Vor unseren Augen wurde in den letzten Wochen vor allem ein Generationenwechsel vollzogen, der das gesellschaftliche Miteinander gravierend verändern wird.

Es geht uns also wieder gut. Die Krisen der vergangenen Jahre scheinen überwunden. Die Wirtschaft boomt wieder. Die Arbeitslosigkeit ist in letzter Zeit deutlich geringer geworden. In manchen Branchen herrscht akuter Arbeitskräftemangel. Alles gut?

Nicht alle Menschen profitieren vom Aufschwung

Nicht alle Menschen profitieren vom rasanten wirtschaftlichen Aufschwung der jüngeren Vergangenheit. Vor allem ältere Menschen über fünfzig haben keine Chance auf einen Job, auch wenn sie hoch qualifiziert, erfahren, leistungsbereit, flexibel, arbeitswillig, was auch immer von ihnen seitens der Wirtschaft gefordert wird sind. In diesem Segment steigt die Arbeitslosigkeit kontinuierlich und dramatisch an. Sie seien zu teuer, zu unflexibel, zu anspruchsvoll, zu wenig leistungsbereit, gesundheitlich angeschlagen, kurz: Sie sind einfach den Anforderungen der modernen Arbeitswelt 2.0, geschweige denn, der schon längst begonnenen industriellen Revolution 4.0 nicht gewachsen, wird von Arbeitgeberseite zumeist achselzuckend, rechtfertigend argumentiert. Dennoch wird von ihnen gefordert länger zu arbeiten, wenn es nicht anders geht eben selbständig zu machen, kreativ zu sein, die vermeintlich unerschöpflichen Möglichkeiten zu nutzen und sich nicht aushalten zu lassen.

Anstatt Leistung zu belohnen, werden Sozialleistungen gekürzt

Gleichzeitig wird auf politischer Ebene, vielfach und vor allem gerne von Nichtamtsführenden, nachdrücklich eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit eingemahnt, Leistungseinschränkungen für nichts Leistende gefordert und angekündigt. Leistung muss sich wieder lohnen, ist das Motto. Und anstatt Leistung mit höheren Löhnen zu belohnen, werden die Sozialleistungen eingeschränkt und deren Bezugsdauer verkürzt. Auch wird ständig eine Reform des Pensionssystems gefordert. Wohlig abgesicherte, von den geforderten Reformen nicht betroffene, meist Fliege tragende Experten verweisen vorwurfsvoll darauf, dass die Menschen älter (!!) werden und es den Braven und Fleißigen, vor allem den Jungen nicht zugemutet werden kann, für die sich scheinbar explosionsartig vermehrenden Alten und deren jahrzehntelangen Müßiggang weiterhin im bisherigen Ausmaß zu sorgen. Da wird schon einmal gerne dreißig Jahre und länger in die Zukunft geblickt, oder den Betroffenen vorgerechnet, dass man mit zwei Euro am Tag eine Familie versorgen kann. Was die Experten dort in der fernen Zukunft sehen muss wahrlich apokalyptisch sein, weshalb es deren Meinung nach auch immer eine radikale, wirklich einschneidende, ultimative Reform braucht. Will meist heißen: die Pensionen sind zu hoch und werden zu lange bezogen.

Generationenkonflikt wird bewusst geschürt

Der so bewusst herbeigeschwafelte Generationenkonflikt zwischen den offenbar uneingeschränkt leistungswilligen, aber auf Grund der angeblich unerträglichen Belastungen nicht mehr leistungsfähigen Jungen, die unter der erdrückenden Last der von ihnen geforderten Leistungsbeiträge zusammenzubrechen drohen und den in der sozialen Hängematte genüsslich ruhenden Alten, ist gewollt und wird ganz bewusst von allen Seiten befeuert und instrumentalisiert. Gerne wird dabei vergessen, dass die Unterstützung der Alten durch die Jungen nur die eine Seite der Medaille des Generationenvertrages ist. Die andere Seite ist, dass die heute Älteren und Alten dafür gesorgt haben, dass die nachkommenden Jungen heute überhaupt sind. Im ganz grundsätzlichen Sinne, nicht nur, was sie heute sind.

Die Middleager von heute, sind die Alten von morgen

Hardcore-Neoliberale halten dem meist entgegen: Selber schuld, hätten diese Menschen etwas Besseres gelernt, hätten sie vorgesorgt, sich wenigstens eine Eigentumswohnung gekauft, dann ginge es ihnen heute nicht schlecht. Den Middleagern von heute sei gesagt: Die heute Alten, waren es, die neben der Altersversorgung ihrer Eltern- und Großelterngeneration, auch euer Erwachsenwerden und eure Ausbildung durch ihre Leistungsbereitschaft ermöglicht und Kindergärten, Schulen, Universitäten und die vorhandene Infrastruktur finanziert haben, die ihr genutzt habt. Die Lasten, die ihr heute zu tragen habt, sind nicht von ihnen verursacht, sondern von jenen, die nicht bereit sind ihren gerechten Beitrag zu leisten, aber unverschämt und überproportional von den geschaffenen Möglichkeiten profitieren. An Geld mangelt es wahrlich nicht. Es ist mehr als genug vorhanden, um alle sozialen Errungenschaften auf Dauer aufrecht zu erhalten und zu finanzieren. Es muss nur gerecht verteilt werden.

Menschenwürdig alt werden ist das Mindeste

Wenn wir, ich und all die anderen Alten, von euch schon nicht mehr in eurer neuen schönen digitalen Welt gebraucht werden, dann lasst uns wenigsten menschenwürdig alt werden. Das ist das Mindeste, was ihr für uns tun könnt, ja, müsst. Wir müssen uns jedenfalls nicht dafür entschuldigen zu leben, und wir haben ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Dasein im Alter ohne ständig ein schlechtes Gewissen euch gegenüber haben zu müssen.

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Tourix

Tourix bewertete diesen Eintrag 18.12.2017 00:25:18

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