Rumänien ist für viele von uns noch weitgehend unbekanntes Gebiet. Ehemaliger Ostblock eben. Wirtschaftlich rückständig. Ab und an gehen Meldungen durch die Medien. Rumänen stehlen heißt es da, und wir glauben es. Die sind eben so. Straßenhunde überall, die da vergammeln. Wir spenden ein bisschen für ihre Rettung. Wir fühlen uns besser. Dann wenden wir uns wieder unserem Leben zu und fragen nicht ob es stimmt. Rumänien bleibt für viele von uns weitgehend unbekanntes Gebiet.

Ich hatte es nicht von langer Hand geplant. Wie so vieles im Leben ergab es sich, einfach so. Warum auch nicht. Schließlich würde ich ja nicht alleine reisen. So brachen wir auf. Unser Weg führte und quer durch Ungarn. Das ging schnell, denn von der einen Grenze bis zur anderen verläuft die Autobahn. Man sieht nichts vom Land oder wenig, doch dafür geht es schnell. Die Vignette ist gekauft. Man stellt fest, dass sie billig ist. € 3,-- für sieben Tage. Man denkt nicht daran, dass das nur für österreichische Verhältnisse gilt. Sobald man weiß, dass das durchschnittliche Einkommen in Rumänien € 250,-- beträgt erscheint es nicht mehr billig. Kurz darauf ist die Autobahn aus, bereits in Arad. Das bedeutet 160 Kilometer, die man auf der Landstraße zurücklegen muss, bevor sie in Deva wieder weitergeht. Mitten im Land ein Stück Autobahn, 140 km lang bis Sibiu.

Auf der Autobahn ist man weitgehend alleine. Offenbar bevorzugen noch viele Rumänen die Landstraße, wohl auch wegen der Vignette. Es fällt einem auf, dass mit Ausfahrten gespart wurde. Und es gibt keine einzige Raststation. Wozu auch. Dann wieder Landstraße. Man umrundet die großen Städte und von einer Stadt zur anderen reiht sich ein kleines Dorf auf das andere. Wie Perlen auf einer Schnur. Unregelmäßig, doch alle irgendwie ähnlich. Die Hauptstraße, die den Ort in zwei Hälften teilt und auf der sich die Autofahrer im Schnellfahren übertrumpfen. Fußgänger gib Acht. Es ist schwer die Straße zu überqueren, denn hier haben die Autos eindeutig Vorrang. Verfallene Häuser neben neuen. Armut neben Reichtum. Offen zur Schau getragen. Es ist Zwiebel- und Kartoffelzeit. Die Menschen haben Tische neben die Straße gestellt und bieten ihre Waren feil. Zumeist werden die alten Leute hingesetzt, die geduldig auf Kunden warten. Die Waren sehen frisch aus. Vielleicht bleibe ich stehen und nehme doch was mit. Zwiebel und Erdäpfel, garantiert biologisch. Dazwischen immer wieder Hunde, die auf der Straße herumlaufen. Oder auch nicht mehr laufen. Wenn sich vor meinem Auto einer auf die Straße wagt, dann bremse ich, aber ich bin auch nicht aus Rumänien.

Die Rumänen bremsen nicht. So werden Hunde immer wieder angefahren. Überfahren, wenn sie Glück haben, denn die sind auf der Stelle tot, aber angefahrene Hunde werden einfach liegen gelassen und krepieren langsam. Es interessiert niemanden. Vielleicht kommt zufällig ein Ausländer vorbei, der sich des verletzten Tieres annimmt und es zum Arzt bringt. Doch wer würde es sich leisten für ein Tier Geld auszugeben, Geld, das man dringend für das eigene Überleben benötigt. Viele Hunde schauen nicht schlecht genährt aus, vor allem in der Stadt. Auch wenn sie auf der Straße leben gibt es offenbar Menschen, die sie füttern. Die Starken überleben. Doch viele sind krank. Offene Wunden. Verkrustet oder von Maden befallen. Daneben gibt es auch solche, die mit rosa Schleifchen versehen an der Leine geführt werden. Straßenhunde und Haushunde. Reich neben arm. Das gibt es bei uns auch, doch hier ist es viel offensichtlicher. Die Armut wird hier nicht versteckt. Es ginge auch gar nicht. Es gibt zu viele. Zu viele arme Menschen. Zu viele heimatlose Hunde.

Und dazwischen immer wieder weite, offene Landstriche, auf denen die Kühe und Pferde frei grasen und die Schäfer mit ihren Hütehunden die Herde bewachen. Wenn dann noch zufällig im Hintergrund die Sonne untergeht, dann ist dies an Idylle kaum mehr zu übertreffen. Mit Romantik aufgeheizte Atmosphäre. Es ist ja eh alles gut, kann man sich dann einreden und auch weiterreden, wenn man es den Freunden zeigt. Natürlich hat man es fotografiert.

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Paradeisa

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