Es ist mal wieder einer jener Tage, wo ich mit allem hadere, mit den Befürwortern des aktuellen Wahnsinns, der meiner Meinung nach viel größer ist, als die Meisten ahnen, sowieso - und mit den Kritikern auch. Einer jener Tage, wo ich, wie so oft, zwischen allen Stühlen sitze. Was stimmt mit mir nicht?

Ich glaube, ich habe eine ziemlich abweichende Vorstellung vom Menschen und vom Menschsein als viele.

Möge doch jeder folgendes Gedankenexperiment machen: Blicke weit in die Zukunft, 1000 oder 5000 Jahre und versuche dir Menschen in dieser Zeit vorzustellen. Gib ihnen 100 Prozent Zielerreichung für ihr Wissen, ihren Zivilisationsgrad, ihre Fähigkeiten und emotionale Reife. Und dann blicke auf uns Heutige. Wie viel Prozent gibst du uns?

Ich glaube, die meisten Menschen würden uns heute Lebenden wohlwollende 80 bis 85 Prozent geben. Wir sind doch wer! Wir haben doch viel geschafft! Sicher, es gibt noch ein wenig zu tun, noch ein paar Löcher im Wissen zu schließen, ein paar Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Die Menschen der Zukunft werden mit Stolz auf uns zurück blicken.

Ich habe das immer anders gesehen. Ich würde uns 20 Prozent Zielerreichung geben. Und ich könnte mir vorstellen, dass die Menschen der Zukunft über uns lachen oder verächtlich vor uns „Idioten“ ausspucken.

Was ich damit sagen will: Es ist so vieles möglich. Der Mensch und seine Zivilisation ist ein Projekt. Kein Grund für unsere Generation anmaßend zu sein oder sich die Köpfe einzuschlagen. Vielleicht sitzen wir auf einem Seitenast der Evolution wie der Neandertaler, und der Ast geht einfach nicht weiter? Wo bleibt die Neugierde und das Spielerische? Warum lassen wir uns von Idioten sagen, das oder dies wäre alternativlos?

Ein anderer Punkt: Der Mensch als Individuum und als Spezies neigt zu maßloser Selbstüberschätzung. Man kennt das, wenn Erfolgreiche über ihr Leben sprechen. Alles haben sie selbst erreicht und geschaffen. Nie hört man: „Ich war zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ oder „eine gütige Kraft hat mir den richtigen Weg gewiesenen“. Nicht anders ist es mit der Menschheit. Wir haben alles geschaffen. Wir formen den Planeten und an uns liegt es, ihn und alles Leben zu zerstören. Wir sind die Größten!

Ich halte das für naiv. Der Gedanke, dass eine evolutionäre Kraft mit und durch uns wirkt, hat mich immer begleitet. Ihre bestimmende Kraft ist relativ gering und lässt uns unglaublich viel Freiheit. Aber ich glaube beim besten Willen nicht, dass zum Beispiel der Mensch des Mittelalters die Freiheit hatte, sich zum Steinzeitmenschen zurück zu entwickeln.

Und dann das alles beherrschende Thema dieser Tage: der Islam. Wie viel Sinnloses habe ich darüber gelesen. Und Unnützes! Von Kritikern und Befürwortern. In der wissenschaftlichen Anthropologie gilt es als Paradigma, dass man keine fremde Kultur mit den Maßstäben seiner eigenen Kultur messen darf. Was sollen also diese Besinnungsaufsätze, womit der Islam was zu tun hat? Unsinniges Geschreibsel!

Aber unter evolutionären Aspekten hat jedes kulturelle Immunsystem das Recht, kulturfremde DNA abzulehnen. Ohne Wenn und Aber. Aber ich vergaß: Ihr habt ja keine Kultur mehr. Über Bord geschmissen, weil man auf dem Weg des Optimize-to-the-Max schneller voran kommt, ohne diesen Ballast.

Ich glaube, ich richte mich zwischen den Stühlen erst mal wohnlich ein.

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