Ein Aufsatz über die Gründe für den Wandel des Journalismus, der keiner mehr sein kann oder den man nun an anderer Stelle findet.

Zeitschriften und Zeitungen in Print verlieren an Auflage, gleichzeitig steigen die Einnahmen aus der Onlinewerbung. Paid Content, also gekaufte Artikel oder Abonnements der elektronischen Ausgaben haben sich bislang nicht so durchgesetzt, dass sie als einzige Finanzierungsquelle ausreichen.

Die Bedeutung der Onlinewerbung als Einnahmequelle hat entsprechend zugenommen, somit müssen sich durch die daraus resultierenden Einflüsse auch die Inhalte und die Taktung der Veröffentlichungen ändern. Die einzigen Einflüsse auf das Geschäft mit Online-Inhalten ist wie so oft das Geld, hier in der Währung „Klicks“. Jeder Klick bewirkt das Anzeigen von Werbeinhalten (ohne Werbeblocker), jede Werbeauslieferung wird in mindestens 1.000er Einheiten abgerechnet. 1.000 Klicks bzw. die damit verbundenen Werbeeinblendungen kosten für das Schalten eines Werbemittels (Spiegel Online, eine Rubrik beispielhaft) zwischen 25 und 105 EUR je 1.000 Werbemittelauslieferungen (Tausender Kontaktpreis, „TKP“).

Ziel muss es demnach sein, eine möglichst hohe Reichweite (vgl. AGOF[2], IVW[3]) mit dem Angebot zu erzeugen, möglichst viele Klicks und somit Werbemittelauslieferungen zu erreichen. Das wird dadurch gewährleistet, dass zunächst ständig aktueller und für die Leser interessanter Content geliefert wird. Schließlich sollen die User immer wieder kommen, immer etwas für sie interessantes vorfinden und sich durch die Artikel klicken, gerne auch durch Bilderstrecken, um für ein Thema mehr Klicks zu erzielen, also in Summe mehr Werbeeinblendungen zu generieren.

Diese Anforderungen bedürfen der Optimierung, wie in allen Wirtschaftsbereichen ist das auch hier der Fall. Neben der Kenntnis um farbliche Gestaltung, Schrifttypen, Nutzerverhalten und Seitenaufbau und dem Auswerten des Erfolgs von Themen erfordert es kommunikativer Maßnahmen, um die Aufmerksamkeit der Leser zu gewinnen bzw. zu steigern. Einerseits kann man das mit aufmerksamkeitserregenden Themen umsetzen, die die User in den einzelnen Ressorts am meisten interessieren, andererseits mittels reißerischer Überschriften, die zum Weiterlesen animieren sollen, das sogenannte Clickbaiting.

Alles wird diesem einen Ziel unterworfen: Klicks. Denn nicht der Kunde, Konsument, Leser zahlt für das, was er nutzt, sondern der Werbetreibende

Die Auswirkungen auf die Inhalte sind verheerend, denn kritische Artikel lassen sich zunehmend weniger schreiben, ohne Umsatzeinbußen in Kauf nehmen zu müssen oder mindestens mit der Möglichkeit dieser Einbußen durch das Nichtschalten von Werbung rechnen zu müssen[1]. Gerade zu sehen in einem ehemaligen Qualitätsmedium wie „der Spiegel“. Hier stehen sich die Wechselwirkungen zwischen Werbetreibendem, der Politik und des journalistischen Anspruchs so im Wege, dass Qualitätsjournalismus schlichtweg nicht möglich ist:

