Die Juden und die rechten Parteien Europas

Theodor Herzl (1860-1904) gilt als Gründer des Staates Israel. Er erlebt nicht die Staatsgründung im Jahre 1948. Sein Wichtigstes Werk ist „Der Judenstaat“, das 1896 erscheint. Darin beschreibt Herzl die Errichtung einer nationalen Heimstätte für Juden, die er auf Grund der damals aktuellen Judenverfolgungen in Russland und ganz Europa für unumgänglich hält. Letztendlich wird erst der von keinem Staat verhinderte Holocaust die Weltgemeinschaft für einen kurzen Moment von Herzels Ideen überzeugen.

Für die Generation der Juden, die zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Mauerfall und zur Wiedervereinigung Deutschlands sozialisiert worden ist, ist das kurze Bändchen Herzls nicht allein wegen der antiquierten Sprache schwer zu verstehen. Es ist die Generation der Juden, die in Deutschland (und in anderen Staaten außerhalb Israels) von der kleinsten Jüdischen Gemeinde bis zum Zentralrat der Juden die maßgeblichen Posten besetzt. Als Herzl den „Judenstaat“ schreibt, herrschen in Europa ähnliche Verhältnisse wie heute, also die Verhältnisse nach dem Untergang der Sowjetunion. Die nächste Generation der Juden Europas – so sie den „Judenstaat“ liest – wird Herzls Gedanken leichter nachvollziehen.

Herzl schreibt sein Buch zu einer Zeit, als die unterdrückten Völker Europas nach nationaler Unabhängigkeit streben. Für die Altsozialisierten ist die nationaler Unabhängigkeit politisch höchst inkorrekt. Viele Juden dieser Altersstufe außerhalb Israels können mit einer „Nation“ nichts anfangen. Sie wollen in Deutschland als Juden leben und als Juden in Ruhe gelassen werden, wenn sie ihren täglichen Geschäften nachgehen, die einträglich sind oder meist nicht. Die Juden Israels sind wegen der Realität gezwungen, der Idee des Nationalstaates anzuhängen. Ohne die erfolgreiche Befolgung dieser Idee eines jüdischen Nationalstaates hätten die Judenhasser ihr Ziel erreicht, da die Juden Israels alle tot wären.

Wenden wir uns zu den neuen rechten Parteien, die in ganz Europa nach der Macht greifen. Es handelt sich nicht um Nachfolgeparteien der NSDAP wie der NPD, sondern beispielsweise um den „Front National“ in Frankreich oder der AfD in Deutschland. Für die herrschende Generation von europäischen Juden sind diese Parteien von Nazis durchsetzt. Sie bestehen auf die Herrschaft bürgerlicher Parteien, wobei es diesen Juden gleichgültig ist, in welcher Konstellation die bürgerlichen Parteien regieren. Diese Juden akzeptieren sogar einen „geringen“ Antisemitismus, da sie ihn als notwendiges Übel betrachten.

Ganz anders hingegen die Politik Israels. Es sind gerade die rechten europäischen Parteien, die sich als Freunde und Unterstützer Israels gebärden. Die israelische Politik sieht es als Notwendigkeit an, mit diesen rechten europäischen Parteien zu kooperieren, die den Antisemitismus bekämpfen und gleichzeitig Israel freundlich gesinnt sind. Hier entsteht ein Widerspruch zwischen den europäischen Juden der älteren Generation, die das Sagen haben, und der Politik des Staates Israels. Die europäischen Juden wollen /verständlicherweise) einen neuen Holocaust verhindern, die Juden Israels wollen in Israel weiterleben. Da die Zahl der Juden Israels zunimmt bei gleichzeitiger zahlenmäßiger Abnahme der Juden in Europa, werden sich die Juden Israels durchsetzen.

Dieser Antagonismus hinterlässt bei den Akteuren tiefe Spuren. Im aktuellen Fall Österreichs (FPÖ) fällt die Unsicherheit besonders auf. Israel nimmt Rücksicht auf die österreichischen Juden, obwohl die rechte FPÖ israelfreundlicher, wenn auch nicht unbedingt judenfreundlich, ist als der größere konservative Koalitionspartner ÖVP. Bezüglich der früher antisemitischen FN Frankreichs braucht sich Israel nicht zu outen, da der rechte Front National auf Grund des französischen Wahlmodus kaum Einfluss in der Politik Frankreichs hat.

Herzl hat diese Problematik geahnt. Es glaubt, dass der europäische Antisemitismus schlagartig zu Ende geht, wenn die Juden einen eigenen Nationalstaat haben. Der europäische Antisemitismus wird zwar nicht verschwinden, jedoch werden die europäischen Antisemiten die Juden Israels als Menschen anerkennen und mit ihnen friedlich zusammenarbeiten. Lediglich die Juden, die in Europa verbleiben, unterstehen dem Risiko, als Juden verfolgt zu werden.

Herzl hat nicht geahnt, dass Israel als Nation von den anderen Nationalstaaten als Jude behandelt werden wird, wie es fast täglich die UNO vorexerziert. Die Verfolgung der verbliebenen europäischen Juden, die nicht im Judenstaat Israel leben wollen, hat er hingegen richtig eingeschätzt. Es sind nicht sosehr die rechten Parteien, die die Juden Europas und der USA verfolgen, sondern Anhänger bürgerlicher und linker Parteien, NGOs und Kirchen, die den Hass gegen Israel und gegen die im eigenen Land lebenden Juden schüren. Glücklicherweise zeigt es sich, dass Israel von immer mehr Staaten der Weltgemeinschaft, auch von denjenigen, die wie die arabischen und muslimischen Staaten zum Judenhass neigen, aus eigennützigen Erwägungen als ebenbürtige Partner in Wirtschaft und Forschung angesehen wird.

Der Judenstaat Israel garantiert allen Juden weltweit das Überleben, zuvorderst das Überleben seiner in Israel lebenden Bürger. Die herrschende Generation der europäischen Juden, die bald abtreten wird, kann es wegen ihre Sozialisation nicht verstehen und akzeptieren. Auch Juden hassende europäischen Organisationen sind auf Grund ihres Dogmatismus nicht in der Lage, diese Fakten richtig einzuordnen. Manche bürgerliche, linke oder kirchliche europäische Organisationen werden sich notgedrungen mit den alten rechten Parteien, also den Nachfolgeparteien der NSDAP, gegen Juden und Israelis verbünden.

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