Marc Puig i Pérez | Flickr https://www.flickr.com/photos/52940781@N04/16777031684/

Vor dem Spiel titelten die spanischen Gazetten "Mission (im)possible", danach war nur noch vom "Wunder von Barcelona" zu lesen. Doch es war kein Wunder. Schiedsrichter Deniz Aytekin ist zwar der am meisten besprochene, aber mit Sicherheit nicht der einzige Grund dafür.

Nicht nur die spanischen Medien trauten den "Blaugrana" die Aufholjagd zu. Auch hierzulande - so zumindest mein subjektiver Eindruck - hielten es nicht wenige Medien für möglich. Es wirklich zu schreiben traute sich jedoch kaum jemand. Einige Sportwetten-Fanatiker ließen sich diese Chance nicht entgehen und nutzten die guten Quoten, um bei einem nicht ganz unmöglichen Weiterkommen des FC Barcelona einen ordentlichen Gewinn zu kassieren. Viele setzten auf ein bloßes Weiterkommen der Katalonier, einige ganz mutige - andere hätten vor dem Spiel wohl eher verrückte gesagt - tippten sogar auf 6:1. So gab es in den sozialen Netzwerken viele Tippscheine zu bestaunen, die ihren Besitzern Gewinne von mehreren tausend Euro einbrachten.

Doch zurück zum Spiel. Paris Saint Germain startete nach dem fulminanten 4:0 Sieg in der Heimat erwartungsgemäß zurückhaltend. Die Pariser formierten sich um ihren Strafraum und attakierten erst sehr spät. Es kam wie es kommen musste. Luis Suárez erzielte in der dritten Spielminute den 1:0 Führungstreffer für Barcelona und die erhoffte Spannung baute sich weiter auf. Barca brauchte zwar immer noch drei Tore um auszugleichen, beziehunsweise vier um weiterzukommen, doch ab sofort wusste jeder, dass es möglich war.

PSGs Passivität und Chancenverwertung

Paris Saint Germain hatte spätestens jetzt "den Stift in der Hose" und traute sich kaum noch anzugreifen. Und genau das ist einer der Gründe dafür, warum das "Wunder" gelang: Die Pariser waren von Anfang an viel zu passiv und ließen Barcelona gewähren. Die Hausherren konnten beinahe ungestört den Ball rund um den gegnerischen Sechzehner hin und her schieben, bis sich eine Lücke auftat. Seit Pep Guardiola ist das für jeden Gegner tödlich. Dennoch kam Paris im Laufe der Partie zu mehreren sehr guten Tormöglichkeiten, die aber fast alle ungenützt blieben.

Im Video sieht man einen Fehlversuch von Stürmerstar Edinson Cavani. Auch wenn ter Stegen hier bravourös pariert, solche Chancen müssen auf diesem Niveau verwertet werden. Mit nur einem Tor mehr hätte PSG den Gastgebern jegliche Chance auf den Aufstieg genommen.

Barcelonas unermüdlicher Einsatz

Kurz vor der Pause wurde der nächste Grund für die Wende offenbart: Javier Mascheranos Vorarbeit zum 2:0 war symbolhaft für den unermüdlichen Einsatz, den die Hausherren an den Tag legten. Es wurde um jeden Ball gekämpft, auch wenn die Lage noch so aussichtslos war. Ein weiteres Beispiel dafür ist der Einsatz von Marc-André ter Stegen. Barcas Tormann war wegen eines Freistoßes in der Nachspielzeit weit in der gegnerischen Hälfte, als seine Mannschaft den Ball verlor. Er startete einen Sprint und nahm PSG Stürmer Cavani noch vor der Mittellienie den Ball ab. Dessen anschließendes Foul an dem deutschen Tormann war der Grund für den Freistoß vor dem 6:1. Doch nicht nur Barcelonas Kicker gaben alles, die Fans taten es ihnen gleich. Jeder Ballgewinn, jeder Eckball, einfach alles, was in irgendeiner Weise positiv war, wurde frenetisch bejubelt. Messi, Neymar und Co konnten garnicht anders, als 95 Minuten lang Vollgasfußball zu spielen.