Politisch bewegen sich die Medien innerhalb einer marktkonformen Demokratie, das bedeutet nichts anderes, als dass alles den wirtschaftlichen Interessen untergeordnet wird, was – wie erwähnt – dazu führt, dass man an Kritik spart. Beispiel: so wird aus dem Abgasbetrug der Automobilindustrie eine „Schummelei“, so, wie es die Politik auch formuliert, kommt es dann beim Leser an. Hier wird allein durch die Wortwahl dem Vorgang sämtliche Signifikanz genommen, er wird klein geredet. Was man aber nicht vergessen darf, es ist „Betrug“. Ein weiteres Beispiel ist das Übernehmen der Sprache des vorherrschenden westlichen Narratives zu weltpolitischen Ereignissen. Glaubt man einem Kenner der Szene, Udo Ulfkotte[1], führt die Übernahme der gewünschten Agenda im Gegenzug zu Informationen von hochrangigen Interessensvertretern. Übernimmt man das Narrativ nicht, bekommt man keine Informationen – hat also keine Inhalte zum Schreiben von notwendigerweise, siehe oben, vielen Artikeln. Ein Ausweg aus dieser medial prekären Situation ist ohne Veränderung der Einnahmequelle nicht möglich.

Früher war alles besser (?)

Printausgaben von Zeitungen und Zeitschriften vor der Zeit des Internets wurden zweigleisig finanziert. Erstens über die Verkaufserlöse und zweitens über Werbung. Ein Käufer einer Zeitung oder Zeitschrift ist aber nur bereit, für etwas Geld auszugeben, wenn es ihm gefällt. Das kann unterschiedliche Gründe haben wie Gewohnheit, Interesse an anderen Meinungen oder einfach das Wahrnehmen eines breiten Informationssprektrums. Aber – und das ist der entscheidende Unterschied - er bezahlt dafür. Der Spiegel als Printausgabe, um bei dem Beispiel zu bleiben, hatte im vierten Quartal 2001 1,107 Mio. Verkäufe, im dritten Quartal 2018 noch 542.686 Verkäufe aus Abo und Kiosk Verkäufen, ein Rückgang um ca. die Hälfte[6].

Mit anderen Worten: 564.314 Leser der Zeitschrift sind nicht mehr bereit, für die Inhalte des Magazins der Spiegel Geld auszugeben.

Die Gründe dafür sind vielfältig, zum einen erscheint dem Leser ein (oftmals) für sie kostenloses Onlineangebot auszureichen, zum anderen verliert der Spiegel Leser aufgrund seiner Inhalte. Und genau an dieser Stelle kommen die bereits oben genannten Punkte zum Tragen, die nur den einen Schluss zulassen: ein rein werbefinanzierter Inhalt kann kein guter journalistischer sein.

Wo findet man Journalismus heute?

Simon Hersh beklagt sich über den Niedergang des investigativen Journalismus. Die Zeitungen, in denen er veröffentlicht hat, ließen seine Art der Recherche und die Veröffentlichung der Ergebnisse nicht mehr zu. Ca. 80% der Medienlandschaft in den USA, in deren Umfeld er sich beruflich bewegt (hat), gehören direkt oder indirekt Rüstungskonzernen. Und Hersh berichtete hauptsächlich in diesem Umfeld. Es ist also klar, dass diese Rüstungsunternehmen nicht im „eigenen Marketingverbund“ negative Kritik an sich selbst lesen wollen.[5]

Will man diesen Einflüssen entgehen, so bleibt nur der Weg über den Verkauf der journalistischen Inhalte. Kein großer Verlag traut sich aber, ein ausschließlich über Paid Content, also wie beim Zeitungskauf (ohne Werbung), finanziertes Angebot zu etablieren, zu groß scheinen die Risiken, sich nicht finanzieren zu können. In kleinen Teilen, über einzelne Artikel, funktioniert das, auch bei Spiegel online.

Wo soll man also suchen, um unabhängigen Journalismus zu finden?

Und wird man damit glücklich?

Suchen kann man im Internet, man wird auch fündig, und zwar unter den crowdfinanzierten Anbietern. Diese Anbieter sind auf Spenden angewiesen, um sich ihre Arbeit zu finanzieren, mit wachsendem Erfolg. Man nennt diese Medien „Alternative Medien“, wobei man die Begrifflichkeiten, was die Inhalte anbelangt, umdrehen muss: Medienanbieter wie der Spiegel oder andere große und reichweitenstarke Medienmarken, bieten inzwischen nichts weiter als Infotainment, reine Unterhaltung. Zu stark ist der Einfluss auf die veröffentlichten Inhalte, um sie noch anders benennen zu können. Spiegel, Zeit und FAZ sind inzwischen auf dem Niveau einer immer schon journalistisch miserablen „Bild“ angekommen und werden sich innerhalb der jetzigen Systematik nicht ändern können (s.o.).

