Seit der Österreicher Adolf Hitler einen Weltkrieg vom Zaum brach (allerdings auf dem Umweg über Polit-Karriere in Deutschland) haben wir Österreicher weltweit ein massives Imageproblem.

Nun ist auch ein Streit darum ausgebrochen, ob Andreas Gabalier politisch ein Neonazi oder sowas in die Richtung sei, bzw. ob er politisch korrekt sei.

Gabalier kommt noch dazu ausgerechnet aus Graz, der sogenannten "Stadt der Volkserhebung", der Stadt, in der als erste in Österreich die Nazis die Macht übernahmen.

Was nicht unbedingt ein Spezialfall sein muss: Revolutionen, egal, ob zum Guten oder zum Schlechten, finden oft in der zweitgrößten Stadt eines Landes statt, bzw. beginnen dort.

Die französische Revolution begann in Marseille (daher die Marseillaise), nicht in Paris, die russische Revolution in Sankt-Petersburg, nicht in Moskau, die chinesische Revolution in Shanghai, nicht in Peking, die Umwälzung in Rumänien 1989 begann in Temesvar, nicht in Bukarest, der Zusammenbruch der DDR/SED in Dresden, nicht in Ost-Berlin.

Dass Umwälzungen oft in der zweitgrößten, bzw. der abgesehen von der Hauptstadt größten Stadt eines Landes beginnen, hängt damit zusammen, dass in der Hauptstadt der Anteil an regierungstreuen Beamten viel größer ist als in der zweitwichtigsten Stadt.

Das ist gleichzeitig das Knoflach-Theorem der Revolutionsausbrüche, das ich wohl auch deswegen entwickelte, um Graz, wo ich lange lebte, zu rehabilitieren gegen die permanenten Nazi-Stadt-Graz- und Stadt-der-Volkserhebung-Vorwürfe, speziell aus dem Roten Wien.

Diese Nazi-Stadt-Graz-Vorwürfe mögen auch eine Rolle gespielt haben dafür, dass der Wiener Bürgermeister Michael Häupl den steirischen Landeshauptmann Franz Voves, der eigentlich ein SPÖ-Parteikollege war, politisch killte und unter die 30%-Rücktrittsmarke drückte, indem er ihm vorwarf, er rede wie die Pegida.

Aber zurück zu Andreas Gabalier:

Hauptsächlich umstritten und Anlass des Streits war das Hallihallo-Video, das von Narrhalla mit dem Karl-Valentin-orden bepreist wurde bzw. bepreist werden sollte, was wiederum von verschiedenen, z.B. dem Valentin-Karlstadt-Forum, kritisiert wurde. Die Vorwürfe gegen ihn waren Homophobie, rechtes Gedankengut und Frauenfeindlichkeit.

Hier das umstrittene Video, das in der Tat einige problematische Punkte enthält, aber auch einige Punkte, die nicht ins Vorwurf-Schema passen:

Nicht in den Vorwurf des "rechten Gedankenguts" passt die vielfache Verwendung englischsprachiger Begriffe in Gabalier-Videos, in diesem Fall "Lipstick-Lady" oder "ready". Ein echter Rechter würde hier konsequent die deutsche Übersetzung "Lippenstift-Dame" oder so fordern und Gabalier alleine schon wegen der Verwendung von Begriffen aus der Sprache des verhassten Churchill-Roosevelt´schen Kriegsfeinds aus dem Kanon der "rechten Künstler" verbannen.

Die Textzeile "dass ich mich nicht mehr halten kann" mag in der Tat eine gewisse Vergewaltigungsnähe ausdrücken, aber dem gegenüber steht die Textzeile "Sagt sie ja, bleibst du da, sagt sie nein, fährst du heim", das ziemlich eindeutig auf Konsensualität abstellt. Ein echter Frauenfeind (und so lautet der Vorwurf) würde diese Zeile zumindest weglassen, bzw. ganz andere bringen.

Auch der Vergleich weiblicher Brüste mit Kuheutern stiess auf massive Kritik. Im alpinen Bereich und in agrarischen Regionen ist dieser Vergleich absolut nicht unüblich, und es wird ja vielleicht nur auf die funktionale Ähnlichkeit abgestellt (beide können Milch geben), nicht auf Schönheit.

Vergleicht man eine Frau mit einer Kuh, wenn man weibliche Brüste mit Kuheutern vergleicht ? Und ist das negativ wie viele Mensch-Tier-Vergleiche ? Oder ist es nur dann abwertend, wenn man Männer nicht mit Ochsen oder Stieren vergleicht (ich bin übrigens vom Sternzeichen her "Stier" ). Ebensohäufig, wie der der Vergleich Brust-Euter in einer alpin-agrarischen Gesellschaft ist, ebenso oft stösst er auch auf Widerstand, speziell von Frauen.

