Der österreichische Urgrüne Günther Nenning, einer der Hainburg-Aktivisten, meinte vor vielen Jahrzehnten einmal, vielleicht kurz bevor Peter Pilz Josef Buchner aus der Partei mobbte: "Die Grünen haben zwei Flügel und nur so können sie fliegen."

In der Realität sah das aber ganz anders aus:

Die SPÖ-affinen Grünen, die nur Rot-Grün akzeptierten, aber nie Schwarz-Grün, wie Peter Pilz und die Wiener Grünen, die glaubten oder zu glauben vorgaben, eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene würde eine rot-grüne Koalition auf Wiener Ebene verhindern, sabotierten die Schwarz-Grüne Koalitionsoption des Jahres 2002:

damals hatte die ÖVP 42% und die Grünen 9,5%, und es wäre sich eine Koalition leicht ausgegangen. Und das grüne Interesse hätte natürlich sein müssen, eine FPÖ-Regierungsbeteiligung zu verhindern.

Aber dann kam Peter Pilz und spielte die Abfangjägerfrage hoch, und die Wiener Grünen fürchteten, Häupl (der damalige Wiener Bürgermeister, SPÖ) würde böse reagieren auf eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene, oder sie taten wenigstens so, als würden sie befürchten, Häupl könnte böse reagieren.

Und so wurde die schwarz-grüne Option, die einzige Möglichkeit auf grüne Bundesregierungsbeteiligung in den letzten 50 Jahren, auf zumindest grob fahrlässige Weise vom linken Flügel der Grünen verspielt.

So gesehen war Peter Pilz der grüne Otto Bauer, der Anfang der 1930er Jahre als austromarxistischer SPÖ-Chefideologe das christlich-soziale Koalitionsangebot ablehnte mit dem Argument, er wolle nicht den Arzt spielen am Totenbett des Kapitalismus, und der eben dadurch eine antinazistische Koalition verhinderte und sich den Unmut des großkoalitionären SPÖ-Flügel rund um Renner und Körner zuzog. Pilz war übrigens bei den Revolutionären Marxisten.

So gesehen ist die Spaltung der Grünen und die Selbstisolierung und Selbstmarginalisierung eines Peter Pilz und einer Liste Pilz durch Listengründung durchaus eine große Chance.

Nämlich dass der linksextreme Flügel der Grünen diesmal nicht mehr eine schwarz-grüne Koalition (oder auch ÖVP-NEOS-Grüne-Koalition) auf Bundesebene sabotieren kann.

So gesehen hatte Nenning natürlich unrecht.

Aber dass Peter Pilz und die Wiener Grünen so weit gehen würden, die eigene Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu verhindern, das konnte Nenning vielleicht nicht vorhersehen.

CC / Manzinger https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Pilz#/media/Datei:Peter_Pilz1.jpg

Im Jahr 2002 konnte er eine grüne Regierungsbeteiligung verhindern, heuer kann er das wegen Parteispaltung nicht mehr: Peter Pilz, Linksextremist mit Grün-Tarnung.

Peter Pilz war im Jahr 2002 eine FPÖ-Regierungsbeteiligung lieber als eine schwarz-grüne Koalition. Das hat die Glaubwürdigkeit der Grünen als FPÖ-Gegner bzw. FPÖ-Kritiker massiv beschädigt.

Und Peter Pilz hat viele Jahrzehnte lang die Möglichkeit verschwiegen, dass man Waffenkaufentscheidungen ins Parlament verlagert, offensichtlich, um ministerielle Waffenkäufe skandalisieren zu können (das Verteidigungsministerium war meistens in den letzten 35 Jahren in ÖVP-Hand, was wohl Pilz´ Hauptgrund war, die Verlagerungsmöglichkeit zu vertuschen).

Mit seiner offenbar antikapitalistischen Agenda hatte er die gesamten 40 Jahre seines Politikerlebens nie Erfolg, dennoch betreibt er sie weiter und hat in geringem Umfang Unterstützung von Wählern und Journalisten.

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