Auch wenn es sich aufgrund der Volatilität und starken Bewegungen nicht so angefühlt hat: Die abgelaufene Woche verlief durchaus positiv! Der DAX konnte um fast 0,7 % zulegen, der heimische ATX sogar um knapp 2,3 %. Zwei Themenkomplexe hatten die Märkte weiterhin fest im Griff: die Öl-Problematik sowie die Berichtsaison.

Ersteres ist ja mittlerweile schon ein alter Bekannter. Diesmal sorgte der russische Energieminister für Schlagzeilen, als er ankündigte, dass Saudi Arabien den anderen OPEC-Mitgliedsländern eine Kürzung der Ölfördermenge vorschlagen wird. Dass diese dramatische Abkehr von der bisherigen Politik umgehend von Saudi Arabien dementiert wurde, wurde ignoriert. Der Ölpreis konnte im Wochenverlauf um über 5 % zulegen. Der Markt für den wichtigsten Rohstoff weltweit befindet sich noch immer in einer spannungsgeladenen Situation: Fundamentale Gründe, wie die Ausweitung der Fördermenge durch den Iran, die überraschend anhaltend hohen Produktionsmengen aus den USA sowie die Grabenkämpfe innerhalb der OPEC deuten weiterhin auf niedrige Preise hin („lower for longer“ ist das neue Motto). Auf der anderen Seite sind das alles keine neuen Informationen, wodurch sich viele Investoren für weiter fallende Kurse positioniert haben. Dadurch kann es bei Veränderungen der Nachrichtenlage, auch wenn es sich nur um Gerüchte handelt, zu starken Kursausschlägen kommen, auch „Short Squeeze“ genannt: Die Shorts (zu Deutsch auch Leerverkäufer genannt) werden aus ihren Positionen regelrecht „herausgedrückt“, Panik macht sich breit und die Investoren wollen einfach nur ihre missglückten Wetten schließen.

Als missglückte Wette stellte sich in den letzten Jahren auch die OMV heraus. Der heimische Öl- und Gasriese investierte in der Hochphase rekordverdächtige Summen in neue Felder, vor allem in der Nordsee, einem zwar hochpreisigen, aber politisch stabilem Gebiet. Diese Investitionen kommen nun wie ein Bumerang zurück: Allein im vierten Quartal 2015 dürfte die OMV EUR 1,8 Mrd. abschreiben, der Großteil davon in den Bereichen Exploration und Produktion. Ölfelder mit Förderkosten im hohen zweistelligen bzw. niedrigen dreistelligen Bereich rentieren sich leider kaum im aktuellen Umfeld. Auch der bisherige Rettungsanker in Form hoher Raffineriemargen dürfte sich gelockert haben, im vierten Quartal verzeichnete das Unternehmen einen deutlichen Rückgang. Beides war eigentlich nicht wirklich schwer vorherzusehen: Ersteres durch einen kurzen Blick auf den Ölpreis, letzteres durch einen kurzen Blick auf die aktuell stark zurückgehenden Preise an den Tankstellen.

Auch einige der übrigen Unternehmensberichte diese Woche fielen eher gemischt aus. Vor allem die Banken machten durch weitere Abschreibungen Schlagzeilen. Diesmal geht es um Kreditversicherungen in Großbritannien, ausnahmsweise ein Thema, bei dem die heimischen Institute mal nicht an vorderster Front mitgemischt haben. Gut mitgemischt hat hingegen der heimische Leiterplattenhersteller AT&S: Nach einigen Enttäuschungen innerhalb der Smartphone-Branche (unter anderem konnte Branchenkrösus Apple mit den diese Woche veröffentlichten Quartalszahlen die Investoren nicht überzeugen) kam die Angst vor einem Abschwung auf. Zwar meldete die Firma einen Rückgang der Nachfrage, dies ist jedoch vor allem auf einen überdurchschnittlich hohen Absatz in den letzten zwei Quartalen zurückzuführen und stellt eher einen Rückgang zur historischen Norm dar, als ein zyklisches Top.

Weniger gut verlief das Quartal jedoch beim Flugzeughersteller Boeing, aufgrund schwächerer Nachfrage wurde die Produktion der gigantischen 747 wiederum gedrosselt. Der aktuelle Lieblingsprügelknabe der Märkte, FACC, fiel daraufhin kurzfristig um über 8 %, ohne dass sich jemand die Mühe machte nachzusehen, ob die Firma überhaupt Teile für die 747 liefert (sie tut es natürlich nicht). Möglicherweise dürfte die Schwäche von Boeing jedoch eher an Boeing liegen, als an einem allgemeinen Abschwung der Branche, immerhin meldet das europäische Pendant Airbus beinahe täglich neue Großaufträge.

Ob dies auf bessere Produkte von Airbus zurückzuführen ist oder einfach ein Nebenprodukt der Wechselkursbewegungen (die Produkte von Airbus verbilligten sich für einen außereuropäischen Käufer im Vergleich zum Boeing-Angebot um über 20 % seit Mitte 2014 aufgrund des Euroverfalls!) ist im Endeffekt zweitrangig. Divergenzen wie diese sind es, die unsere Hoffnung am Leben erhalten, dass die deutlich bessere Entwicklung vieler europäischer Unternehmen im Vergleich zu ihren amerikanischen Peers sich vielleicht doch auch irgendwann in einer besseren Aktienkursentwicklung widerspiegelt. Immerhin sollten diese seltsamen Zackenlinien, die da täglich über unsere Bildschirme flitzen ja angeblich im Zusammenhang mit echten Firmen stehen, auch wenn es derzeit nur selten so aussieht…

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