Erfurt - Eine Stadt zwischen Luther und der Maus

2017 wird in Deutschland das Lutherjahr groß gefeiert. Zahlreiche Veranstaltungen werden dem Interessierten, Schauplätze vom Leben und Wirken des großen Reformators nahebringen. Ein Schauplatz wird dabei die Stadt Erfurt sein, in der Martin Luther studiert und zeitweise auch als Mönch gelebt hatte. Ist Erfurt darüber hinaus sehenswert? Nach einigen Wanderungen durch die Hauptstadt des Landes Thüringen bin ich sehr überzeugt davon. Aus der Sicht des historisch, kulturell und architektonisch Interessierten, stellt sich die Stadt nämlich als besonders vielschichtig dar.

Das beginnt bereits am Bahnhof, kurz nach meiner Ankunft. Ein großer Schriftzug WILLY BRANDT ANS FENSTER am gegenüberliegenden Erfurter Hof begrüßt jeden Reisenden und erinnert an jenen Tag, als der westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt sich mit dem ostdeutschen Ministerpräsident Willi Stoph in Erfurt traf und im Rahmen dieses Ereignisses von der Bevölkerung mit kräftigen ‚Willy Brand ans Fenster!‘ Rufen an das Fenster seines Zimmers im Erfurter Hof gebeten wurde.

Linktipp: Erfurter Gipfeltreffen

Aber schon sehr viel früher war Erfurt der Ort von denkwürdigen Konferenzen. So trafen sich im Jahre 1808 der französische Kaiser Napoleon I. und sein russischer Gegenspieler Zar Alexander I. zum Erfurter Fürstenkongress in einem Gebäude, dass auch heute noch unter den Namen Kaisersaal für Tagungen und Feiern offen steht.

Linktipp: Kaisersaal

Um die Absätze bezüglich berühmter Personen auf drei zu beschränken, sei hier noch der eingangs erwähnte Martin Luther beschrieben. Der große Reformator studierte von 1501 bis 1505 an der Universität von Erfurt und gehörte von 1505 bis 1511 dem mitten in der Stadt befindlichen Augustinerkloster an. Bei einem eventuellen Besuch des Klosters empfiehlt sich auch ein Spaziergang durch die romantische Kirchengasse ganz in der Nachbarschaft.

Linktipp: Augustinerkloster zu Erfurt

Bezüglich Kirchen und Klöster gibt es in Erfurt etwas Eigentümliches zu sehen. Die Dichte der Kirchen ist recht hoch, bei einigen Kirchen ist aber nur mehr der Turm vorhanden. Dadurch hat man zunächst den Eindruck, die Stadt wäre von Wachtürmen umzingelt, tatsächlich hat diese Architektur aber einen religiösen Hintergrund.

Linktipp: Liste der historischen Kirchengebäude in Erfurt

Rein militärisch hingegen sind die beiden Festungen in der Stadt, die Zitadelle Petersberg und die Zitadelle Cyriaksburg. Zwei noch sehr gut erhaltene Festungsanlagen, in denen man ausgedehnte Spaziergänge machen kann und dabei einen schönen Blick auf die Stadt bzw. auf die Gartenanlagen des Egaparks Erfurt hat. Besonders die Zitadelle am Petersberg ist einen Besuch wert, da sie als einer der größten und besterhaltenen Stadtfestungen des 17. Jahrhunderts gilt.

Linktipp: Zitadelle Petersberg

Der Egapark Erfurt, auf den ich durch überdimensionale Blumentöpfe in der Stadt aufmerksam wurde, war in der DDR jahrelang Schauplatz  der  Internationalen Gartenbauausstellung (iga) und bereitet sich nun auf die Bundesgartenschau des Jahres 2021 vor.

Linktipp: egapark

Im kulturellen Bereich verfügt Erfurt neben vielen anderen Szenen über ein sehr spezielles Festival, die Domstufen-Festspiele. Festspiele vor der Kulisse eines Domes sind ja für Österreicher, speziell für Salzburger, keine Besonderheit. In Erfurt entsteht aber der besondere Eindruck dadurch, dass die breit angelegten Stufen zwischen dem Erfurter Dom und der Severikirche als Bühne verwendet werden.

Linktipp: Domstufen-Festspiele

Die Liste der Besonderheiten ist aber noch nicht zu Ende. Wenn man sich in den Stadtkern begibt stößt man auf eine Einkaufsstraße, die in Wirklichkeit eine mit 32 noch immer bewohnten Häusern ausgestattete Brücke über die Gera ist. Ich hatte Gelegenheit bei einem dieser Häuser in den ‚Keller‘ zu steigen, der in Wahrheit in den Hohlraum eines Brückenpfeilers führt. Ein Keller mit Ausblick auf einen Fluss, das ist schon recht speziell.

Linktipp: Krämerbrücke

Auf dieser Brücke zahlt es sich aus, nach einem Geschäft Ausschau zu halten, dass die Farbe Blau thematisiert. Hier klärt sich dann auch ein wenig auf, wie diese Stadt zu ihrer Bedeutung und ihrem Reichtum kam. Neben ihrer Lage an der Via Regia bildete sich hier auch eine der Hauptmärkte für Färberwaid heraus. Eine Pflanze, mit der man früher das Leinen blau färben konnte. In diesem Zusammenhang stößt man in der Stadt immer wieder auf Gebäude, die früher als Waidspeicher dienten und diesen Begriff heute zumindest noch in den Infotafeln tragen.

Linktipp: Färberwaid

Erfurt bemüht sich übrigens gerade um einen Eintrag in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes: Mit einer über 900 Jahre alten Synagoge, einer 750 Jahre alten Mikwe und einem erst 1998 entdeckten Schatz aus gotischer Gold- und Silberschmiedekunst möchte Erfurt auf diese beeindruckenden Spuren seiner jüdischen Geschichte aufmerksam machen.

Linktipp: Jüdische Geschichte und Gegenwart in Erfurt

Zum Abschluss noch etwas für die Jungen und Junggebliebenen unter uns. Erfurt ist der Sitz des Kinderkanals und weist auf diesen Umstand durch eine Vielzahl von öffentlichen Figuren hin, die wohl jedem von uns aus dem TV bekannt sind. So kann man gemeinsam mit seinen Kindern Ausschau nach dem kleinen Sandmännchen oder Bernd das Brot halten. Oder der pfiffigen Maus einen Besuch abstatten. Unglaublich, ist aber so.

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Silvia Jelincic

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Gudrun Krinzinger

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