Die sogenannten „Alternativen Medien“, also die „eigentlichen Journalisten“, bilden in ihrer Funktion als Korrektiv ein (bürgerliches) Sprachrohr zu Mainstream Medien, etablierten Parteien, politischen Institutionen und ökonomischen Systemen. Ihr Fokus richtet sich auf oppositionelle Politik, das Aufgreifen vernachlässigter oder unterdrückter Themen, marginalisierter Gruppen und sozialer Bewegungen.

Ein bereits etabliertes Onlinemagazin, das (nicht immer) neutral berichtet, ist das Angebot von Heise.de, es nennt sich telepolis.

Folgend eine rein zahlenbasierte Auflistung der jeweils 4 Anbieter mit der höchsten Reichweite im Internet:

Die Top 4 Internetseiten unter den eigentlichen journalistischen Medien bilden die Epoch Times mit 6,5 Mio Visits/Monat, RT Deutsch mit 5,9 Mio Visits/Monat, PI-NEWS mit 5,7 Mio Visits/Monat und Sputnik DE mit 5,3 Mio Visits/Monat.

Für Interviews und andere Streaminginhalte auf youtube gibt es eigene Kanäle, die man abonnieren kann und so stets über neue Veröffentlichungen auf dem Laufenden gehalten wird. Die reichweitenstärksten youtube Kanäle sind hier RT Deutsch mit 128 Mio. Youtube-Aufrufen, KenFM mit 61,5 Mio., NuoViso mit 32 Mio. und Neue Horizonte TV mit 27 Mio. Alle der genannten sind auch auf facebook zu finden.

Für weiterführende Informationen zu Journalismus im Internet finden Sie hier eine Webseite, die ein Angebot zusammengestellt hat, dass sich nach der Art des Mediums und der politischen Einordung filtern lässt.

Alternativen zu einem Format wie der Tagesschau oder Heute, die täglich aktuelle Nachrichten liefern, kann man noch nicht in Youtube finden.

Abschließend noch zwei unbedingte, subjektive Empfehlungen für klaren und offenen Journalismus und konkreten Medienkonsum:

Lesen Sie morgens ab ca. 08:30 die Hinweise des Tages auf den Nachdenkseiten. Hier erhalten Sie eine Presseschau über lesenswerte Online-Artikel von unterschiedlichen Autoren. Das spart Zeit und zeigt schon mal eine gute Auswahl auf wichtige Themen aus Politik und Gesellschaft[4]. Und schauen Sie auf Rubikon und die Seite von Telepolis.

Wenn Sie noch tiefer informiert werden wollen, dann widmen Sie sich der Rubrik „KenFM im Gespräch“ den bis zu 2,5 Stunden andauernden Interviews mit Fachleuten zu aktuell wichtigen Themen mit einer inzwischen beachtligen Auswahl. Hier wird besonders deutlich, dass Journalismus crowdfinanziert funktioniert.

Eine Frage bleibt noch zu beantworten: Wird man damit glücklich?

Glück hat immer etwas mit sozialer, gegenseitiger Anerkennung zu tun. Mir Geborgenheit und einem Mindestmaß an Sicherheit. „Spiegelleser wissen mehr“ war einmal eine Tatsachenbehauptung. Dieses mehr an Wissen hat nicht glücklich gemacht, sondern aufgeregt und manchmal wütend. Nur dadurch aber kann ein Mensch motiviert werden, Dinge zum Besseren zu verändern und langfristig glücklicher zu werden.

Mit anderen Worten: erstmal nicht.

Quellen:

[1] KenFM im Gespräch mit: Dr. Udo Ulfkotte (Gekaufte Journalisten)

[2] https://www.agof.de

[3] https://www.ivw.eu/

[4] Nachdenkseiten, was wir bieten

[5] https://www.rubikon.news/artikel/die-verbannung-der-wahrheit

[6] https:/www.meedia.de

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

8 Kommentare

Mehr von Benni