leben“ ist schlussendlich nicht möglich, es sein denn man lebt, den Affen gleich im Wald und ernährt sich von Beeren, Pilzen und Kleintieren.

Pragmatismus ist in unserem postmodernen Zeitalter eine schwierige Übung, denn der Überfluss an Informationen macht es unheimlich einfach, jegliche Ansicht zu attackieren, welche nicht in Absoluten handelt. Folglich werden die extremen Positionen zur Norm. „Ich habe 33 Autos, gib mir deine e-Mail Adresse und ich schicke dir die Liste“, schreibt irgend ein Protz (der dem Autor dieser Zeilen nicht bekannt ist) auf Twitter an Greta Thunberg. Aus deren Account (womöglich von einem Team geleitet) kommt eine ausfallende wenn auch treffende Antwort: „Schick sie mir an kleinschwanzausstrahlung@kommmitdeinemlebenklar.com“ (frei übersetzt von „smalldickenergy@getalife.com“). Solche Prahlerei ist in sich selber erbärmlich und geschmacklos, doch gerade Greta Thunberg und ähnliche Figuren haben die Bewegung der Klimaschützer angestachelt und sie zu einer sektenartigen Erscheinung erhöht, welche sich die Autorität anmasst, die Richtlinie bezüglich des pragmatischen Umgangs mit Natur, Umwelt und Klima zu sein. Die predigen, und wir alle haben zu gehorchen.

Chesterton wird zumal mit der Aussage paraphrasiert: „Wenn Menschen aufhören, an Gott zu glauben, glauben sie nicht an nichts, sondern sie glauben alles.“ Im Fehlen einer transzendentalen, metaphysischen Wahrheit, nehmen Aberglaube und Götzenbilder die Überhand, als würde der dem Menschen innewohnende Spirituelle Hunger, wenn nicht mit gesunder Kost, alsbald mit jedmöglichen Gift gesättigt. Eine Lektion die in der Geschichte der Menschheit wieder und wieder auftritt, und trotzdem geleugnet wird, in verzweifelter Widerspenstigkeit gegen die conditio humana selber, von welcher diese Erkenntnis letztlich der endgültige, unwiderlegbare Beweis ist. Die sog. Klimabewegung hat nicht zufällig Züge einer Sekte, denn sie ist letztendlich die Götzenanbetung der Natur. Nicht ein pragmatischer Respekt vor der Umwelt, sondern die dogmatische Unterwerfung zu einem unlogischen, irrationalen Aberglaube, welcher einem Potpourri von Triebhaftigkeiten (wie Neid, Paranoia); selektiver, der Emotionalität untergeordneter Wahrnehmung; sowie dem Anschein existenzialistischer Transzendenz entstammt.

Die spirituelle Facette des Menschen ist zumal einer der vernachlässigsten Aspekte, da er sich fast unmittelbar von absoluter Selbstverständlichkeit zu absolutem Unverständnis gewandelt hat. Als absolute Selbstverständlichkeit galt, waren die Warnungen der Vergangenheit unnötig, und wie nun absolutes Unverständnis gilt, werden diese gar nicht mehr begriffen. Je mehr der Mensch also meint, den transzendentalen Aspekt der conditio humana überwunden zu haben, umso mehr wird es sich der dekadenten Anbetung von allem und jedem widmen, um diese Lücke zu füllen.

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