In der Konkreten Szene soll vielleicht nur ausgedrückt werden, dass der Dargestellte (die Identifikationsfigur, nicht gabalier als Person) ein armer Hund sei, für den das Streicheln von Kuheutern das in seinem jämmerlichen Leben ist, womit er dem Streicheln weiblicher Brüste noch am nächsten kommt.

Was vielmehr erstaunt, ist das, was an diesem Video nicht kritisiert wurde: die Szene mit Gabalier und den vier Frauen im Stadel bzw. im Häuschen (der "Hittn" ) passt erstaunlich gut mit dem Koran zusammen, denn laut Koran ist Verheiratung mit bis zu vier Ehefrauen erlaubt.

So gesehen ist eine Übereinstimmung von Gabalier mit der ansonsten islamkritischen FPÖ gar nicht zu erkennen, sondern aufgrund dieser islamaffinen Komponente müsste Gabalier eigentlich eher der SPÖ oder den Grünen zugeordnet werden.

Am Ende entpuppt sich alles als offensichtlicher Traum, den ein Mann im Suff hatte, nicht wirklich skandalträchtig.

Generell würde ich schätzen, dass Gabalier es wie viele Künstler möglichst apolitisch anlegt, von FPÖ-Fans zwar gekauft und geklickt werden will, aber auch von FPÖ-Gegnern.

Es gibt zwar einige Aspekte, die eine gewisse Nähe zur FPÖ haben, aber andere, die zur FPÖ im Widerspruch stehen, bzw. die eher zu anderen Parteien passen.

Eindeutig homophob war hingegen Dennis Cuspert alias Deso Dogg, ein Berliner Gangster-Rapper mit Islam-Neigung, der nach Syrien ging und sich dem Islamischen Staat anschloss.

Aber homophobe Gangster-Rapper, die sich dem IS anschliessen, haben Migrationshintergrund, was sie irgendwie automatisch auf eine seltsame Art politisch korrekt oder bis zu einem gewissen Grad immun gegen Vorwürfe der politischen Unkorrektheit macht.

Origineller Umgang mit Nazimusik: Nina Hagen mit einem 80er-Jahre Remake von Zarah Leander (aus dem Jahr 1942, also der Zeit der Nazi-Herrschaft)

"Ich weiss, es wird einmal ein Wunder geschehen"

Dieser Song konnte damals (1942) auch verstanden werden als militärische Durchhalteparole im Zweiten Weltkrieg, die den Glauben an die sogenannten "Wunderwaffen" und damit die Kampfmoral z.B. der Wehrmacht aufrechterhalten soll.

Apropos Zarah Leander:

Ihr Song aus dem Jahr 1938 (also mitten im deutschen Nationalsozialismus) "Kann denn Liebe Sünde sein ?" hat möglicherweise einen subversiven, Homosexualität propagierenden, bzw. verteidigenden Hintergrund und soll angeblich (ich konnte das auf die Schnelle nicht bestätigen) von einem Homosexuellen, nämlich Bruno Balz, geschrieben worden sein.

Das stünde in einem krassen Gegensatz zum Nationalsozialismus und zahlreichen seiner Dogmen, würde aber andererseits beweisen, dass es nicht so leicht ist, Künstlerinnen und Künstler so auf die Schnelle in Nazi-Eck, ins Homophobie-Eck zu rücken, und dass man leicht falsch liegen kann, wenn man hier aus z.B. Parteilogik voreilig urteilt.

Madonna würdigt Eva Peron mit einem Andrew Lloyd Webber-Song auf eine Art und Weise, die auch als positive Bewertung des argentinischen Faschismus / Peronismus gewertet werden kann:

Ein neuer Vorwurf gegen gabalier lautet, Sein Lied "A Meinung haben" habe irgendwie einen rechtsextremen Sprachduktus oder so:

Ich kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen; für mich macht das Lied einen eher lager-neutralen Eindruck. Es kann sowohl als Ermutigung für vereinzelte Linke, in einem mehrheitlich rechten Umfeld zur eigenen Meinung zu stehen, als auch als Ermutigung für vereinzelte Rechte, in einem linken Umfeld zur eigenen Meinung zu stehen.

Generell finde ich, Gabalier verkörpert eine moderne Form der Volksmusik, er ist stimmlich gut, instrumentell okay, auf eine gewisse Art und Weise ist er der Modernisierer der Volksmusik. Als jemand mit Bezug zum Land ist gabalier wenigstens jemand, für den man sich nicht schämen muss, wie für andere Vertreter der Volksmusik oder volkstümlichen Musik.

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