Aytekins Fehlentscheidungen

Nun zum meistdiskutierten Punkt dieses historischen Abends: Schiedsrichter Deniz Aytekin und seine Assistenten. Objektiv betrachtet hätte der FC Barcelona das Spiel nur mit acht Spielern beenden dürfen. Zwei Mal hätte der Deutsche direkt Rot zeigen müssen und einmal Gelb-Rot. Die Fehlentscheidung, die das Spiel wahrscheinlich entschieden hat, wurde kurioserweise am wenigsten diskutiert. Das liegt vermutlich auch daran, dass es der spanische Regisseur der Liveübertragung nicht für nötig hielt, die Szene noch einmal in Zeitlupe zu wiederholen.

Beim Stand von 3:1 für den FC Barcelona - also zu einer Zeit, in der jeder das Spiel für entschieden hielt - lief der Argentinier Ángel Di Maria alleine auf Tormann ter Stegen zu. Di Marias Landsmann Javier Mascherano verfolgte ihn und setzte zur Grätsche an. Just in dem Moment, in dem Di Maria zum Schuss ansetzte, wurde er von Mascherano von hinten am Standbein getroffen. Normalerweise eine klare Sache: Elfmeter für PSG und Rote Karte für Mascherano wegen Torraubs. Nicht so an diesem Abend. Deniz Aytekin gibt Abstoß und das Spiel läuft ganz normal weiter. Hätte er hier die richtige Entscheidung getroffen, wäre Barcelona personell geschwächt worden und Paris Saint Germain hätte vermutlich auf 3:2 gestellt. Barca hätte dann noch weitere vier Treffer benötigt.

Wenige Minuten später ließ sich Neymar Jr. zu einem Frustfoul an Marquinhos hinreißen. Der brasilianische Flügelflitzer trat seinem Landsmann nach einem Ballverlust im gegnerischen Sechzehner ohne jegliche Chance auf den Ball von hinten in die Beine. Aytekin hat das gesehen und gab trotzdem nur Gelb. Das hätte der zweite Platzverweis sein müssen.

Nun zur am meisten besprochenen Szene des Spiels. Barcelonas urugayischer Stürmerstar Luis Suárez erwartet in der 90. Minute einen hoch nach vorne veschlagenen Ball. PSG Verteidiger Marquinhos verfolgt ihn im Laufduell und streift ihn kurz mit dem Arm in der Brustgegend. Suárez fällt sofort und Ayetekin gibt Elfmeter. Die nächste klare Fehlentscheidung des Schiedsrichterteams. Suárez hatte schon in der 67. Minute wegen einer Schwalbe Gelb gesehen, nun hätte er für die zweite Schwalbe vom Platz gestellt werden müssen.

Im Gegensatz zum Elfmeter in der 50. Minute, den Messi zur 3:0 Führung verwandelte, meldete sich der Torrichter diesmal nicht. Er hätte sehen müssen, dass Suárez wieder simuliert hat. Neymar Jr. - der ebenfalls nicht mehr am Platz stehen hätte dürfen - verwandelte den Elfmeter zur 5:1 Führung und kurz darauf erzielte Sergi Roberto nach Neymar-Vorlage den 6:1 Siegtreffer.

Es war ohne Zweifel ein historisches Spiel und auf Grund der Spannung mal wieder tolle Werbung für den Fußball und die UEFA Champions League. Doch es war kein Wunder und es war irregulär. Dennoch darf man nicht vergessen, dass PSG das Spiel mehrmals entscheiden hätte können und Barcelona sich den Sieg durch unermüdlichen Einsatz verdient hat. Nicht aber durch Fair Play. Laut übereinstimmenden spanischen Medienberichten wird Deniz Aytekin in dieser Saison kein Champions League Spiel mehr leiten.

Dieser Beitrag erschien auch auf da-z.jimdo.com

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Matt Elger

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Petra vom Frankenwald

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MartinMartin

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