Fürstenzentren in Poysdorf und Stonehenge in Mistelbach

Gibt es ein Stonehenge in Österreich? Und gab es bzw. gibt es ein fürstliches Machtzentrum in Niederösterreich? Auf diese Frage wollte ich vergangenes Wochenende eine Antwort finden und in beiden Fällen stieß ich auf interessante Zusammenhänge. Doch der Reihe nach.

Zunächst eilte ich zur neuen Sonderausstellung im MAMUZ in Mistelbach. Das MAMUZ ist ein auf zwei Standorte verteiltes Urgeschichtemuseum im Weinviertel. Der eine Standort befindet sich im Schloss Asparn, der andere Standort ist in einer ehemaligen Fabrik in Mistelbach untergebracht. Und in genau dieser Fabrik eröffnete kürzlich eine Ausstellung über die neuesten Erkenntnisse in Bezug auf Stonehenge.

Linktipp: MAMUZ

Es ist die erste Ausstellung über diesen Kultplatz außerhalb von England, wie mir die Ausstellungsleitung stolz verriet. Das klingt spektakulär, ähnlich spektakulär sind auch die gezeigten Exponate aus England.

Zum Beispiel, erst jüngst in der Nähe von Stonehenge im Wasser gefundene Steine, die nach einer kurzen Trocknungszeit die Farbe Pink annehmen. Ein von der Alge Hildebrandia rivularis herbeigeführtes Phänomen, mit dem man wahrscheinlich auch heute noch Menschen zu Kulthandlungen verführen könnte.

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Ansonsten gefiel mir an der Ausstellung, dass sie vor allem räumliche Bezüge und Größenverhältnisse sehr gut abbildete. Die Anlagen rund um Stonehenge bestehen ja nicht nur aus einem einzigen Kreis. Es gibt da noch viel mehr Strukturen unter der Erde, die mit Schautafeln und mit Projektionen auf 3-D Modellen anschaulich erklärt werden. Besonders hatte es mir eine große Panoramaprojektion angetan, die mich in das Stonehenge der Urzeit eintauchen ließ.

Linktipp: Stonehenge. Verborgene Landschaft

Ein Erlebnis, dass man am Besten bei einem Glas Wein nachklingen lässt. Am Besten in einem Ort, der vor allem für seinen Veltliner bekannt ist: In Poysdorf. Ein Ort, der mir auch durch seine Vielzahl an Kellergassen in Erinnerung bleiben wird.

Was gleich auffällt: Das Thema Wein wird in Poysdorf sehr vielfältig behandelt. In der Ausstellungshalle gleich neben der Vinothek wird über die Geschichte der Kundschafter erzählt. Zwei Männer, die eine riesige Weintraube an einer Stange befestigt tragen und mit diesem Motiv auch Eingang in das Wappen des Weinortes gefunden haben. Eine sehr alte Geschichte, die noch auf das Alte Testament zurückgeht.

Linktipp: WEIN+TRAUBEN Welt

Schon jünger sind dann andere Geschichten, wie etwa die Herkunft des „Saurüssels“, ein Wein, der untrennbar mit dem Ort Poysdorf verbunden ist. Oder ein paar lustige Gestaltungsideen, wie etwa das Flaschenparlament, dass unsere Abgeordneten im Hohen Haus in launiger Weise präsentiert.

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Von der Traubenhalle kann man durch einen unterirdischen Gang (!) die Europastraße E461 queren und in einem Freiluftmuseum mehr über den Weinbau und im Besonderen über die unterschiedlichen Weinpressen erfahren. Das ist schon sehr speziell. Welches Ausstellungsgelände kann von sich behaupten, dass es eine Europastraße unterquert?

Im Bürgerspital, das sich noch auf demselben Gelände wie das Pressenmuseum befindet, ist die Geschichte des Ortes Poysdorf dargestellt. Im Augenblick läuft hier eine Sonderausstellung mit einigen für mich sehr überraschenden Aussagen über die Herkunft bekannter Europäischer Herrscherhäuser.

Spannend auch das reiche Besichtigungsprogramm in und rund um Poysdorf. Zum Beispiel geführte Wanderungen durch die Weinberge mit anschließender Jause an den Plätzen mit den schönsten Aussichtspunkten.

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Als Freund von alten Musicals war ich auch entzückt, dabei eine „Yellow Brick Road“ zu entdecken. Vielleicht kennt ja jemand den sehr eingängigen Song „Follow the Yellow Brick Road“ aus den dem Musical „The Wizard of Oz“. In und um Poysdorf sind einige Straßen mit dem Schattauer Pflaster bestückt, dass tatsächlich eine leicht gelbe Farbe aufweist.

Aber nun zurück zu den Fürsten in Niederösterreich.Die Ausstellung im ehemaligen Bürgerspital behandelt drei Familien, die sich über längere Zeit im Raum um Poysdorf aufgehalten haben und deren Spuren sich zumindest in großen Palais in Wien wiederfinden, oder in einem Fall in sehr vielen Stammbäumen europäischer Königshäuser. Gemeint sind die Familien Liechtenstein, Trautson und Koháry.

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Besonders hervorheben möchte ich hier die Geschichte der Familie der Koháry. Eine mir zunächst unbekannte Familie, die aber mal über ein riesiges Vermögen auf den Gebieten der heutigen Länder Österreich, Ungarn und Slowakei verfügte. Und die, obwohl sie durch Heirat mit dem Haus Sachsen-Coburg als Vorfahrin von sehr vielen Europäischen Königshäusern gezählt werden kann, aus noch nicht geklärten Gründen für einen Teil ihrer Mitglieder eine merkwürdig kleine Grablege in Kleinhadersdorf, einem Ortsteil von Poysdorf benutzte.

Linktipp: Die Fürsten von Poysdorf

Gibt es noch weitere Museumstipps? Ja, die gibt es. Konkret fallen mir das Automuseum, und den Brennereilehrpfad auf dem Weingut Heger ein.

Der Besitzer des Automuseums führt persönlich und erzählt auch gerne mal Anekdoten über denkwürdige Traktorfahrten von Poysdorf bis in so ferne Destinationen wie St. Petersburg. Er bietet auch Traktorwandern in und um Poysdorf an. Wer also immer schon mal einen alten Traktor lenken wollte ist bei ihm gut aufgehoben.

Linktipp: Oldtimer Club & Museum Poysdorf

Der Brennereilehrpfad ist etwas kleiner, hier erfuhr ich aber durch den Besitzer einiges über die Unterschiede zwischen häuslicher und industrieller Destillation. Und worauf es bei einem guten Schnaps wirklich ankommt.

Kontakt: Weingut Heger

Ihr habt dem Schnaps abgeschworen? Als Alternativprogramm würde sich dann vielleicht das Milchkammer Museum in Ketzelsdorf anbieten. Dieses zeigt recht schön, wie früher das Einsammeln und vor allem Kühlen der Milch erfolgte, bevor diese zu den Märkten weiter transportiert wurde.

Kontakt: Milchkammer Museum Ketzelsdorf

Seit meinem Besuch wurde ich öfters gefragt, wie es denn nun mit dem Verkehr in Poysdorf ist. Immerhin geht ja eine Europastraße durch und bis zur Eröffnung der neuen Umfahrungsautobahn wird es ja noch einige Monate dauern.

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Sicher die Straße ist gerade für Pendler keine Freude. Mit dem Privat-PKW würde ich mich Poysdorf auch nur über Umwege abseits der E461 nähern. Aber das Erstaunlichste für mich war: Nur wenige Meter abseits dieser großen Verbindungsstraße kann man sehr rasch in eine dieser romantischen Kellergassen abtauchen und seine Seele so richtig baumeln lassen. Und dafür zahlt sich ein Besuch wirklich aus.

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